20.

Die mißlichen und gedrückten Umstände, in welchen sich Mozart in Wien befand1, mochten in ihm den Gedanken an eine Kunstreise rege machen, die bestimmte Veranlassung dazu ging vom Fürsten Carl Lichnowsky aus, dem Gemahl der Gräfin Thun, einem eifrigen Musikfreund und Schüler Mozarts, dem er herzlich zugethan war. Seine Besitzungen in Schlesien sowie seine Stellung in der preußischen Armee legten ihm die Verpflichtung auf von Zeit zu Zeit sich in Berlin aufzuhalten; als er im Frühjahr 1789 eine Reise dahin unternahm, machte er Mozart das Anerbieten ihn in seinem Wagen mitzunehmen. Die Musikliebe und die Freigebigkeit Friedrich Wilhelms II ließen dort einen günstigen Erfolg erwarten und Lichnowsky konnte ihm durch seinen Einfluß sehr förderlich sein.

So machten sie sich denn am 8 April 1789 auf den Weg2. In Prag, wo sie sich nur einen Tag aufhielten, wurde mit Guardasoni der Contract zu einer neuen, auf den Herbst von Mozart zu schreibenden Oper »fast richtig gemacht« – leider nur fast richtig, denn der Contract kam bekanntlich nicht zur Ausführung. Besonders erfreuet war Mozart über die Nachricht, welche sein alter Freund Ramm aus Berlin dorthin gebracht hatte, daß der König, der von seiner Absicht nach Berlin zu kommen unterrichtet war, [468] wiederholt sich erkundigt hatte, ob er denn nur seinen Plan auch gewiß ausführen werde.

In Dresden, wo sie am 12ten April ankamen, war Mozarts erster Gang die alte Freundin Mad. Duschek aufzusuchen, welche sich dort bei der befreundeten Neumannschen Familie zum Besuch aufhielt; auch Mozart fühlte sich unter diesen »herrlichen Leuten« bald heimisch. Durch Neumann3, der als eifriger und gebildeter Musikfreund in großem Ansehen stand, wurde Mozart mit den Personen, welche sich für Musik interessirten4, bekannt gemacht. Kapellmeister Naumann, von dem er eine Messe hörte, die ihm »sehr mittelmäßig« vorkam, scheint ihn so wenig angezogen zu haben, als dieser an Mozart Gefallen fand5. Als [469] eine ungewöhnliche Ehre durfte er die Aufforderung ansehen sich am 14 April bei Hofe hören zu lassen, wofür ihm eine goldne Dose überreicht wurde. Außerdem spielte er mit seiner gewöhnlichen Gefälligkeit viel und gern in Privatcirkeln6; die Bewunderung, welche man ihm zu Theil werden ließ, wurde noch durch einen Wettstreit erhöhet, aus welchem er siegreich hervorging. Es war nämlich Häßler aus Erfurt7 zufällig in Dresden gegenwärtig, der damals [470] für einen der ausgezeichnetsten Klavierspieler und Organisten galt. Man rühmte seine erstaunliche Fingerfertigkeit, seinen feurigen und brillanten Vortrag8, die ganz eigenthümliche Gabe »in das hinreißendste Prestissimo einen Ausdruck zu legen, der an Weichheit und Rührung dem Adagio wenig nachgebe«9; dazu spielte er die schwersten Sachen mit Richtigkeit und vortrefflichem Ausdruck vom Blatt weg. Als Orgelspieler zeichnete er sich besonders durch die Fertigkeit aus mit welcher er das Pedal behandelte10. Er fühlte sich auch nicht wenig und als er im Sommer 1788 in Dresden war und »durch sein unaussprechlich gefühlvolles Spiel bei jedem der ihn hörte Staunen erweckte«, wollte man sicher wissen daß er von da nach Wien zu gehen beabsichtige, »um dem Wiener musikalischen Publicum in einem Wettstreit mit dem großen Mozart zu zeigen, daß letzterer, so stark er auf dem Fortepiano ist, doch nicht Klavier spielen könne«11. Mozart erschien er, wie wir sehen, als kein sehr gefährlicher Gegner; er erkennt zwar seine Fertigkeit auf dem Pedal an, setzt ihn aber als Orgelspieler unter Albrechtsberger, als[471] Klavierspieler neben die Aurnhammer, wonach denn »seine Schale ziemlich sank.«

