Zur Aufbewahrung von Geld und Wertgegenständen besitzen die Bankgebäude gegen Feuer und Einbruch gesicherte Gelasse, die sogen. Tresore. Man unterscheidet Tresore, die, nach Art von Geldschränken konstruiert, an geeigneten Plätzen im Gebäude, unter Umständen zerlegbar, aufgestellt werden, von gemauerten und armierten Tresoren. Letztere sind entweder Einzelräume oder ganze Raumgruppen, die in organischem Zusammenhang mit dem Gebäude stehen, und in denen die wertvollsten Gegenstände und Gelder aufbewahrt werden. Gern wird der Tresor inmitten des Hauses angelegt und dort entweder von Räumen, die dem innern Geschäftsverkehr dienen, oder von einem besonders bewachten Beobachtungsgang umgeben (Fig. 1). Neben Räume, die wenig oder meist nur vom Unterpersonal betreten werden, wie Pack- und Lagerräume u. dgl., legt man die Tresore ebenso ungern wie an Front- oder Nachbarwände. Häufig befindet sich der Tresor, namentlich mit Rücksicht auf Feuersgefahr, im Untergeschoß, die beste Lage ist aber im Erdgeschoß, wobei die Mauern jedoch bis auf den gewachsenen Boden zu gründen sind.
Unter dem Tresor wird dann der Raum verfüllt oder er bleibt hohl und erhält einen Treppenzugang. Die Wände des Tresors werden mindestens 11/2 Stein stark aus Klinkern in Zement hergestellt und mit Eisen- oder besser Stahleinlagen versehen, die in den Lagerfugen (Fig. 2) oder, zweckmäßiger, in den Stoßfugen (Fig. 3) angebracht werden. Statt dessen oder außerdem werden die Wände oft noch gepanzert, und zwar mit Rohpuddelstahl platten oder mit Patentstahl-(Verbundstahl-) Platten, die dadurch hergestellt werden, daß man eine Platte aus Eisen oder gewöhnlichem Stahl mit einer Hartstahlplatte, die an sich zu spröde sein würde, zusammenschweißt. Auch Gitter- oder Stabwerk oder endlich (eine sehr sichere Konstruktion) dicht nebeneinander gestellte und fest miteinander verbundene Eisenbahn-Stahlschienen kommen zur Anwendung.
Gegen eine Auskleidung mit vollen Blechwänden besteht das Bedenken, daß die Stein wände durchbrochen werden können, ehe man im Tresor etwas davon bemerkt. Besondere Sorgfalt wird auf die Sicherung der noch mehr als die Wände gefährdeten Decken und Fußböden verwendet. Die Decken werden mindestens 25 cm stark in Zement zwischen oder über starken, in Entfernung von etwa 50 cm nebeneinander verlegten Eisenträgern als Klinkergewölbe oder Betonmauerwerk oder als über die Träger fortgestreckte Rollschicht mit Eiseneinlagen ausgeführt und zum Schutz gegen das Herabstürzen schwerer Gegenstände bei Bränden etc. mindestens 35 cm hoch mit Sand beschüttet. Der Fußboden wird aus einer starken Zementbetonschicht und einem Belag von mehrfachem Klinkerpflaster in Zement oder von Granit- oder Eisenplatten gebildet. Bei Tresors im Erdgeschoß treten an Stelle des Betons starke Gewölbe. Überdies armiert man den Fußboden wohl auch noch in gleicher Weise wie die Wände mit Eisen, wenn Unterminierungsgefahr vorliegt. In Gebäuden, die mit vielen brennbaren Stoffen gefüllt sind, bringt man Tresore nur ungern an. Muß es geschehen, so sind hier die genannten Stärken zu vergrößern, Mauern und Gewölbe zu verdoppeln, Wellblechpanzerungen einzuführen u. dgl. m. Türöffnungen werden doppelt verschlossen, und zwar außen mit Türen von der bekannten Konstruktion der Geldschranktüren, die während der Geschäftsstunden in der Regel offen stehen, und innen mit einfachen Eisenblech- oder Gittertüren. Die Schlösser werden vorteilhaft nach Brahma-Chub-System gebaut. Ist elektrische Beleuchtung im Hause vorhanden, so kann die Einrichtung so getroffen werden, daß die Hauptriegel in einem im Innern des Tresors liegenden Schloß vereinigt sind, in welchem eine durch Federn niedergehaltene schwere elektromagnetische Ankerplatte den Schluß bildet. Der Anker kann nur durch Kontaktschluß mit dem Hauptkabel gehoben werden. Zur weitern Sicherung des Tresors dienen Bewachung durch Wächterpersonal, elektrische Alarmwerke, Systeme von Wasserrohrgittern, die beim Einbruch verletzt werden und dann Überschwemmungen und Alarm in der Wächterstube herbeiführen u. dgl., Maßnahmen übrigens, die fast überflüssig sind, da bis jetzt kaum je ein Tresoreinbruch verübt resp. geglückt ist. Hat der Tresor Fenster, was besonders dann vorkommt, wenn er zugleich Arbeitsraum ist, so müssen diese mit starken Gittern und geldschranktürartigen Läden verwahrt werden. Sind keine Fenster vorhanden sowie auch für den Abend erfolgt die Beleuchtung des Tresors zweckmäßig elektrisch; doch ist auch wohlverwahrte Gas- oder Kerzenbeleuchtung in Gebrauch. Zur Vermeidung von Explosionsgefahr und um gleichzeitig Lüftung zu erzielen, bringt man bei Gasbeleuchtung über dem Brenner ein etwa 57 cm weites Abzugsrohr an, welches in einer Weise, daß die Sicherheit des Tresors nicht gefährdet wird, also in mehrfachen Schleifungen nach einem Entlüftungsschlote geführt wird. Wirksame Lüftung ist besonders dann erforderlich, wenn im Tresor gearbeitet wird. Um den Tresor nicht für jedes Einzelgeschäft öffnen zu müssen, werden sogen. Vortresore (Zählräume) angelegt, die mehr gegen Feuer oder Überrumpelung als gegen Einbruch zu sichern sind, da in ihnen größere Geldvorräte oder Wertbestände oft längere Zeit über offen ausgebreitet gehalten werden müssen. Für die erforderliche Sicherheit wird hier in erster Linie bei der ganzen Plananlage gesorgt werden müssen. Gegen Feuer erfolgt die Sicherung zweckmäßig durch Wellblechläden, deren gleichzeitige Bewegung mittels Öffnung des Hahnes einer Druckwasserleitung bewirkt wird. Eine vollkommene Einrichtung dieser Art ist in der Reichsbank zu Berlin zur Ausführung gelangt. Gemeinsame Vortresore werden besonders auch bei Anlage mehrerer Privattresore in einem Bankhaus erforderlich; jeder Einzeltresor wird dann mittels elektrischer Kontaktschlüsse, die nur von einer Stelle aus freigegeben werden können, gesichert. Öfters wird dabei die Einrichtung so getroffen, daß immer nur einer der Einzeltresore auf einmal geöffnet werden kann; alle andern in der gleichen Abteilung befindlichen Einzeltresore müssen während dieser Zeit geschlossen bleiben.
Meyers-1905: Bankgebäude
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