|
[101] Die Vorigen. Aubry. Die beiden Diener an seiner Seite, ihn haltend. Dann der Vampyrmeister. Dann ein Priester und zwei Chorknaben.
AUBRY in größter Erregung.
Haltet ein!
Mit dem letzten Worte heftiger Donnerschlag.
Alle wenden sich nach vorn.
Aubry reißt sich von den beiden Dienern los und stürzt vor, Ruthwen zur Linken.
Malwina eilt an Davenaut vorüber nach der linken Ecke.
RUTHWEN für sich.
Ich bin verloren! Wehe mir!
AUBRY auf Ruthwen weisend.
Wißt, dieses Scheusal der Natur –
Das Gewitter dauert fort.
RUTHWEN.
Aubry! Gedenk' an deinen Schwur –
Verderben drohet dir!
CHOR entsetzt.
Weh'!
AUBRY wie oben.
Nicht zag' ich vor des Ew'gen Grimme –
CHOR.
Weh'!
AUBRY.
Laut ruf' ich es mit Donnerstimme:
RUTHWEN zu Aubry.
Verderben drohet dir!
CHOR wie oben.
Weh', was werd' ich hören?
Donner.
AUBRY wie oben.
Dieses Scheusal hier –
Donner.
RUTHWEN für sich.
Zermalmung bebt durch meine Glieder!
Gottes Donner wirft mich nieder! Wehe mir!
AUBRY mit größter Kraft.
Dieses Scheusal hier,
Ist ein Vampyr!
Es schlägt mit der zweiten Silbe des letzten Wortes Eins.
ALLE mit dem Ausruf des Entsetzens.
Weh'!
Es wird plötzlich Nacht.
Die Lichter erlöschen.
Der Vampyrmeister steigt von unten herauf.
Fürchterlicher Blitz, Donner und Einschlag.
Ruthwen stürzt vernichtet dem Vampyrmeister zu Füßen.
Vampyrmeister packt ihn unter jubelndem Hohngelächter der Hölle und versinkt mit ihm.
Flammen schlagen hinter beiden empor.
[101] Alle stehen leblos, wie versteinert, in einer Gruppe des Entsetzens.
Malwina ist links vorn in die Kniee gesunken.
Die Edeldamen bemühen sich um sie.
Die Mädchen sind wie Malwina in die Kniee gesunken.
Große Pause.
Das Gewitter endet, es wird wieder hell, die Lichter brennen wieder.
Alle erholen sich nach und nach und stehen,
Malwina ausgenommen, auf.
CHOR scheu und tonlos.
Ha! Was war das? Was ist geschehen hier?
DAVENAUT.
Gott, mein Kind, welch Unglück drohte dir!
MALWINA erhebt sich erst jetzt, mit erhobenen Händen zum Himmel.
Wer Gottesfurcht im frommen Herzen trägt,
Im treuen Busen reine Liebe hegt,
Dem muß der Hölle dunkle Macht entweichen,
Kein böser Zauber kann ihn je erreichen!
AUBRY, MALWINA, CHOR in betender Stellung.
Wer Gottesfurcht im frommen Herzen trägt,
Im treuen Busen reine Liebe hegt,
Dem muß der Hölle dunkle Macht entweichen,
Kein böser Zauber kann ihn je erreichen!
DAVENAUT.
Verloren hab' ich meine Vaterrechte!
Geliebte Tochter, kannst du mir verzeihen?
Auf daß ich sie zurückgewinnen möchte,
Will ich mit heißem Vatersegen
Jetzt diese Hand in deine legen!
Zu Aubry.
Du sollst mein Sohn und meines Namens Erbe sein!
Er vereinigt die Liebenden.
MALWINA beglückt.
Tief im innersten Gemüte
Fühl' ich dankbar deine Güte,
Vater, Worte hab ich nicht.
AUBRY ebenso.
Darf ich's glauben, darf ich's hoffen?
Ach, den Himmel seh' ich offen!
Diese Wonne trag' ich nicht.
Der Vorhang zur Kapelle hinten wird geöffnet; es zeigt sich die Schloßkapelle mit dem Altar in der Mitte.
[102] Der Priester wendet sich mit den beiden Chorknaben nach vorn, um Segen spendend das Brautpaar zu empfangen.
Abermalige Ordnung zum Zug.
CHOR.
Prangend aus des Verderbens Schoß
Erblühte euch das schönste Los;
So steiget aus der finstern Nacht
Der Tag empor mit Strahlenpracht;
Dem Ewigen sei Preis und Dank!
Ihm schalle unser Lobgesang!
AUBRY, MALWINA, DAVENAUT.
Dem Ewigen sei Preis und Dank!
Ihm schalle unser Lobgesang!
Die Mädchen streuen Blumen.
Aubry reicht Malwina die rechte Hand und wendet sich nach hinten zur Trauung.
Die Brautjungfern, Davenaut und die Andern folgen.
Ende.
[103]
Buchempfehlung
Der Teufel kommt auf die Erde weil die Hölle geputzt wird, er kauft junge Frauen, stiftet junge Männer zum Mord an und fällt auf eine mit Kondomen als Köder gefüllte Falle rein. Grabbes von ihm selbst als Gegenstück zu seinem nihilistischen Herzog von Gothland empfundenes Lustspiel widersetzt sich jeder konventionellen Schemeneinteilung. Es ist rüpelhafte Groteske, drastische Satire und komischer Scherz gleichermaßen.
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro