Die Hauptbestandtheile der Oper waren das Recitativ und die Arie. Das Recitativ, bestimmt das Gespräch wiederzugeben, wurde durchaus einfach gehalten; die Gliederung nach dem Rhythmus und nach den Intervallen – denn von eigentlicher Melodie ist nicht die Rede – nähert steh möglichst dem Gesprächstone und läßt dem Sänger volle Freiheit für einen lebendigen und ausdrucksvollen Vortrag. Dem entsprechend war die harmonische Begleitung. Die Bässe geben den Grundton an, die Violoncelli und das Klavier den Accord, der je nach Umständen liegen bleibt oder wieder angeschlagen wird. Im Allgemeinen ist auch der Charakter der Harmonie einfach: kurz das musikalische Element ist beim Recitativ gewissermaßen eine bescheidene Grundirung, von der das Einzelne sich abhebt ohne den Zusammenhang zu verlieren. Es versteht sich, daß diese Einfachheit in der Behandlung des Recitativs den Componisten nicht hinderte, durch charakteristische Declamation, durch geistreiches Hervorheben bedeutender Momente, namentlich mittelst überraschender Wendungen der Harmonie, die Selbständigkeit seiner Auffassung zu bewähren, ohne den Sänger zu fesseln. In der That fehlt es auch nicht an Beispielen von meisterhaften Recitativen; allein im Allgemeinen ist nicht zu leugnen daß dieses sogenannte Recitativo secco bald als eine Nebensache behandelt wurde, die [247] der Componist so rasch als möglich abzuthun suchte und bei der er den Sänger seinem Schicksal überließ. Es setzten sich gewisse Formen, gewisse harmonische Fortschreitungen und Trugschlüsse fest, die für das Recitativ so unumgänglich wurden, wie manche Redensarten für den geselligen Verkehr und wie diese von allen Seiten aus Bequemlichkeit mit derselben Geduld hingenommen wurden. Da bei der Einrichtung der Texte fast Alles was den Gang der Handlung und ihre Motivirung betrifft, und somit das worauf das dramatische Interesse beruht, dem Recitativ zufällt, so ist eine Vernachlässigung desselben nur durch die immer steigende einseitige Vorliebe für den Gesang, als eine künstlerische Leistung für sich, zu erklären, die allmählich alles Andere zurückdrängte und die Oper in einem ihrer wichtigsten Elemente beeinträchtigte. Das Bedürfniß für eine leidenschaftlich gesteigerte Situation, welche aber ihrer Anlage nach das Festhalten der Stimmung in einer ausgeführten Darstellung wie sie die Arie giebt, nicht zuließ, einen ebenfalls über den Ton des gewöhnlichen Gesprächs gesteigerten Ausdruck zu gewinnen, rief das sogenannte begleitete (obligate) Recitativ hervor1. Es unterscheidet sich zunächst dadurch, daß statt jener einfachen Accorde, das Orchester – Anfangs nur sämmtliche Saiteninstrumente – begleitend eintritt, und nicht allein durch den verstärkten und modificirten Klang, sondern auch durch nüancirte Phrasen oder ausgeführtere Zwischenspiele den wechselnden Empfindungen einen bestimmteren und schärferen Ausdruck verleiht. Das Recitativ selbst giebt dabei seinen eigentlichen [248] Charakter nicht auf, obgleich es natürlich stärker accentuirt und bewegter ist, auch mitunter auf kurze Zeit in eigentlichen Gesang übergeht2. Wo ein lebhafter Wechsel verschiedenartiger oder widerstreitender Gefühle, sei es im Monolog oder im Gespräch darzustellen ist, tritt das begleitete Recitativ ein, und zwar bildet es meistens den Uebergang zu einer stetigen Empfindung, welche aus jenem Wechsel hervorgeht, und in einem Gesangstück ihren angemessenen Ausdruck findet. In dem begleiteten Recitativ haben Componisten und Sänger das Höchste des dramatischen Ausdrucks zu leisten gesucht, und je mehr in der Arie das Interesse der Gesangskunst überwog, um so mehr suchte man hier jenem Moment gerecht zu werden.
