Die Nutzbarmachung einer Wasserkraft bedingt das Vorhandensein einer stetig sich ergänzenden Wassermenge und eines Gefälles, d.h. einer Abwärtsbewegung des Wassers, wodurch ihm eine gewisse Geschwindigkeit zuerteilt wird. Natürliche Gefälle finden sich vielfach in Gebirgsgegenden, in Bachläufen, auch bei Flüssen, namentlich den Abflüssen aus großen Seen (Niagarafälle, Sambesifälle, Rheinfälle etc.). Künstliche Gefälle lassen sich schaffen entweder durch Stauung des Wasserlaufes oder, falls dessen Wassermenge zu groß ist, durch Anlage einer seitlichen Ableitung.
Bei der in Fig. 1 gezeigten Anlage eines künstlichen Gefälles ist der Höhenunterschied des Flußniveaus zwischen a und b das nutzbar gemachte Gefälle, c ist ein Stauwehr, d der Zuleitungsgraben (Obergraben, Mühlgraben), in dem das Wasser zum Rade f hinfließt, e der Rückleitungsgraben in den Flußlauf (Untergraben).
Bei g befindet sich in der Regel eine Einlaßschleuse, um die Wasserzufuhr regulieren zu können. In d und in e wird das Wasser möglichst horizontal geleitet, damit seine Vertikalbewegung bei f, das Gefälle, möglichst groß ausfällt. Die Aufstellung des Wasserrades erfolgt an der aus praktischen Rücksichten günstigsten Stelle, in Gebirgsgegenden überwiegt in der Regel die Länge des Obergrabens, weil der meist felsige Boden die Herstellung eines Untergrabens wesentlich verteuern würde, im Flachlande verwendet man mehr den Untergraben, dessen Anlage weniger Sorgfalt erfordert. Das Stauwehr c wird so hoch gemacht, daß das zum Betriebe erforderliche Wasserquantum nach f fließt, das andre aber über c hinwegfließen kann.
Wasserräder. Je nach der Lage des Wassereintrittes unterscheidet man oberschlächtige (oberschlägige), rückenschlächtige, mittelschlächtige Kropfräder (halbmittelschlächtige) und unterschlächtige Wasserräder. Die Eintrittsgeschwindigkeit des Wassers muß größer sein als die Umlaufgeschwindigkeit des Rades; daher läßt man es erst eine kleine Höhe, das Stoßgefälle, durchfallen, ehe es in das Rad eintritt. Der Einlauf des Wassers geschieht mittels einer am Ende der Zuleitung, des Gerinnes, eingebauten Vorrichtung, einer Quervorlage (Schütze), über die das Wasser entweder hinwegfließt: Überfallschütze, oder darunter hindurch: Spannschütze, oder durch besondere Einlaufkanäle hindurch: Kulisseneinlauf, vgl. hierzu Fig. 26. An der Einlaufvorrichtung läßt sich durch Hoch- oder Niederstellen der Schütze die Wasserzufuhr regulieren.
Bei dem oberschlächtigen Wasserrade (Fig. 2) erfolgt der Wassereintritt unter einer Spannschütze c d hindurch in einem breiten, aber dünnen Strahle bei o in der unmittelbaren Nähe des Scheitels des Rades r, so weit über diesen hinwegreichend, daß die Drehungsrichtung des Rades dadurch gegeben ist. Der bandartige Strahl gestattet der Luft in den trogartigen Zellen s (Zellenrad) nur ein Entweichen nach den Seiten und füllt die Zellen. Dadurch sinken diese unter Drehung des Rades durch ihre Schwere nach unten, wo sie das Wasser in freiem Falle entleeren. Je später das Wasser ausfließt, desto günstiger ist der Wirkungsgrad, daher gibt man den Zellen eine möglichst weit übergreifende Form. Keinesfalls dürfen die Räder ins Unterwasser eintauchen (waten). Die oberschlächtigen Räder eignen sich für Gefälle von 410 m, bei Wassermengen bis 0,7 cbm in der Sekunde, und haben einen Wirkungsgrad von 0,70,8. Zwei oberschlächtige Wasserräder mit entgegengesetzter Richtung der Zellenschaufeln auf derselben Welle nebeneinander bilden ein Kehrrad, das eine Umkehr der Drehrichtung gestattet.
