Aufsichtsbehörden

[365] Aufsichtsbehörden im Eisenbahnwesen haben die Eisenbahnhoheitsrechte. der betreffenden Staaten den Eisenbahnen gegenüber wahrzunehmen und darüber zu wachen, daß bei Bau, Unterhaltung, Betrieb und Verkehr der Eisenbahnen die gesetzlichen und die im Verwaltungswege erlassenen Bestimmungen befolgt werden. Streng genommen kann man von einer Staats auf ficht im allgemeinen nur Privatbahnen oder Staatsbahnstrecken auswärtiger Staaten gegenüber sprechen, während bei Staatsbahnen des eignen Landes die Staatsaufsicht mit der staatsseitigen Verwaltung zusammenfließt. In Bundesstaaten jedoch, in denen der Bundesregierung Eisenbahnhoheitsrechte zustehen, gelten diese grundsätzlich ebenso den Staatsbahnen der Einzelstaaten wie den Privatbahnen gegenüber.

Im Deutschen Reiche (in dem Bayern in dieser Beziehung Reservatrechte besitzt) hat man zu unterscheiden das durch Gesetz vom 27. Juni 1873 eingesetzte Reichseisenbahnamt als Reichsaufsichtsbehörde, die Landesaufsichtsbehörden und die unter diesen stehenden Aufsichtsbehörden. Die Landesaufsicht steht im allgemeinen jeder Staatsregierung bezüglich der in ihrem Gebiete belegenen Bahnstrecken zu. Hinsichtlich solcher Bahnen jedoch, die sich über mehrere Staatsgebiete erstrecken, sind einzelne Teile des Aufsichtsrechtes vertragsmäßig einer der beteiligten Regierungen allein für das ganze Bahngebiet übertragen. – In denjenigen deutschen Staaten, die Staatsbahnen besitzen, ist mit geringfügigen Ausnahmen überall die Zentralbehörde, der die Leitung der Staatsbahnen obliegt, Landesaufsichtsbehörde für die eignen Staatsbahnen und für die andern Bahnen. In den andern deutschen Staaten sind verschiedene politische Behörden mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Landesaufsichtsbehörden betraut. – Aufsichtsbehörden sind in den Staatsbahnen besitzenden Staaten für die Staatsbahnen in der Regel deren Direktionen oder Generaldirektionen, für die andern Bahnen entweder dieselben oder andre Behörden, in Preußen mit wenigen Ausnahmen die Präsidenten von Staatsbahndirektionen als Eisenbahnkommissare. In den nicht Staatsbahnen besitzenden Staaten sind als Aufsichtsbehörden entweder besondere Eisenbahnkommissariate eingesetzt oder sonstige politische Behörden bestellt.

In Oesterreich ist das k. k. Eisenbahnministerium oberste Aufsichtsbehörde des gesamten (auch des Privat-)Eisenbahnwesens und oberste Verwaltungsstelle des Staatseisenbahnwesens. Zur Handhabung der Aufsicht über den Bau und Betrieb der Staats- und Privatbahnen wirkt als Hilfsorgan des Ministeriums die k. k. Generalinspektion der österreichischen Eisenbahnen. – In der Schweiz ist das Post- und Eisenbahndepartement Bundesaufsichtsbehörde, in Italien und Frankreich ist Aufsichtsbehörde das Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Im übrigen vgl. die Literatur.


Literatur: [1] Roll, in Roll, Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, Wien 1890, S. 168. – [2] Fritsch, in Handwörterbuch der Staatswissenschaften, herausgegeben von Conrad, Elster, Lexis, Loening, Jena 1900.

Cauer.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1904., S. 365.
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