Sein Aufenthalt in Leipzig ließ dort, wo schon damals ein regeres musikalisches Leben herrschte, ungleich lebhaftere Eindrücke zurück. Fr. Rochlitz, der als ein junger Mann in dem Kreise von Doles12, in welchem Mozart hauptsächlich verkehrte, ihm näher treten konnte, hat uns eine Reihe interessanter Züge aufbewahrt, welche ihn als Mensch und Künstler näher charakterisiren, von denen die meisten bereits angeführt sind. So liebenswürdig und frei er sich unter Freunden in Ernst und Scherz gehen ließ, so offen und unbefangen er seine Urtheile über Kunst und Künstler aussprach, so gefällig und bereitwillig zeigte er sich überall in den Kreisen, wo man Sinn und Interesse für Musik hatte, und war »mit seiner Kunst nicht so kostbar wie manche andere Künstler«; fast an jedem Abend während der Zeit seines Aufenthalts in Leipzig war bald in diesem bald in jenem angesehenen Hause Kammermusik, vorzüglich Quartett, wobei Mozart Klavier oder Bratsche spielte. Der wackre Violinspieler Berger, der stets mitwirkte, pflegte noch als Greis, wenn solch ein Stück zum Vorschein kam, mit gerührter Freundlichkeit einem Freunde zuzuflüstern: »Ach, das habe ich ehemals dem großen Mozart selbst zu accompagniren die Ehre gehabt«13.

»Am 22 April« berichtet ein Ohrenzeuge »ließ er sich ohne [472] vorausgehende Ankündigung und unentgeltlich auf der Orgel in der Thomaskirche hören. Er spielte da eine Stunde lang schön und kunstreich vor vielen Zuhörern. Der damalige Organist Görner und der verstorbene Cantor Doles waren neben ihm und zogen die Register. Ich sah ihn selbst, einen jungen modisch gekleideten Mann von Mittelgröße. Doles war ganz entzückt über des Künstlers Spiel und glaubte den alten Seb. Bach, seinen Lehrer, wieder auferstanden. Mozart hatte mit sehr gutem Anstande und mit der größten Leichtigkeit alle harmonischen Künste angebracht und die Themate, unter andern den Choral Jesu meine Zuversicht aufs herrlichste aus dem Stegreife durchgeführt«14. Zum Dank ließ ihm Doles von seinen Thomanern Bachs Motette Singet dem Herrn ein neues Lied vorsingen, und wir haben schon gesehen, in welche Bewunderung ihn dieselbe versetzte, und mit welcher Begeisterung er sogleich die übrigen Bachschen Motetten dort studirte (III S. 427f.).

Kurz darauf reiste er, wie es scheint ohne ein Concert gegeben zu haben, nach Berlin und begab sich von da sogleich nach Potsdam, wo ihn Lichnowsky dem König vorstellte.