Die rückenschlächtigen Wasserräder (Fig. 3) haben eine größere Höhe als das Gefälle, und der Wassereintritt vollzieht sich meist durch eine Kulisse a unterhalb des Scheitels auf dem obern Umfang des Rades r. Die Luft läßt man durch Öffnungen zwischen den Schaufeln s nach dem Radinnern entweichen. Die kreisförmige Ausmauerung k des Gerinnes ist bei diesen Rädern erforderlich oder nicht, je nachdem die Trennungswände der Zellen flacher oder tiefer ausgehöhlt sind.
Die Wasserzufuhr durch den Kulisseneinlauf kann mittels eines Schiebers c d und des Rades e geregelt werden. Die rückenschlächtigen Wasserräder eignen sich für Gefälle zwischen 3 und 5 m, Wassermengen von 0,41,3 cbm in der Sekunde, besitzen einen Wirkungsgrad von 0,650,75 und finden vorzugsweise Verwendung für einen veränderlichen Wasserstand im Ober- und Untergraben. Bei den mittelschlächtigen Wasserrädern (Fig. 4), mit gleicher Benennung der Teile wie in Fig. 3, erfolgt der Wassereintritt etwas unterhalb der Radmitte entweder durch einen Kulisseneinlauf oder über eine Überfallschütze hinweg. Diese Räder sind Schaufelräder ohne Seitenwände, daher muß der untere Teil des gemauerten Gerinnes an Umfang und Seiten des Rades eng anschließen.
Mit Kulisseneinlauf eignen sie sich für Gefälle von 2,53,5 m und Wassermengen von 0,52 cbm in der Sekunde, bei einem Wirkungsgrade zwischen 0,65 und 0,7 oder mit Überfallschütze für Gefälle von 1,52 m, Wassermengen von 0,52,5 cbm bei einem Wirkungsgrade von 0,60,65. Ist das verfügbare Gefälle noch geringer, so läßt sich kaum noch eine Gewichtswirkung des Wassers, daher nur ein geringerer Wirkungsgrad erzielen. Bei dem Kropfrade mit Spannschütze (Fig. 5), auch halbmittelschlächtiges Wasserrad genannt, für Gefälle von 0,51,5 m und Wassermengen von 0,64 cbm in der Sekunde beträgt der Wirkungsgrad etwa 0,50,6. Einen wesentlich höhern Wirkungsgrad erreichen neuere Ausführungen dieser Räder, z.B. das Sagebienrad (Fig. 6), mit 0,70,75. Seine Umfangsgeschwindigkeit ist sehr klein, ebenso auch die Umlaufzahl, daher erhalten diese Räder einen großen Durchmesser, eine große Kranzbreite und Schaufelzahl. Der Wassereintritt vollzieht sich langsam in dickem Strahle ohne bedeutende Stoßwirkung, so daß das Gefälle als Druckgefälle günstig zur Wirkung kommt. Die Schaufeln sind entweder durchweg gekrümmt oder nur am äußern Ende umgebogen; beide Formen sind in Fig. 6 gezeigt. Eine noch größere Kranzbreite besitzt das Zuppingerrad (Fig. 7), dessen Schaufeln so gekrümmt sind, daß sie senkrecht aus dem Unterwasser aufsteigen.
Die unterschlächtigen Wasserräder können ihrer Natur nach nicht mehr mit dem Gewicht, sondern nur noch durch die lebendige Kraft des Wassers arbeiten, besitzen daher einen ungünstigen Wirkungsgrad. Derselbe ist am geringsten bei den auf Flüssen schwimmenden Schiffmühlenrädern, danach bei den Rädern im sogen geraden oder Schnurgerinne (Fig. 8), bei denen das Wasser lediglich durch Stoß wirkt und ein bedeutender Teil desselben unbenutzt an den Schaufeln vorbeifließt.
