Formziegel

[144] Formziegel. Unter Formziegel sind alle diejenigen Ziegel zu verliehen, die eine Form haben, die von jener der gewöhnlichen rechtwinkligen Ziegel abweicht. Es sind zweierlei Arten von Formziegeln zu unterscheiden: Formziegel für konstruktive und solche für dekorative Zwecke. Zu ersteren gehören die Gewölbeziegel, Schornstein- und Brunnensteinziegel u.s.w., zu letzteren alle Gesims-, Faschenziegel u.s.w.

Von Formziegeln für konstruktive Zwecke seien hier zunächst die Brunnenziegel sowie die Schornstein- oder Kaminziegel genannt. Es sind Keilsteine, wobei jedoch, im Gegensatz zu den Gewölbeziegeln, nicht die breiteten Flächen zueinander keilförmig angeordnet sind, sondern zwei schmale Flächen. In Fig. 1 ist ein Schornsteinziegel abgebildet, der als Binder, und in Fig. 2 ein solcher, der als Läufer zur Verwendung gelangt; beide können auch als Brunnenziegel benutzt werden. Aehnlich sind auch die Formziegel zur Herstellung von Säulenschäften, falls dieselben, wie dies namentlich für Innendekoration vielfach der Fall ist, nachträglich geputzt werden. Für besondere Zwecke, wenn es sich darum handelt, ein Mauerwerk zu erhalten, dessen einzelne Steine gegen Verschiebung tunlichst gesichert sind, werden Formziegel angewendet, die mit Vorsprüngen versehen sind, die in die Vertiefungen der darüber- oder darunterliegenden Ziegel hineinpassen (s.a. Feuerschutzsteine).

Formsteine für dekorative Zwecke. Diese Ziegel sind außerordentlich mannigfaltig; es ist daher ganz ausgeschlossen, sie hier alle einzeln aufzuführen. Man unterscheidet Profil- und ornamentierte Ziegel; bei ersteren hat der Ziegel in seiner ganzen Stärke oder Länge[144] denselben Querschnitt, der irgendeine architektonische Form zeigt. Dadurch, daß mehrere Profilziegel gleicher Form nebeneinander gestellt werden, entsteht ein fortlaufendes Genius, eine Tür- oder Fensterumrahmung oder dergl. In der Annahme, daß der Ziegelblendbau größere Anwendung finden würde, wenn Profilsteine in größerer Zahl und entsprechender Form auf den Ziegeleien vorrätig gehalten würden, hat auf Anregung des Architektenvereins zu Berlin der Verein für Fabrikation von Ziegeln u.s.w. beschlossen, den Verblendsteinfabriken einige solche Profilsteine als Normalformsteine vorzuschlagen, dieselben sind in Fig. 315 zur Abbildung gebracht (die Hauptdimensionen und die Bezeichnung derselben, die für alle Dimensionen gleich ist, sind eingeschrieben). Zu den betreffenden Profilsteinen sind möglichst auch Ecksteine (im rechten Winkel) 122 mm und in den Seiten so lang vorrätig zu halten, daß nach Abzug des Profils 1/4 oder 3/4 Stein von der Ecke aus übrigbleibt.

Während diese Profilsteine mit Ausnahme der Ecksteine sowohl mittels Handstrichs als auch mittels Strang- oder Trockenpressen hergestellt werden können (s. Ziegelfabrikation), können die ornamentierten Ziegel, wenigstens soweit solche größere Vertiefungen oder überhaupt ein kräftigeres Relief zeigen, nur mittels Handstrichs oder mittels Trocken- oder Nachpressen maschinell hergestellt werden. Da sich namentlich die Trockenpressung zur Herstellung solcher Ziegel bei Massenfabrikation eignet, so finden diese Ziegel in den Vereinigten Staaten von Amerika, wo die Trockenpressung weitverbreitet ist, die ausgedehnteste Anwendung. In Fig. 16 bis 18 sind einige solcher amerikanischen ornamentierten Ziegel dargestellt nach dem Katalog der Trockenpreßziegelfabrik von Anthony Ittner in St. Louis, Mo.

Größere Formziegel, die, sich den Bauterrakotten nähern, werden meist in Gipsformen hergestellt und hauptsächlich für Bogen, Säulentrommeln, Kapitale, stark vortretende Gesimse u.s.w. benutzt. Fig. 19 zeigt den Viertelgrundriß einer Säulentrommel aus profilierten Formziegeln.


Literatur: Notizblatt des Deutschen Vereins für Fabrikation von Ziegeln u.s.w., 1879, Heft 1; Handbuch der Architektur, 3. Teil, Bd. 1; Deutsche Bauzeitung 1894, Nr. 74; Deutsche Töpfer- und Zieglerzeitung 1893, Nr. 34 ff.; Notizblatt des Deutschen Ziegler- und Kalkbrennervereins, 1886, 3. Heft; Keramische Monatshefte 1903, 7., 9. und 12. Heft.

Dümmler.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 3–15., Fig. 16., Fig. 17.
Fig. 3–15., Fig. 16., Fig. 17.
Fig. 18., Fig. 19.
Fig. 18., Fig. 19.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 144-145.
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