Friedrich Wilhelm II hatte eine hervorragende Begabung und Neigung für Musik. Von dem ausgezeichneten Violoncellisten Duport d.ä.15 gebildet war er selbst ein [473] guter Violoncellspieler geworden und spielte nicht allein als Solist, sondern in den Proben sogar im Orchester eifrig mit (S. 91). Schon als Kronprinz hielt er eine vollständig besetzte, vortreffliche Kapelle, welche unter Duports Leitung regelmäßige Concerte vor ihm aufführte, in welchen auch fremde Virtuosen sich hören ließen16. Ihn zeichnete nach Reichardts Charakteristik17 eine große Vielseitigkeit des Geschmacks aus, welche der Einseitigkeit der durch Friedrich den Großen so lange vertretenen Richtung gegenüber besonders förderlich war. Auf seinen Antrieb hatte Reichardt seine Concerts spirituels unternommen, in welchen vorzugsweise die ältere italiänische Musik zu Gehör gebracht wurde, er schätzte Händel und Gluck, in seinen Concerten wie auf der Bühne begünstigte er gleichmäßig italiänische, französische und deutsche Musik, namentlich die durch Haydn ins Leben gerufne Instrumentalmusik fand an ihm einen theilnehmenden Gönner. Nach seinem Regierungsantritt im Jahr 1786 hatten sich die musikalischen Bestrebungen solcher Begünstigungen noch in größerem Maaßstabe zu erfreuen. Er vereinigte seine bisherige Kapelle mit der königlichen und stellte Reichardt als Kapellmeister an ihre Spitze. Die große italiänische Oper, welche im Carneval gegeben wurde, erhielt eine glänzende Ausstattung und außer den Berliner Componisten Alessandri und Reichardt wurde auch Naumann mit Compositionen für dieselbe beauftragt. Das bis dahin wenig begünstigte deutsche Schauspiel wurde zum Nationaltheater erhoben und durch eine regelmäßige Unterstützung sicher gestellt, was für die Hebung der deutschen Oper von großem [474] Gewicht war. Daneben wurde auch die opera buffa und die französische Oper gepflegt, so daß bei einem Hoffest im Sommer 1789 an einem Abend Cimarosas Falegname, Dalayracs Nina und Reichardts Claudine von Villabella aufgeführt wurde. Die Concerte des Königs, welche der Leitung Duports anvertraut blieben, wurden dabei in alter Weise fortgesetzt. Da der König bedeutende Künstler, fremde wie einheimische, nicht allein freigebig belohnte sondern im persönlichen Verkehr mit der gewinnendsten Freundlichkeit und Theilnahme behandelte, ist es begreiflich daß diese ihn in hohen Ehren hielten und mit nicht geringen Erwartungen sich ihm zu nahen pflegten18.

Mozart war dem König durch die mit großem Beifall in Berlin gegebene Entführung, dann aber auch als Instrumentalcomponist, besonders durch seine Quartetts bestens empfohlen; daß er durch seine Leistungen als Virtuos, wie durch sein ganzes Auftreten das günstige Vorurtheil nur bestätigt haben werde, läßt sich nicht bezweifeln. Allein er fand ein mächtiges Hinderniß an Duport, der ebenso stolz und hochfahrend als intriguant war19. Beim ersten Besuch, welchen Mozart ihm machte, verlangte er daß dieser französisch mit ihm reden solle, was dieser obwohl der Sprache mächtig bestimmt ablehnte. »So ein welscher Fratz« sagte er »der jahrelang in deutschen Landen wäre und deutsches Brod fräße, [475] müßte auch deutsch reden oder radebrechen, so gut oder so schlecht als ihm das französische Maul dazu gewachsen wäre«20. Das vergab ihm Duport nicht, obgleich ihm Mozart die Aufmerksamkeit erwies, dort über einen von Duport componirten und reizend gespielten Menuett Variationen zu componiren (29 April 1789) und vorzutragen, und suchte beim König gegen ihn zu intriguiren. Dies hatte freilich keinen Erfolg, der König zog Mozart regelmäßig zu seinen Concerten und ließ sich gern von ihm vorspielen. Als er ihn fragte, was er von der Berliner Kapelle halte, antwortete Mozart freimüthig, sie vereinige die größten Virtuosen der Welt, aber wenn die Herren zusammenwären könnten sie es besser machen21. Daran knüpfte sich der Antrag des Königs, [476] die Stelle eines Kapellmeisters mit einem Gehalt von 3000 Thalern zu übernehmen, welchen Mozart aus Rücksicht auf den Kaiser Joseph ablehnen zu müssen glaubte22.

Mozart wohnte in Potsdam im Hause des vorzüglichen Hornisten Thürschmidt, den er bei seinem Aufenthalt in Paris hatte kennen lernen, und verkehrte besonders viel mit Sartory, einem Künstler architektonischer Ornamente, der in Italien gewesen war, die Musik liebte und sich so eben den ersten Streicherschen Flügel aus Wien hatte kommen lassen. In seinem gastfreien Hause sammelte sich alles, was sich für Musik interessirte und Mozart war durch sein Spiel wie durch seine gute Laune der Mittelpunkt dieser heiteren Gesellschaften23. Auch war er viel im Hause der trefflichen Sängerin Sophie Niclas24, der Schwester des Kammermusikus [477] Semler. »Einstmals wurde er dort aufgefordert zu phantasiren. Wie er immer bereitwillig war, so auch hier. Er setzte sich aus Klavier; von den anwesenden Musikverständigen hatte er sich zwei Themata geben lassen. Die Sängerin trat neben seinen Stuhl, um ihn auch spielen zu sehen. Mozart, der gern mit ihr scherzte, sah zu ihr hinauf und sagte in seiner gemüthlichen österreichischen Mundart: Nun? habens auch an Themerle aufm Gewissen? Sie sang ihm eins. Er begann nun das reizendste Spiel, bald mit diesem, bald mit jenem Thema und zum Schluß brachte er sie alle drei zusammen, zum höchsten Genuß und Erstaunen der Anwesenden«25.

