Inhalt.

[111] Gawan, den Minnenoth nicht schlafen läßt, springt vom Lager und beschaut sich die Wunderburg. Auf dem Warthaus steht eine hohe Säule, die Alles abspiegelt, was sich im Umkreiß von sechs Meilen begiebt. Darin sieht er Orgelusen mit einem Ritter, dem Türkowiten, nach der Kampfwiese reiten. Er hält dieß, wie es in der That gemeint ist, für eine Herausforderung, wappnet sich, reitet hin, und sticht auch diesen Kämpen der Herzogin ab. Diese reizt ihn wieder durch höhnische Reden, verheißt ihm aber Minne, wenn er ihr aus dem Klinschorwalde einen Kranz von dem Baume bringe, den König Gramoflanz hege. Diesen zu holen will er bei dem Waßer Sabins über die gefährliche Furt Ligweiß Prellius sprengen, stürzt aber mit dem Pferde in die reißende Flut und erreicht nur mit großer Noth das Gestade. Als er den Kranz bricht, erscheint Gramoflanz unbewaffnet, verschmäht aber den Kampf mit ihm, weil er nur mit Zweien zugleich zu kämpfen gewohnt sei. Gramoflanz hat Orgelusens Gemahl Cidegast erschlagen und sie selbst entführt, ohne sie gewinnen zu können; aus Rache stellt sie ihm jetzt nach dem Leben. Er liebt nun eine der vier Königinnen auf Schatelmerveil, die junge Itonjê, Gawans Schwester, deren Vater Lot jedoch seinen Vater Irot im Gruß erschlagen haben soll, weshalb er mit Lots Sohne Gawan ausnahmsweise zum Einzelkampfe bereit sei. Als sich Gawan zu erkennen giebt und für seinen Vater einzustehen erbietet, wird ein Zweikampf auf dem Plan vor Joflanze[111] verabredet, zu dem sich beide Theile mit großem Gefolge von Rittern und Frauen, namentlich Gawan mit Artus und seiner Massenie (Ingesinde), einfinden sollen. Darauf sprengt Gawan, obwohl eine Brücke in der Nähe ist, über den Strom zurück und bringt Orgelusen den Kranz. Diese bittet ihm fußfällig ihre bisherige Härte ab, die ihn nur versuchen und für den Kampf mit Gramoflanz gewinnen sollte. Um an diesem Cidegasts Tod zu rächen, hat sie eine große Schar von Rittern, worunter Herzoge und Könige, um Sold und Minnelohn geworben (nur Parzival hatte sie verschmäht), und den reichen Kram (den Sekundille mit Kondrien la Sorziere und Malkreatüre dem Anfortas, und dieser Orgelusen, seiner Geliebten geschenkt) mit Klinschors Bewilligung vor das Thor des Schloßes gesetzt, damit Gramoflanz, weil ihr Besitz daran hieng, zu dem Abenteuer gereizt würde und umkäme. Die Herzogin begleitet nun Gawan nach dem Schloße, von dessen Zinne sie erkannt und von Klinschors Ritterschaft eingeholt werden. Nach der Ueberfahrt, bei welcher sie Bene bewirthet, bedingt sich Plippalinot als Lischoisens Lösegeld aus Sekundillens Goldkram eine Harfe, Schwalbe genannt. Gawan schickt Artusen Brief und Boten nach Bems an der Korka im Lande Löver wegen seines Zweikampfes mit Gramoflanz. Arnive, der Gawan seinen Namen und nahe Verwandtschaft verheimlicht, versucht vergebens den Boten auszuforschen.

Quelle:
Wolfram von Eschenbach: Parzival und Titurel. 2 Bände, Stuttgart 1862, Band 2, S. 111-112.
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