2288.

[2186] Mel. Was macht ein creuz-luft etc.


1.

Nun, Kirchlein, nun erfreust du mich, denn nach fünf lustris seh ich dich in dem prædestinirten plan, daran kein mensch mehr zweifeln kan; die Eh-religion, die hast du dis jahr angenomm'n, die man bis zum nach hause komm'n nicht mehr verändert. Ich weiß, wie dich dein schüler-stand schon an das wort vom creuze band, noch eh du mannbar worden bist für deinen Herren, Gott und Christ: ich sehe dich mutare non Numen, sed altare.

2.

Nun, Tochter Gottes, theuer, werth, von ihrer Mutter selbst geehrt, als Confidente ihrer müh beym putz der unsterblichen Sie des Sohns der Ur-natur, id est: der eingen ganzen seel, doch derer jungfräulein mit öl, gar nahen seele; so viel die Mutter, die uns trägt, davon auf deinen theil gelegt. Gelobet sey der gnaden-ruff, der dich und sie zur creuz-luft schuff, auch für dein licht und treue, darüber ich mich freue.

3.

Komm, Kirchlein, bete mit mir an Den, der der Vater von dem Mann und allen seinen seelen ist, für deinen venerablen Christ, für deinen Ältesten, das Herze, dem du seit der frist, da es für dich durchstochen ist, versiegelt worden, in dessen hand du's Ehe-ja, plaudente ecclesiola (bis dich dein Mann zu bette führt) schon mehr als einmal consignirt: wie ist uns die beschauung der procurator-trauung!

4.

O du ehrwürdger sünder-strich, der von der Kirche stirn nicht wich die fünf[2186] und zwanzig volle jahr, da deine erste stunde war ins heilgen Geistes schul, du trägst ihn als ein ehrenmaal von deiner unverdienten wahl noch diese stunde. Es half, was dir der Geist befahl zu beten bey dem Abendmahl, du damals noch so kleine schaar der liturgorum beym altar, die um's verlöbniß weinte, als alles sich vereinte.

5.

Geht, werdet unsers segens froh in dulci Pleuræ jubilo, seyd Frühlings-vöglein von der zeit, drauf sich die Zeugen todt gefreut, der hoffnung beßrer zeit, seyd eurer freude täglich froh, es ist euch doch gemeinsam so, als wär schon hochzeit; als schmükkete des Lammes Weib bereits an seiner seel und leib. Ihr gläubt des Bräutgams nahe-seyn, drum will euchs fasten nicht sehr ein: dankt dem verdienst der wunde für eure kirchenstunde.

6.

Ich prophezeyte gerne viel von eurem künstgen gnaden-ziel, aufs fünf und zwanzigste jahr-fest, das uns der Schöpfer feyren läßt ex post liminio; bin aber keins propheten sohn, und mir gelingts nicht aus dem ton des geists der seher; doch thu ich gern und unbeschwert, was allenfalls zum plan gehört, wenn Gott der Kirche eine zeit besondre seligkeit verleiht: die Schechinah mag walten bey jungen und bey alten.

7.

Und, Pilger-haus, der dirs erwarb, als Er am creuz für alle starb, so wol ein creuz-luft-vögelein, als eine wärterin zu seyn von vielen lerchelein, der geb dir von dem tage an mehr als ich mir erdenken kan, zu seiner freude: denn ihr seyd doch von ihm erkorn, und darum auch für ihn geborn, ihm eilf jahr an der Chöre wacht für ihn so weit hindurch gebracht: bleibt da, so lang ihm so ist; geht, wenn er satt und froh ist.

Quelle:
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf: Ergänzungsbände zu den Hauptschriften, Band 2, Hildesheim 1964, S. 2186-2187.
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