Die unterschlächtigen Wasserräder eignen sich für Gefälle von 0,20,7 m und Wassermengen bis 5 cbm bei einem Wirkungsgrade bis zu 0,35. Etwas günstiger stellt sich der Wirkungsgrad, wenn das Gerinne (Kropfgerinne) kropfartig hergestellt ist, wie in Fig. 9 gezeigt, wobei sich stets eine größere Zahl von Schaufeln im Wasser befindet. Zuweilen findet sich an diesen Rädern eine Vorrichtung (Pansterung, Pansterzeug, Pansterwerk), um sie mit ihren Lagern heben od. senken zu können, wie es der Stand des Unterwassers erfordert.
Bei dem Ponceletrad (Fig. 9) steigt das Wasser an den Schaufeln eine gewisse Strecke in die Höhe, verweilt hier eine Weile und sinkt sodann wieder herab, bis es das Rad verläßt.
Sein Wirkungsgrad ist etwa 0,70.
Bau der Wasserräder. Die Wasserräder werden entweder mit steifen Armen ausgeführt oder nach dem (bei Fahrrädern angewandten) Suspensionsprinzip mit dünnen, lediglich auf Zug beanspruchten eisernen Rundeisenstangen. Räder bis zu 2,5 m Breite erhalten zwei Systeme von Armen, noch breitere drei Systeme. Seitliche Schwankungen werden aufgenommen durch Diagonalstangen. Zur Kraftübertragung nach den angeschlossenen Maschinen dient ein Zahnkranz, der entweder als besonderes Zahnrad ausgebildet und für sich auf der Nabe befestigt oder lediglich aus Radsegmenten besteht und an den Armen des Wasserrades befestigt ist.
Das Material der Welle ist Schmiedeeisen oder Stahl, Gußeisen wird nur mehr als Hohlguß verwendet. Die Befestigung der aus Schmiedeeisen, Gußeisen oder Holz gefertigten steifen Arme an der Nabe geschieht durch Rosetten.
Der Radkranz ist aus Holz, Schmiedeeisen oder Gußeisen, die vorn zugeschärften Schaufeln sind entweder aus Holz oder Eisen, der Radboden (Zellenboden) stets aus Holz, selbst bei eisernen Schaufeln.
Turbinen. Während das Wasser bei den Wasserrädern hauptsächlich durch sein Gewicht wirkt und dadurch einen hohen Wirkungsgrad erreicht, die ihm innewohnende lebendige Kraft aber nicht vorteilhaft ausgenutzt wird, so spielt umgekehrt bei den Turbinen das Gewicht des Wassers keine Rolle, desto mehr aber die lebendige Kraft, und ermöglicht die Erzielung eines bis auf 0,86 hinaufgehenden Wirkungsgrades.
Den Übergang zwischen Wasserrad und Turbine bildet das früher bei großen Gefällen vielfach verwendete Stoßrad (Löffelrad, Kufenrad, Bordasche Turbine), ein sehr schnell rotierendes Strahlrad (Fig. 10), aber mit einem nur geringen Nutzeffekt (0,30,35).
Es kommt bei den Turbinen darauf an, dem Wasser seine nutzbare Geschwindigkeit möglichst ohne Stoß zu entziehen; aus diesem Grunde haben die Schaufeln eine solche Form, daß der sie treffende Wasserstrahl ohne Stoß, nur allmählich aus seiner Richtung abgelenkt wird und trotzdem seine Wirkung äußert. Man unterscheidet der Wasserwirkung nach: 1) Strahl-, Aktions- oder Druckturbinen, deren Eigentümlichkeit darin liegt, daß das Wasser, unter dem einfachen Druck des Gefälles stehend, sich im Laufrade in einem freien, somit die Laufradkanäle nicht ganz füllenden Strahle bewegt.
Es findet somit auch ein freier Ausguß nach dem Unterwasser statt. 2) Reaktions- oder Überdruckturbinen, bei denen zwischen Ober- und Unterwasser eine aus Druckrohr, Leitapparat, Laufrad und Saugrohr bestehende, zusammenhängende Leitung existiert, ein freier Fall des Wassers also nicht stattfindet. Die Laufradkanäle sind daher vollgefüllt, und weil infolge der Verengerung der Laufradkanäle nach der Seite des Wasseraustrittes zu das Wasser sich nur mit einer geringern Geschwindigkeit fortbewegen kann, als dem Gefälle entspricht, so steht es unter einer höhern hydraulischen Pressung, dem sogen. Überdruck, der in dieser Art von Turbinen die Arbeit leistet, indem er erst innerhalb des Laufrades wieder in Bewegung umgewandelt wird.