Man hatte Mozart beredet von Berlin aus noch einmal wieder nach Leipzig zurückzukommen, wo mittlerweile die Vorbereitungen zu einem Concert getroffen werden sollten, besonders Lichnowsky, der den besten Erfolg davon erwartete, hatte ihn in diesem Vorhaben bestärkt; er fügte sich und langte den 8 Mai dort wieder an.

In der Probe zu seinem Concert nahm er das Tempo des ersten Allegros seiner Symphonie sehr rasch, so daß das Orchester nach kurzer Zeit ins Schleppen gerieth. Mozart machte Halt, sagte worin gefehlt sei und fing von Neuem ebenso geschwind wieder an, that alles um das Orchester im Zuge zu erhalten und stampfte den Takt so gewaltig, daß seine stählerne Schuhschnalle in Stücke sprang. Er lachte dazu und ließ als das Schleppen nicht nachließ zum drittenmal anfangen; die Musiker, welche unwillig über die Hudelei geworden waren, arbeiteten erbittert darauf los und [478] nun ging es. »Wundern Sie sich nicht,« sagte er nachher zu einigen Kennern, gegen die er kurz zuvor mißbilligend über zu rasches Tempo gesprochen hatte, »es war nicht Caprice, ich sahe aber, daß die meisten Musiker schon ziemlich bejahrte Leute waren; es wäre des Schleppens kein Ende gewesen, wenn ich sie nicht erst ins Feuer getrieben und böse gemacht hätte, vor lauter Aerger thaten sie nun ihr Möglichstes.« Alles übrige nahm er in gemäßigterem Tempo, und nachdem die Arie probirt war, lobte er das Accompagnement des Orchesters und meinte es sei unnöthig auch seine Concerte zu probiren: »die Stimmen sind richtig geschrieben, Sie spielen richtig und ich auch« – und der Erfolg entsprach seiner Erwartung26.

Das Concert27 war übrigens nur schwach besucht und brachte so geringen Ertrag, daß er die Reise fast umsonst gemacht hatte. Von den Anwesenden hatte fast die Hälfte Freibillets erhalten, die er nach seiner gewöhnlichen Liberalität28 an alle austheilte, die er nur kannte. Da er keinen Chor gebrauchte, so waren die ziemlich zahlreichen Chorsänger der Sitte nach vom freien Eintritt ausgeschlossen. Einige derselben erkundigten [479] sich beim Billetteur, wie es damit gehalten werde; auf seine Anfrage hieß ihn Mozart sogleich alle diese braven Leute einzulassen: »wer wild es mit so etwas genau nehmen?«29 Seiner guten musikalischen Laune und Gefälligkeit that der schwache Besuch des Concerts gar keinen Eintrag. Er führte in demselben nur eigene, damals noch ungedruckte Compositionen auf, zwei Symphonien, dann sang die Duschek, welche nach Leipzig gekommen war, die für die Storace componirte Arie mit obligatem Klavier (III S. 281f.), er selbst spielte zwei Concerte, darunter das große in C-dur (S. 52, 11), wie gewöhnlich aus dem Kopf (III S. 438). Als man ihn zum Schluß noch bat zu phantasiren, war er auch dazu gleich bereit (III S. 463); ja als sei er nun erst recht warm geworden, nahm er den ihm lieb gewordenen Berger mit sich auf sein Zimmer und spielte ihm bis tief in die Nacht nach Herzenslust vor (III S. 325)30.