Für den eigentlichen kunstgemäßen Gesang wurde die Arie die fast ausschließliche Form. Denn die Chöre, mit denen früher wenigstens regelmäßig der Act schloß, wurden nebst den dazu gehörigen Ballets3 abgeschafft und kamen nur mehr ausnahmsweise vor4. Ferner wurden mehrstimmige [249] Ensemblesätze auf die möglichst kleine Zahl beschränkt und es bildete sich eine ziemlich streng innegehaltene Satzung daß in jeder Oper ein Duett für die Prima Donna und den Primo Uomo, und ein Terzett, an welchem auch der Primo Tenore Theil nahm, vorkommen mußte, aber nicht leicht mehrere noch andere Ensembles; ja selbst der Platz für diese Musikstücke am Ende des zweiten und dritten Acts war ziemlich fest bestimmt. Diese Beschränkung der mehrstimmigen Sätze hatte nicht etwa ihren Grund in der Schwierigkeit derselben, denn die früheren Operncomponisten waren meistens gründliche und fertige Contrapunktisten, sondern in dem überall vorherrschenden Bestreben den Sänger als Gesangskünstler geltend zu machen, wie das auch die Anlage solcher Ensemblesätze deutlich zeigt. Es kommt in ihnen nicht ein bedeutender Moment der fortschreitenden Handlung, ein Conflict streitender Leidenschaften, der einer Entwickelung und Lösung entgegendrängt, zur Darstellung, sondern in der Regel geht eine dramatisch bewegte Situation ihnen vorher, deren Abschluß sie in einer Weise bilden, welche den breit ausgeführten Ausdruck einer bereits entschiedenen Stimmung zuläßt. Dem entsprechend werden sie in einer recht eigentlich concertirenden Weise behandelt, so daß die einzelnen Stimmen durch die Verschiedenheit der Klangfarbe und Gesangskunst mit einander wetteifern können, jede hat Raum sich neben der andern vollständig auszubreiten und geltend zu machen, und auch wo die Stimmen mit einander gehen, ist, wenn es nicht [250] ein ganz einfaches Zusammenklingen ist, der concertirende Charakter vorherrschend.
Die Arie, als der lyrische Ausdruck einer festgehaltenen Stimmung, war ebenfalls nur in selteneren Fällen der Culminationspunkt einer dramatischen Situation, viel häufiger knüpfte sie nur an die Handlung an und erhielt von dieser ein bestimmtes Colorit, während ihr eigentlicher Inhalt ziemlich allgemeiner Natur war; es kam dann auf den Componisten wie auf den Sänger an, die Arie im Charakter des Drama zu gestalten. Berechnet war auch sie auf den Gesangskünstler und gab ihm daher vor allen Dingen Raum und Gelegenheit seine Kunst zu zeigen. Auch hier war sehr bald eine Form gefunden, welche dann in ihren wesentlichen Momenten festgehalten wurde. Die Arie5 bestand regelmäßig aus zwei Theilen, welche bestimmt mit einander contrastirten, meistens durch Verschiedenheit des Tempo, der Tact- und Tonart, doch blieb die letzte in der Regel eine verwandte. Gewöhnlich beginnt ein Allegro im graden Tact, welches von einem langsameren Satz, häufig in ungradem Tact, aufgenommen wird; allein hierin ist keine feste Regel und in der Behandlung und Ausbildung des Einzelnen ist dem Componisten freier Spielraum gegeben, dem für die Situation erforderlichen Ausdruck und der Individualität des Säugers zu genügen. Meistentheils ist der erste Satz der breiter angelegte, ausführlichere und namentlich auf die Virtuosität des[251] Sängers berechnete; im zweiten Theile pflegte dagegen der Componist dem Sänger Ruhe zu gönnen und durch gewählte Harmonien, ausgeführtere Begleitung u. ähnl. seine Kunst zu zeigen. Er ist deshalb häufig für uns interessanter als der erste, welcher gewöhnlich ein oder auch mehrere Hauptmelodien in verschiedenen Lagen wiederholt, aber ohne eigentlich thematische Verarbeitung derselben zu bringen, und an diese Passagen anzuknüpfen pflegt. Eine wesentliche Kunst des Sängers war es, dieselbe Melodie so oft sie vorkam in anderer Weise, mit anderen Verzierungen und Accenten vorzutragen, und der Componist, der ihm gewissermaßen nur die Umrisse vorzeichnete, gab ihm hierin wie in der Ausführung der Cadenz, welche stets dem Sänger ganz überlassen blieb, Gelegenheit selbständig Bildung und Geschmack zu zeigen. Diese Aufgabe wurde noch schwieriger, als es Sitte wurde den ganzen ersten Theil am Schlusse des zweiten, der dadurch zu einem Mittelsatz wurde, zu wiederholen6; denn es würde für eine Schmach gegolten haben, wenn ein Sänger denselben ohne neue und gesteigerte Vortragsmanieren anzubringen, so wieder gesungen hätte wie das erstemal. Ja, wenn eine Arie, welche gefiel, ein- oder mehreremal da Capo verlangt wurde, so wußte ein ausgezeichneter Sänger das Publicum jedesmal durch neue Erfindungen im Vortrag zu überraschen. Dadurch stellte sich der Sänger gewissermaßen dem Componisten an die Seite, es war nicht allein Auffassung und Vortrag im heutigen Sinn, durch welche er sich geltend [252] machte, sondern er mußte selbst productiv sein, wenn gleich angeregt und in gewissen Grenzen gehalten durch den Componisten. Das Verdienst des letzteren aber galt deshalb nicht für ein geringeres, weil er dem Sänger einen Antheil an der Erfindung überließ; man sah es vielmehr als ein besonderes Lob an, wenn die Production des Componisten geeignet war auch im Sänger den schöpferischen Funken zu erwecken.
Bei dieser entscheidenden Einwirkung, welche die Kunst des Gesanges auf die Ausbildung und Behandlung der Oper äußerte, ist es klar, daß nicht allein mittelmäßigen und schwachen Componisten gegenüber der Einfluß der Sänger die Oberband gewinnen, sondern überhaupt die Richtung der Gesangskunst auch die der Componisten bestimmen mußte. Von den Leistungen jener großen Sänger7 und Sängerinnen8 können wir uns nach den fast unglaublichen Erfolgen beim Publicum und den lobpreisenden Berichten ihrer Zeitgenossen keine bestimmte Vorstellung machen, und auch die viel klarere Einsicht in die Beschaffenheit ihrer Stimmmittel und Kunstfertigkeit, welche die für sie geschriebenen Arien uns gewähren, bietet ohne die Unmittelbarkeit des sinnlichen Eindrucks doch nur einen sehr ungenügenden Maßstab dar. Indessen ist unverkennbar, daß von der Mitte des vorigen Jahrhunderts [253] an die Richtung auf äußere Virtuosität (Bravura) immer mehr hervortritt, der Reichthum an Verzierungen und Schnörkeleien überhand nimmt, die dramatische Auffassung und die darauf beruhende Beseelung des Gesanges seltener wird9, während die Anmaßung der Sänger und die Gefügigkeit der Componisten zunimmt, so daß die Oper mehr und mehr in eine Zusammenstellung von kunstreichen Gesangstücken ausartet, für welche der dramatische Zusammenhang [254] nur mehr einen äußerlichen Faden abgiebt. Mit dem dramatischen Gesang nimmt auch die dramatische Darstellung ab, die Sänger verwenden auf dieselbe, als ein überflüssiges oder den Gesang wohl gar störendes Beiwerk, immer weniger Mühe10, und auch das Publicum gewöhnt sich seine Aufmerksamkeit auf einzelne Leistungen einzelner Virtuosen zu richten und das Uebrige nur so mit in den Kauf zu nehmen11. Die Componisten, welche zum großen Theil wenig Lust hatten ihre Mühe an voraussichtlich undankbare Partien zu verschwenden, folgten diesem Beispiel und wandten ihre Kraft ebenfalls nur auf Einzelnheiten12.