3) Grenzturbinen, d.h. Turbinen, die auf der Grenze liegen zwischen Aktions- und Reaktionsturbinen. Sie unterscheiden sich von den Aktionsturbinen dadurch, daß die Weite der Laufradkanäle an der Austrittsseite so gewählt ist, daß der Wasserstrahl sie ganz ausfüllt, ohne an seiner freien Entwickelung gehemmt zu werden. Von den Reaktionsturbinen unterscheiden sie sich dadurch, daß sie ohne Überdruck arbeiten. Die Grenzturbinen arbeiten auch noch vorteilhaft, wenn sie im Unterwasser laufen, was bei den Aktionsturbinen eine bedeutende Verringerung des Nutzeffekts ergibt.
Dem Wasserwege nach unterscheidet man: 1) Axialturbinen, bei denen das Wasser durch einen Ringspalt parallel mit der Radachse eintritt. Es verfolgt somit, ein horizontales Rad vorausgesetzt, seinen natürlichen Weg von oben nach unten, in Ausnahmefällen auch von unten nach oben. 2) Radialturbinen, bei denen das Wasser in einer zur Achse senkrechten Ebene schräg radial durch einen Zylinderspalt in das Rad eintritt, entweder von außen nach innen (z.B. Francisturbine) oder von innen nach außen (z.B. Fourneyronturbine). In jedem Falle wird das Wasser um 90° aus seinem Wege abgelenkt. 3) Diagonal- oder Kegelturbinen, bei denen der Wasserzutritt zwischen den beiden vorgenannten liegt (Schrägspalt). Sie haben geringere Bedeutung.
Dem Wasseraufschlage (Beaufschlagung) nach unterscheidet man: 1) Vollturbinen, rundum mit Leitschaufeln besetzt, und 2) Partialturbinen, deren Umfang nur teilweise mit Leitschaufeln besetzt ist, was nur bei Aktionsturbinen ausführbar ist.
Die partielle Beaufschlagung kann bei sehr hohen Gefällen hinabgehen bis auf einen einzigen Leitkanal. Um das Wasser sicherer zu leiten, kann man die Eintrittsbreite teilen und erhält dadurch mehrkränzige Axialturbinen, bez. mehretagige Radialturbinen. Regulierbare oder Regulierturbinen besitzen eine Vorrichtung, um den Wasserzufluß entsprechend dem jeweiligen Kraftbedarf zu ändern.
Die Hauptteile einer jeden Turbine sind: 1) Der Leitapparat, durch den das Wasser eine bestimmte Führung zum Laufrade hin erhält, ein gußeiserner Körper, entweder mit eingegossenen Schaufeln aus Schmiedeeisen oder Blech, von denen man eine oder zwei herausnehmen und somit zwecks Reinigung an das Laufrad gelangen kann, oder mit beweglichen, d.h. um Zapfen verstellbaren Leitschaufeln aus Gußeisen, Stahlguß oder Bronze, oder mit einem oder mehreren Leitkanälen, die mittels Zungenschiebers oder Kniestückes geschlossen werden können. 2) Das Laufrad aus Gußeisen oder Bronze mit ebensolchen Schaufeln oder mit eingegossenen Stahlblechschaufeln. 3) Die Welle, entweder massiv aus Flußstahl oder hohl aus Gußeisen, mit Tragstange. 4) Ein Spurlager am obern Wellenende für horizontale Laufräder oder mindestens zwei Traglager für vertikale Laufräder.
Das Spurlager besitzt eine Vorrichtung, um den Spielraum zwischen Leit- u. Laufrad zu regulieren. 5) Reguliervorrichtungen für die Wasserzufuhr.
Das Prinzip einer Aktionsturbine ist in Fig. 11 schematisch gezeigt. Das Wasser gelangt durch die kreisförmig angeordneten Zellen des feststehenden Leitrades a in die entgegengesetzt gekrümmten Schaufelzellen (Fig. 12) des Laufrades b und veranlaßt dieses zur Rotation.
