[271] Seeschlange, Seeungeheuer, das man von Zeit zu Zeit an den öftlichen Küsten von Amerika, auch in den größern Buchten der Küste von Norwegen und an vielen Punkten der großen Ozeane gesehen haben will. Diese S. wurde zuerst von Olaus Magnus (1555) und dann von Nikolaus Gramius (1656) erwähnt, die wirkliche Existenz dieses vielfach für mythisch gehaltenen, von andern aber als vorhanden angesehenen Tieres ist keineswegs erwiesen; es soll[271] schlangenförmig, bis 30 m lang und von brauner Färbung sein und einen langen, schmalen, mit einer Mähne umgebenen Kopf mit roten Augen haben, wie es noch zahlreiche neuere Beobachter im 19. Jahrh. gesehen haben wollen und gezeichnet haben. Für die Möglichkeit der Existenz schlangenartiger Seetiere wird das Vorhandensein ähnlicher Tiere in der Vorwelt (Mosasaurier, Zeuglodon) geltend gemacht, und Oudemans (»The great Sea-Serpent«, Leid. u. Lond. 1892) hat das gesamte Material mit dem Schlusse durchgearbeitet, daß man ein noch unbekanntes, langgestrecktes, seelöwenartiges Tier als Urheber dieser Sagen vermuten müsse. Gegen diese Annahme Oudemans, der alle Bilder der S. in seinem Werke gesammelt hat, wird angeführt, daß man reihenweise schwimmende Delphine, große Haifische, den Höckerpottwal oder auch einen Riesenseetang für die vielbesprochene S. angesehen haben mag. Vgl. Gould, Mythical monsters (Lond. 1886); Gibson, Monsters of the sea (das. 1887); weitere Literatur bei Artikel »Fliegender Holländer«. Da in den Zeitungen in der an Neuigkeiten ärmern Sommerzeit gewöhnlich erfundene Berichte über die S. auftauchen, nennt man auch andre erfundene Nachrichten Seeschlangen.