Hier darf eine eigenthümliche, ja unbegreifliche Erscheinung nicht außer Acht gelassen werden, welche einen wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung derOpera seria gehabt hat, die Anwendung der Castraten. Bereits zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts wurden, weil es für ein Aergerniß galt, wenn Frauen in der Kirche sangen, und Knaben für den kunstreichen Gesang nicht ausreichten, Castraten zum Gesang in der Kirche verwendet, von dieser übernahm sie die Oper. Im Kirchenstaat war es seit Innocenz XI Frauen verboten auf dem Theater aufzutreten und Castraten übernahmen deshalb die Frauenrollen; der Reiz aber, welchen ihr [255] Gesang ausübte, verursachte daß auch an anderen Orten und dann auch neben den Sängerinnen Castraten auftraten. Und nun bildete sich die unnatürliche Regel der Opera seria aus, daß der Hauptheld und erste Liebhaber von einem Castraten dargestellt wurde, der wie zum Hohn den Titel einesPrimo Uomo erhielt. Wie sehr sich auch diese durch die schmachvollste Gewalt der Natur abgezwungenen Stimmen durch den Umfang und die Schönheit der Töne auszeichnen und, gleich Instrumenten, für die höchste Kunstfertigkeit eignen mochten, so gehörte doch ein ausgesuchtes Raffinement im Genuß des Hörens dazu um den natürlichen und sittlichen Widerwillen zu überwinden und den grellen Widerspruch gegen die Natur bei einer dramatischen Darstellung zu vergessen. Daß eine solche Einrichtung möglich war, allgemein werden und sich über ein Jahrhundert erhalten konnte, ist ein merkwürdiger Beweis dafür, in welchem Grade der Genuß am kunstmäßigen Gesange damals vor Allem den Vorrang behauptet13. Und grade die Castraten waren der Gegenstand der höchsten Bewunderung14, an keinem Theater, keiner Kirche durften sie [256] fehlen. Auf die musikalische Gestaltung der Oper übten sie natürlich einen sehr bestimmenden Einfluß. Eine eigentlich dramatische Ausführung der wichtigsten Rollen war aber nicht möglich, wenn Helden und Liebhaber nicht als Männer auftraten. Die Castratenstimme unterscheidet sich zwar merklich von einer Frauenstimme – wie ja überhaupt der Castrat nicht weiblich sondern weibisch wird –, sie entbehrt der weiblichen Seele und Leidenschaft eben so wohl als der männlichen, sie ist geschlechtlos, so zu sagen abstract; nothwendig betrat im Castraten nur der Sänger, der Gesangskünstler die Bühne, und die oben bezeichnete Richtung der Oper war dadurch daß man Castraten die Hauptrollen übertrug, aufs Schneidendste bezeichnet.
Gegen die Prima Donna und den Primo Uomo trat auch der Tenorist schon zurück, wie das auch die Rollenvertheilung mit sich brachte, indem die Rollen der Väter, der nicht begünstigten Nebenbuhler, auch wohl der Fürsten und Tyrannen meistens in seine Hände gegeben waren. Durch eine seltsame Convenienz, für die weder ein innerer noch äußerer Grund vorliegt, war von der Opera seria – als wollte man die hohe Stimmung, zu der das ganze Personal hinaufgeschraubt war, durch nichts stören – die Baßstimme gänzlich ausgeschlossen: Baßpartien kommen in derselben gar nicht, oder höchstens einmal in der Nebenpartie eines Priesters oder dgl. vor15. Das hängt auch damit zusammen, daß wenig [257] oder gar keine Ensemblesätze in derselben angebracht wurden; denn eine reiche Entfaltung nach dieser Seite hin hätte die Einführung der Baßstimme aus musikalischen Rücksichten nothwendig gemacht.