Aus dem Laufrade ergießt sich das Wasser in freien Strahlen ins Unterwasser. Die Turbine muß so hoch aufgestellt werden, daß das Laufrad nicht im Unterwasser schleift, weil sonst ihr Nutzeffekt ein bedeutend geringerer sein würde. Daher eignet sich diese Turbinenart nicht für einen wechselnden Unterwasserstand. Die in Fig. 13 gegebene Zeichnung einer Girard-Vollturbine, d.h. einer axialen Aktionsturbine, ist aus dem Vorgesagten leicht verständlich. Das Wasser im Rohr R steht unter dem Drucke des Gefälles und strömt durch die Zellen des Leitrades a auf die gekrümmten Schaufeln b des Laufrades. Dieses sitzt auf einer hohlen Welle, die um eine freistehende Tragstange rotiert und mit dem konischen Radgetriebe G in Verbindung steht.
Das Gewicht des Laufrades mit dem darauf lastenden Wasser sowie der Welle und des Zahnrades wird in O durch den Oberwasserzapfen auf die Tragstange T übertragen, die in der gußeisernen Grundplatte P fest fundiert ist. Das untere Ende der hohlen Turbinenwelle ist in einem die Tragstange umschließenden Lager geführt, während eine am obern Ende vorgesehene Schraubenspindel eine Höher- oder Tieferstellung des Laufrades, also eine Regulierung des zwischen Leit- u. Laufrad vorhandenen Spaltes, ermöglicht.
Das Schema einer Reaktions- oder Überdruckturbine zeigen Fig. 14 u. 15. Diesen Zeichnungen liegt die Fourneyronturbine zugrunde, eine radiale Reaktionsturbine mit Innenaufschlag. Zwischen Ober- und Unterwasser besteht durch das Druckrohr c eine geschlossene Leitung; a ist der Leitapparat, das Laufrad b rotiert im Unterwasser, ohne daß der Nutzeffekt der Turbine dadurch ein geringerer wäre, ein Hauptvorzug der Reaktionsturbinen.
Bei der axialen Reaktionsturbine, Henschel-Jonvalturbine, sind Leit- und Laufrad durch schraubenförmig gekrümmte Schaufeln in Zellen geteilt (Fig. 16 u. 17), in der üblichen Weise, daß die Richtung der Schaufeln im Laufrad derjenigen im Leitrad entgegengesetzt ist. Ihrer großen Einfachheit, Zugänglichkeit und Leichtigkeit von Reparaturen verdanken diese Turbinen ihre große Verbreitung, wenngleich sie neuerdings hinter den Francisturbinen vollkommen zurücktreten.
Das Schema einer Francisturbine, einer radialen Reaktionsturbine mit axialem Wasseraustritt, ist in Fig. 18 gezeigt, a sind die kreisförmig angeordneten Zellen des Leitrades, b die des Laufrades, c ist das das Ober- und Unterwasser verbindende Saugrohr. Ein freier Fall des Wassers findet somit in den Reaktionsturbinen an keiner Stelle statt, und die Leit- und Laufradzellen sind ganz mit Wasser gefüllt. Die Turbinen mit Druck- oder Saugrohr heißen auch Rohrturbinen. Die bis Ende des verflossenen Jahrhunderts wenig beachtete Francisturbine ist seitdem die führende geworden und wird von nahezu allen Fabriken gebaut. Ihr Nutzeffekt liegt meist über 80 Proz. und reicht bis 86 Proz., sinkt bei kleinerer Beaufschlagung auch nicht ungünstig herab, beispielsweise bei halber Wassermenge noch 79 Proz., bei 0,4 noch 75 Proz. und bei 0,3 noch 70 Proz. Fig. 19 zeigt das Laufrad einer Francis-Schnelläuferturbine von Briegleb, Hansen u. Komp. in Gotha.
