Spektralanalyse [2]

[738] Spektralanalyse. Zu dem im Hauptartikel (s. Bd. 8, S. 171) kurz erwähnten Dopplerschen Prinzipe, dessen Bedeutung für die Astronomie in fortwährendem Wachsen begriffen ist, seien hier noch einige Bemerkungen hinzugefügt.

Das Prinzip selbst ist älter als die Spektralanalyse; es wurde von Doppler schon im Jahre 1842 veröffentlicht. Seine heutige Bedeutung aber konnte es erst durch die Ausbildung der Spektralanalyse erlangen. Auch ist Dopplers Auffassung der Sache erst in neuerer Zeit berichtigt worden. Doppler meinte nämlich, die Farbe der Sterne selbst würde durch ihre Bewegung in der Blickrichtung abgeändert; ein an und für sich weißer Stern müsse gelblich oder bläulich erscheinen, je nachdem sich seine Entfernung von der Erde vergrößert oder verkleinert. Das ist nicht richtig; die Farbe bleibt im ganzen unverändert. Wir wissen heute – was Doppler noch nicht wußte –, daß das Spektrum außer dem sichtbaren, auf unser Auge wirksamen Teilen auch unsichtbare Teile – den infraroten und den ultravioletten Teil – enthält. Bewegt sich nun etwa der Stern auf uns zu, so verschieben sich alle die unzähligen Spaltbilder, aus denen das Spektrum zusammengesetzt ist, nach dem violetten Ende zu; die Lücken zwischen den Spaltbildern, die Fraunhoferschen Linien, verschieben sich also um denselben Betrag in demselben Sinne. Der dem äußersten Rot unmittelbar benachbarte Teil des Infrarot wird durch die Vergrößerung seiner Schwingungszahl sichtbar, während der dem äußersten Violett unmittelbar benachbarte Teil des Ultraviolett durch dieselbe Vergrößerung unsichtbar wird. Entfernt sich der Stern von uns, so findet der Vorgang in umgekehrtem Sinne statt. Eine Aenderung der Farbe kann also weder in dem einen noch in dem andern Falle eintreten, da sich das Spektrum im ganzen nicht verschiebt.[738]

Das Dopplersche Prinzip ermöglicht uns die Bestimmung der Bewegung der Gestirne im Räume – relativ gegen die Erde natürlich! – nach Größe und Richtung. Die Geschwindigkeit eines Sternes kann man in zwei zueinander rechtwinklige Komponenten zerlegen, von denen die eine auf der Blickrichtung (dem Visionsradius) senkrecht steht, also in die Himmelskugel fällt und durch direkte Beobachtung bestimmt werden kann, die andre aber in die Blickrichtung fällt, sich jeder direkten Wahrnehmung entzieht und nur mit Hilfe des Dopplerschen Prinzips zu bestimmen ist. Aus beiden Komponenten ergibt sich nun die Bewegung des Sterns im Räume. Auf diesem Wege war es möglich, die Sterntriften zu erkennen, die in der heutigen Astronomie eine so bedeutende Rolle spielen.


Literatur: Doppler, Ueber das farbige Licht der Doppelsterne, Prag 1842.

F. Meisel.

Spektralanalyse [2]
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 738-739.
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