Schon die ganz äußerliche Rücksicht auf die enormen Summen, welche man berühmten Sängern und Sängerinnen zahlte, brachte es mit sich, daß jede Oper in der Regel nur drei, höchstens vier Hauptrollen hatte, deren Darsteller durch das Beiwort primo ausgezeichnet wurden. Die übrigen Personen, welche die dramatische Conception etwa nöthig machte, mußte der Dichter und besonders der Componist als untergeordnete behandeln, nicht allein, weil gewöhnlich nur mittelmäßige Kräfte für deren Ausführung vorhanden waren, sondern hauptsächlich weil es nicht im Interesse der ersten Sänger und Sängerinnen lag, daß die Nebenpartien Aufmerksamkeit und Beifall erregten. In der Zeit der absoluten Herrschaft der Gesangskünstler controlirten sie die Arien der Secondarier, cassirten die Arien welche zu brillant waren oder nahmen sie für sich, wo denn der Dichter zusehen mochte wie er das einrichtete. Deshalb wurde mitunter heftig gestritten, welches die erste Partie sei16. Sogar eine äußerliche Etikette [258] hatte sich festgestellt: wer dieprima parte sang, nahm den Ehrenplatz rechts von den Mitspielenden ein, weil es in der Regel auch die vornehmste Person im Stück ist. Als Faustina Hasse im Jahr 1748 die Dircea im Demofoonte sang, welche dramatisch und musikalisch betrachtet die erste Rolle hat, aber erst später als Prinzessin erkannt wird, verlangte sie nichts desto weniger den Ehrenplatz vor der anerkannten Fürstin Creusa und erklärte sonst nicht auftreten zu wollen. Metastasio mußte in zwei Briefen an Hasse und Baron Dieskau über das Sachverhältniß mit vorsichtiger Motivirung entscheiden um sie zum Nachgeben zu bewegen17.
So wirkte alles zusammen, daß die Opera seria in ihrer äußerlich scharf begrenzten Form, an der man um so fester hielt, je mehr sie auf Convention und Einseitigkeit begründet war18, nach der einen Richtung des kunstvollen Gesanges hin sich ausbildete, und zwar so daß nicht Kraft und Charakteristik, sondern Weichheit und Virtuosität dieser Entwickelung ihr eigenthümliches Gepräge gaben.
1 Scarlatti soll dasselbe zuerst in seiner Oper Teodora 1693 eingeführt haben, die größere Ausführung der instrumentalen Zwischensätze in den Recitativen wird Rinaldo da Capua zugeschrieben (Burney Reise I S. 214).
2 Man nannte diese durch wirkliche Gesangsmelodie aus dem Recitativ hervorgehobenen Stellen Cavata oder Cavatina. Dann wurde daraus eine kleinere Form der Arie, welche in einer einfach fortgeführten Melodie die lyrische Stimmung ausdrückte, ohne zweiten Theil, ohne Wiederholung, ohne Bravurpassagen, ohne weitere Ausführung. So galten sie Anfangs für einen Bestandtheil und besonderen Schmuck des Recitativs; später wurden sie dann auch selbständig behandelt. Eine andere Bezeichnung der in das Recitativ eingeschalteten melodiösen Stellen ist Arioso, hauptsächlich für getragenen Gesang.