Aufstellung der Turbinen. Alle Turbinen, die über dem Unterwasser ausgießen, also alle Aktionsturbinen, müssen, um eine möglichst große Wirkung des Wassers zu ergeben, am Fuße des Gefälles Aufstellung finden, wohingegen bei Rohrturbinen das Laufrad beliebig hoch zwischen Ober- u. Unterwasser liegen kann. Aus praktischen Rücksichten empfiehlt es sich, bei den letztern die Saughöhe der untern Rohrhälfte, vom Spalte zwischen Leit- und Laufrad aus gemessen, niemals größer zu wählen als die Druckhöhe der obern, zur Vermeidung des Nachsaugens, der Wirbel- und Trichterbildung, die den Nutzeffekt herabsetzen. Aus diesem Grunde sollte die Saughöhe keinesfalls 57 m überschreiten und der Druck über der Turbine dabei niemals unter 2 m betragen.
Die Leistung einer Turbine ist wesentlich abhängig von der konstruktiven Durchführung ihrer Wasserwege. Für den Leitapparat empfehlen sich möglichst dünne Schaufeln aus Stahlblech, die man in den Kranz des Leitrades fest eingießt. Unter den Laufradschaufeln finden sich die stärksten Krümmungen bei den Aktionsturbinen, aber unter diesen verdienen diejenigen mit möglichst flachen Schaufeln den Vorzug, weil die Krümmung unerwünschten Widerstand im Laufrad verursacht. Die Schaufeln der Reaktionsturbinen sind flacher, weil die Wassergeschwindigkeit, die nur einem Teil der verfügbaren Druckhöhe entspricht, geringer ist.
Die Reguliervorrichtungen der Turbinen haben den Zweck, bei geringerer abzugebenden Leistung den Wasserzufluß entsprechend herabzusetzen, so daß eine gleichmäßige Umlaufszahl gesichert bleibt. Die Regulierung der Aktionsturbinen geschieht durch Absperren des Wassereintritts in die Leitkanäle, je nach axialem oder radialem Eintritt durch flache oder zylindrische Schieber, Klappen oder Rollwände. Drosselklappe, Einlauf- oder Auslaufschütze sind weniger vorteilhaft, namentlich nicht für Reaktionsturbinen, werden aber wegen ihrer Einfachheit bei reichlichem Betriebswasser dann angewendet, wenn es auf äußerste Ausnutzung desselben nicht ankommt.
Für Reaktionsturbinen empfiehlt es sich, eine Reihe unmittelbar aufeinander folgender Leitkanäle durch Schieber abzusperren, die Schieberstangen dabei aus Gasrohr zu fertigen und durch dieses einen Luftzutritt zu ermöglichen. Eine vollkommen richtige Regulierung der Reaktionsturbinen durch eine gleichmäßige Verkleinerung sämtlicher Lauf- und Leitradkanäle ist undurchführbar. Annähernd wird sie erreicht durch Anwendung mehrerer Schaufelkränze, von denen dann jeweils die unbenutzten durch ringförmige Deckel geschlossen werden, eine weitgehende Abstufung ist aber dabei nicht möglich.
Die Regulierung der Francisturbinen geschieht nach Fink mittels drehbarer Leitschaufeln (Fig. 20), die alle gleichzeitig durch einen gemeinsamen Hebelmechanismus bewegt werden und dadurch die Leitradkanäle weiter oder enger stellen, oder nach der Anordnung von Zodel, bei der zwischen Leitrad und Laufrad ein zwischengelegter Ring mit feststehenden Schaufeln versehen ist und je nach der Stellung seiner Schaufeln zu denen des Leitrades eine weitere oder engere Öffnung der Kanäle herstellt (Fig. 21). Zur Herstellung einer guten Wasserführung gehen dünne Stahlzungen von den Leitradschaufeln aus durch die Öffnungen des Regulierringes hindurch bis dicht an die Schaufeln des Laufrades.
Auswahl der Turbinen. Die Aktionsturbinen eignen sich für großes Gefälle mit wenig veränderlichem Unterwasserspiegel, bei veränderlicher Wassermenge und haben kleine Tourenzahl; für veränderlichen Unterwasserspiegel kommen vorteilhafter Grenzturbinen in Betracht. Die Reaktionsturbinen sind passend für starke Veränderungen im Unterwasserspiegel bei konstanter zufließender Wassermenge und hoher erstrebter Tourenzahl.
