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[261] Die Vorigen. Canari und Dandolo, von Flodoardo geführt, nahen sich langsam durch die Versammlung dem Dogen. – Alles fährt auf. – Todesstille. – Der Doge starrt, ohne Bewegung, mit Grauen und Entzücken den Kommenden entgegen. – Rosamunde hebt in sprachloser Inbrunst die Blicke und gefalteten Hände zum Himmel. – Die Verschwornen verhüllen ihr Antlitz.
PAROZZI entgeistert.
Aus! ... nun aus! ... und Alles aus!
Er stößt sich einen Dolch in die Brust und stürzt zu Boden.
DOGE.
Seid Ihr's! Geister meiner Sel'gen! ...
CANARI mit Rührung.
O mein Herzog! ...
DANDOLO.
O mein Fürst! ...
Die drei Greise umschlingen sich mit ihren Armen, still weinend.
[261]
ROSAMUNDE in Verklärung die Hände gen Himmel streckend.
Der Vergeltung Himmelskrone
Strahlet Gottes stillen Duldern
Schon hienieden um das Haupt!
EIN SENATOR aus dem Hintergrund herangekommen, zu den Verschwornen.
Auf Befehl und in dem Namen
Der Großstaatsinquisitoren,
Signor Contarino, Memmo,
Falieri, folget mir!
Folgt, Abbate Tolomeo!
FLODOARDO auf Parozzi's Leiche deutend.
Doch der Feigste ist entwischt.
SENATOR.
Wachten! Ihr begleitet uns!
Die nahe stehenden Dalmatier schleppen Parozzi's Leichnam fort. Mit gesenkten Häuptern folgen Tolomeo, Contarino, Falieri und Memmo. Die Hallebardierer von des Dogen Stuhl schließen sich dem Zuge an. Flodoardo folgt ihnen einige Schritte. Mehrere Herren begegnen ihm glückwünschend. Rosamunde steht von Frauenzimmern umringt. Die gesammten Anwesenden bilden, in froher Aufmerksamkeit sich nähernd, einen Halbkreis um die drei Greise.
DOGE betrachtet die beiden Freunde.
Bin ich wach? War das Vergangne
Fiebrische Gespensterei?
Oder tröstet mich ein Wahnsinn,
Voll Erbarmens, um Verlornes?[262]
Redet, daß ich auch das Leben
Eurer Stimmen wieder höre.
Redet, daß der warme Hauch
Eurer Worte mir bezeuge,
Was mir Aug' und Hände sagen.
CANARI.
In der Einsamkeit, worin uns
Flodoardo's Lieb' und Klugheit
Achtundvierzig Stunden barg,
Hörten wir von Euerm Gram;
Hörten ihn mit Schmerz und – Freude.
Dieser edle Gram der Freundschaft
In der Brust des frommen Herrn
Ist der reinste Sold im Leben,
Und der schönste Ehrenkranz
Auf dem Sarg des treuen Dieners. –
O verzeiht uns, wenn wir Euch
Und Venedig schmerzlich täuschten.
So nur ließ allein die Rotte
Der Berschwornen sich, geblendet,
In den eignen Schlingen fahn.
Als wir die Gefahr des Staates,
Und des treuen Flodoardo
Unfehlbare Wege sahn,
Boten willig wir die Hände
Zu dem schlau verweg'nen Plan.
DANDOLO heiter.
Stark und fest noch steht Venedig!
Heere wanken, Flotten sinken,
Wenn die Tugend wankt und sinkt;
Doch wo sie auch in der Brust[263]
Eines einz'gen Bürgers noch
Treu für Fürst und Vaterland
Mit der alten Liebe flammt,
Wird sie eine Welt entzünden,
Und die Hölle überwinden.
Flodoardo Mocenigho ...
DOGE.
Meine blöden Sinne taumeln.
Gönnt mir Frist. Ich will mich sammeln.
Ah, wie bleiern macht das Alter
Den sonst schnellen Flug des Geistes;
Und wie blitzesschnell dagegen
Den sonst lahmen Flug der Zeit.
Eh mein Auge sieht, was kömmt,
Ist's nicht mehr. – Wo war ich? Wie? ...
Ja, Ihr lebt! ... Ihr seid es Beide!
Euer Tod – die blut'gen Spuren
Eurer fortgeschleppten Leichen –
Alles Täuschung! Ja, Ihr seid's; –
Die Verbrecher sind entlarvt;
Ihre Anschläg' offenbart,
Eingestanden, hier; von ihnen
Eingestanden! – War es möglich?
Söhne des uralten Adels
Hochverräther! – Eingestanden!
Unsre Ohren wurden Zeugen.
Abellino lag ja selber
Hier, zu unsern Füßen! – Nicht doch,
Flodoardo wollt' ich sagen!
Seht, ich schwindle. Viel zuviel war's!
Wärt ihr Beide nicht die Bürgen[264]
Dieser heitern Wirklichkeit,
Müßt ich irre an mir werden.
Kommt! zerstreut mich! – Nur Zerstreuung!
Heut', am Rosamundenfeste,
Feiern wir im Leben schon
Wiedersehen nach dem Tode!
Kommt! Es harren längst die Gäste ...
Aber ... Einer fehlt! ... der Beste!
Er, der wunderkühne Mann,
Der die schwierigste der Schlachten
Für die Republik gewann.
Eilt zu Flodoardo und führt ihn vor.
Wo verbirgt er sich? – Heran?
O, wie konnt' ich dich verkennen!
Er umarmt ihn bewegt.
Zürne mir nicht, edler Mann ...
Und wie können wir dich ehren?
Zu Rosamunden, die sich nähert.
Schmücke du des Helden Schläfe
Mit dem immergrünen Lorbeer.
Liebe lohnt die schwersten Opfer.
ROSAMUNDE dem Flodoardo gegenüber mit niedergesenkten Augen.
Reiner lohnet das Bewußtsein.
Sie hebt einen Myrthenkranz von ihrem Haarschmuck und legt ihn um Flodoardo's Scheitel, indem sie ihn anlächelt.
Glauben hab' ich Euch gehalten!
FLODOARDO kniet, indem sie ihn bekränzt, vor ihr nieder.
Und die Hoffnung? und die Liebe?[265]
DOGE mit großer Rührung.
Rosamunde, ... Nichte ... Tochter, ...
Beut ihm dar die Hand des Danks!
Beut sie ihm ... Er ist mein Sohn;
Und empfah' des Vaters Segen.
ROSAMUNDE sinkt neben Flodoardo vor dem Dogen auf die Knie.
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