3 Dafür bildete sich die Sitte aus, selbständige Ballets zwischen den Acten einer Oper zu geben.
4 Namentlich in den Fällen, wo eine Hoffestlichkeit auch äußeren Glanz verlangte, wurden Chöre, Ballets, Decorationen und Maschinerien auch in dieser Gattung der Oper angebracht. Wie solche Schlußchöre gewöhnlich angesehen wurden, zeigt eine Aeußerung Metastasio's in einem Briefe an Hasse (opp. post. I p. 357): Desiderei che l'ultimo coro fosse uno di quelli, co' quali avete voi introdotto negli spettatori il desiderio, per l'innanzi incognito, di ascoltargli e – che faceste conoscere, che questo coro non è, come per l'ordinario, una superfluità, ma una parte necessarissima della catastrofe (vom Attilio Regolo).
5 Um die Verschiedenheit der verschiedenen Charaktere und Situationen wenigstens im Allgemeinen zu bezeichnen, unterschied man die Aria di bravura, patetica und di mezzo carattere, sowie man auch ganze Rollen auf diese Weise bezeichnete. Allein diese Scheidung der Gesangskunst, des Ausdrucks der tragischen Leidenschaft und ruhiger leidenschaftsloser Empfindung als getrennter, für sich selbständiger Elemente trug nur noch mehr dazu bei, die Formen der Oper stereotyp zu machen.
6 Nach Arteaga rivol. c. 13 II p. 197f. (II S. 262) wäre Baldassare Ferrari ein beliebter Sänger im siebzehnten Jahrhundert nicht sowohl der Erfinder als die Veranlassung des Dacapo gewesen; es ist von Scarlatti in der Oper Teodora (1693) angewendet, und findet sich nach Kiesewetter (Gesch. der Musik S. 83) schon vor Scarlatti.
7 Es genügt an die berühmten Castraten Senesino (Bernardi, 1680 – nach 1740), Bernacchi (1700 – nach 1755), Caffarelli (Majorani, 1703–1783), Farinelli (Broschi, 1705–1782), Salimbeni (1712–1751), Crescentini (1769–1846) zu erinnern.
8 Man denke nur an Vittoria Tesi (169?–1775), Faustina Bordoni – Hasse (1700 – nach 1774), Francisca Cuzzoni – Sandoni (1700–1770), Regina Mingotti (1728–1807), Lucrezia Agujari (1743–1783), Francesca Gabrielli (1755–1795).
9 Metastasio schreibt an Calsabigi (20. Dec. 1752) nach Paris, wo die italiänischen Buffonisten so viel Aufsehen machten: non vorrei che insieme co' nostri pregi adottassero i nostri difetti. A parlar sinceramente gl' Italiani in gran parte per far soverchiamente pompa dell' abilità del canto, della quale a distinzione delle altre nazioni gli a forniti la natura, si sono non solo dimenticati d' imitarla, ma trascorrono assai spesso sino ad opprimerla (opp. post. II p. 94); und bald darauf (21. Jan. 1753) an Bernacchi:Quali cicalate non si farebbero su la vergognosa prostituzione della nostra povera musica, ridotta a meritar la derisione de' rivali stranieri, e costretta ad imitar non più le passioni e la favella degli uomini, ma il cornetto di posta, la chioccia ch' a fatto l'uovo, i ribrezzi della quartana o l'ingrato stridere de' gangheri rugginosi? [Dies geht auf die Opera buffa.] Se questi pazzi e deplorabili abusi offendono tanto il mio orecchio, quale effetto faranno in voi, gran maestro di mettere, di spandere e di sostener la voce, di finir con chiarezza tutto ciò che s'intraprende, e di sottometter sempre l'abilità alla ragione? (opp. post. II p. 99. vgl. p. 215.) In den stärksten Ausdrücken spricht er sich über die Bravurarien gegen Chastellux (15. Juli 1765) aus: Le arie chiamate di bravura sono appunto lo sforzo della nostra musica, che tenta sostrarsi all' impero della poesia. Non a cura in tali arie nè di caratteri, nè di situazioni, nè di affetti, nè di senso, nè di ragione: ed ostentando solo le sue proprie ricchezze, col ministero di qualche gorga imitatrice de' violini e degli usignuoli a cagionato quel diletto, che nasce dalla sola maraviglia, ed a riscossi gli applausi, che non possono a bona equità esser negati a qualunque ballerino di corda, quando giunga con la destrezza a superar la comune aspettazione (opp. post. II p. 330).