Wenn das Gefälle höher ist als 10 m und offene Turbinenschachte zu teuer und schwierig in der Herstellung werden, kann man die Francisturbine durch Umhüllung mit einem Spiralgehäuse in eine Spiralturbine mit vertikalem Laufrad umwandeln, der man das Wasser durch Rohre zuleitet. Eine solche Anordnung ist in Fig. 22 gezeigt; sie eignet sich durch die hochwasserfreie Aufstellung der Turbinen vorzüglich zum Betriebe direkt gekuppelter Dynamos.
Die Partialturbinen, bei denen nur ein Teil des Laufradumfanges vom Wasser beaufschlagt wird, daher auch nur der entsprechende Teil des Leitapparates ausgearbeitet ist, eignen sich vornehmlich für hohes Gefälle in Verbindung mit einer so geringen Wassermenge, daß eine Vollturbine dabei zu klein ausfallen würde. Jede Aktionsturbine kann zwar durch Überdecken mehrerer Leitkanäle zeitweilig in eine Partialturbine in weiterm Sinne umgewandelt werden. Die Partialturbinen im engern Sinne aber sind horizontale oder vertikale Wasserräder von der in den Fig. 28 u. 24 gezeigten Ausführung. Bei der Partialturbine nach Schwamkrug (Fig. 23) mit vertikalem Rade hat der im Radinnern über dem Laufrad angebrachte Leitapparat fünf Einlaßkanäle, die durch einen Schieber ganz oder teilweise abgesperrt werden können. Die Richtung des Wassers steht tangential zum Laufrad. Die Schaufeln des Laufrades erweitern sich nach der Austrittsseite hin, und um einen möglichst schnellen Austritt des Wassers herbeizuführen, sind in den Seitenwandungen Luftöffnungen angebracht. Die Partialturbinen gehören sämtlich zu den Aktionsturbinen, da eine geschlossene Leitung zwischen Ober- und Unterwasser nicht existiert. Beim Zuppinger Tangentialrad (Fig. 25 u. 26) erfolgt der Wassereintritt ähnlich wie bei der Francisturbine durch einen tangential gestellten Leitapparat entweder mit einem weitern Leitkanale, wie hier gezeigt, oder mit mehreren engern Leitkanälen, die durch einen Schieber ganz oder teilweise verdeckt werden können.
Unter die Klasse der Turbinen gehört auch das Peltonrad (Fig. 27), ein Radkörper, mit eigenartigen Schaufeln am Umfang besetzt, gegen die aus einer konischen Düse ein Wasserstrahl an der tiefsten Stelle des Radumfanges geleitet wird. Die Schaufeln zerteilen den Wasserstrahl mittels einer scharfen Mittelrippe und lenken ihn um nahezu 180° nach beiden Schaufelseiten hin ab (Fig. 28), wobei der auf die Schaufelwandung ausgeübte Druck das Rad mit einem außerordentlich hohen Nutzeffekt, bis 0,85 Proz. und mehr, betreibt. Das Peltonrad eignet sich für hohe Gefälle, von 3 m anfangend bis zu beliebiger Höhe und ist bereits ausgeführt worden in Leistungen von 1/40 bis zu 2000 Pferdekräften.
Der Verwendungsbereich der Wasserräder beschränkt sich auf Gefälle bis hinauf zu etwa 10 m, das der Turbinen von 0,3500 m. In den Grenzen von 610 m sind oberschlächtige Wasserräder in Nutzleistung den Turbinen überlegen, bei mittlern und namentlich bei kleinen Gefällen ist die Turbine vorzuziehen. Für größere Gefälle kommt die Turbine ausschließlich in Betracht, wenngleich ihr Wirkungsgrad bei hohen Gefällen und kleinen Rädern nicht so hoch ist als bei mittlern und kleinen. Die Umfangsgeschwindigkeit der vertikalen Wasserräder, mit Ausnahme der unterschlächtigen, vor allem des Ponceletrades, liegt zwischen 1,2 und 3,1 m in 1 Sekunde, bei den Turbinen richtet sie sich nach dem Gefälle und beträgt v = 0,9√(2.9,81. H), worin H die Gefällhöhe in Metern bedeutet. Für H = 4 m wird v = 7,97 m, für H = 16 m wird v = 15,95 m.
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