10 Gretry erzählt gesehen zu haben, wie ein Sänger bei Seite ging und eine Orange verzehrte, während ein zweiter sich mit seinem Gesange an ihn als Gegenwärtigen richtete (Mémoir. I p. 119.).
11 Pendant les neuf à dix années que j'ai habité dans Rome, sagt derselbe Gretry (Mém. I p. 114.). je n'ai vu réussir aucun opéra sérieux. Si quelquefois l'on s'y portoit en foule, l'étoit pour entendre tel ou tel chanteur: mais lorsqu'il n'étoit plus sur la scène, chacun se retiroit dans sa loge pour jouer aux cartes et prendre des glaces, tandis que le parterre bâilloit.
12 Die Darstellung, welche Arteaga (in dem mehrfach erwähnten Buch Cap. 12ff.) vom Verfall der Oper giebt, ist anschaulich genug.
13 Raguenet (parallèle des Italiens et des François 1702. § 26ff. bei Mattheson music. Critik I S. 141ff.) rechnet es unter die größten Vorzüge der italiänischen Musik, daß sie sich der Castraten bedient, welche man in Frankreich nicht kannte.
14 Als Zeugniß mag hier stehen was Heinse an Jacobi aus Venedig (26. Jan. 1781) schreibt (Schriften Th. III S. 103f.): »Ich habe diese unglücklichen Opfer des Ohrenschmauses nie anders betrachtet als sich selbst spielende Instrumente; aber dieser (Pacchierotti) hat mich oft mit seiner leidenschaftlichen Action vergessen machen, daß er eins war, und ich habe oft im entzückten Ohr gehabt: o benedetto il coltello, che t'a tagliato li coglioni! [vgl. Hildegard Th. III S. 19]. Eine süßere Stimme kann man nun einmal nicht hören, und sie ist wahrer Constantia vom hohen Kap, und was der Mensch oder Halemensch für eine Kunst und Natur zugleich im Vortrag hat, übersteigt alle Vorstellung und muß man selbst hören. Kein Frauenzimmer, man mag sagen was man will, hat so viel reine vollkommene Chorden und eine solche Brust. Es ist eine Stärke und ein Anhalten im Ton, daß die Seele davon wie von einem Strom mit fort muß.«
15 Perchè escludere il basso? sagt Sav. Mattei (La riforma del teatro vor Metastasio opp. post. III p. XXXII): Un Ircano, un Iarba quanto starebbe bene ad un basso? Si è creduto, che la voce di basso non sia voce di galantuomo e si è rilegata nel teatro buffo: ma è voce più di galantuomo quella dell' eunuco?
16 Metastasio schreibt an Farinelli (15. Dec. 1753):Quando io ò composto l'Adriano, ò procurato di far parti eguali quanto è possibile, fra Adriano e Farnaspe, Emirena e Sabina. Nella sostanza Adriano e Sabina sono le prime parti: l'una e l'altra formano il principal soggetto dell' opera, e l'una e l'altra cresce nell' andare innanzi: con tutto ciò in grazia della vivacità delle prime scene di Farnaspe, tutti i musici si sono ingannati, ed io sono stato richiesto della decisione, di cui ora mi richiedete, diverse altre volte. – La distribuzione poi delle parte essendo impresa più politica che scientifica, non posso farla io, che non essendo su la faccia del luogo, ignoro una quantità di circonstanze necessarie a ben decidersi (opp. post. II p. 145f.).
17 Metastasio opp. post. I p. 282ff.
18 Belehrend sind die Rathschläge, welche Goldoni erhielt, als er seine Oper Amalassunta vorlas (mem. I, 28 p. 150ff.).
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