Bei seiner Rückkehr nach Berlin fand am 19 Mai die komische Scene in der Oper während der Entführung Statt, welche bereits erzählt wurde (III S. 122). Sein Anerbieten der Mad. Baranius die Rolle des Blondchen einzustudiren soll, wie eine alte Tradition in Berlin erzählt31, ihn in ein bedenkliches Abenteuer verwickelt haben. Henriette Baranius, welche 1784 sehr jung die Berliner Bühne betrat, wurde durch ein nicht unbedeutendes Talent als Schauspielerin [480] und Sängerin, ganz besonders aber durch ihre außerordentliche Schönheit und Anmuth der Liebling des Publicums32. Sie war sich dessen wohl bewußt und die Theaterrecensenten jener Zeit werden nicht müde ihrer geschmackvollen und glänzenden Toilette zu gedenken, die sie allen Erinnerungen zum Trotz selbst in solchen Rollen zur Schau trug, wo es durchaus unpassend war33. Man sagte ihr nach daß sie auch außerhalb des Theaters ihre Schönheit geltend zu machen nicht verschmähte und Mozart, heißt es, blieb gegen dieselbe so wenig unempfindlich, daß seine Freunde sich Mühe geben mußten ihn aus diesen Banden zu lösen – was gegenüber den Briefen an seine Frau schwer zu glauben ist34.

Harmloser war eine andere Begegnung im Theater. Ludwig Tieck verkehrte als Jüngling viel in Reichardts Hause und fing dort zuerst an »in den classischen Werken die Geheimnisse der Musik zu ahnen.« Er hatte – so berichtet R. Köpke (Ludw. Tieck I S. 86f. ) – durch Eingebung geleitet, im Gegensatz zum Modegeschmack, sich zu Mozarts großen Tondichtungen hingewandt, ohne sich durch die Tageskritiken und selbst so gewichtige Stimmen wie Reichardts irre machen zu lassen. Mozarts siegreicher Gegner war Dittersdorf, dessen komische Opern auch in Berlin unter großem Andrange des Publicums gegeben wurden. Man zog den Doctor und Apotheker dem Figaro und Don Juan vor, und die Liebe im Narrenhause konnte in öffentlichen Anzeigen als das erste musikalische Kunstwerk angepriesen [481] werden. In überraschender Weise sollte Ludwigs Anerkennung Mozarts belohnt werden. Als er eines Abends, es war im Jahr 1789, seiner Gewohnheit nach lange vor dem Anfange der Vorstellung die halbdunkeln noch leeren Räume des Theaters betrat, erblickte er im Orchester einen ihm unbekannten Mann. Er war klein, rasch, beweglich und blöden Auges, eine unansehnliche Figur im grauen Ueberrock. Er ging von einem Notenpult zum andern und schien die aufgelegten Musikalien eifrig durchzusehen. Ludwig begann sogleich ein Gespräch anzuknüpfen. Man unterhielt sich vom Orchester, vom Theater, der Oper, dem Geschmacke des Publicums. Unbefangen sprach er seine Ansichten aus, aber mit der höchsten Bewunderung von den Opern Mozarts. »Sie hören also Mozarts Opern oft und lieben sie?« fragte der Unbekannte; »das ist ja recht schön von Ihnen, junger Mann.« Man setzte die Unterhaltung noch eine Zeitlang fort; der Zuschauerraum füllte sich allmählich, endlich wurde der Fremde von der Bühne her abgerufen. Seine Reden hatten Ludwig eigenthümlich berührt, er forschte nach. Es war Mozart selbst gewesen, der große Meister, der mit ihm gesprochen, ihm seine Anerkennung ausgedrückt hatte35.

Bei diesem zweiten Aufenthalt in Berlin spielte Mozart am 26 Mai vor der Königin, weil es schicklich war sich bei ihr melden zu lassen, ein bedeutendes Honorar stand dort nicht in Aussicht; zu einem öffentlichen Concert kam es in Berlin auf den Rath seiner Freunde gar nicht, weil auf eine gute Einnahme nicht zu rechnen war, auch sah der [482] König es nicht gern. Dieser schickte ihm ein Honorar von 100 Friedrichsdor und äußerte den Wunsch daß Mozart Quartetts für ihn schreiben möchte. Das war der ganze Ertrag dieser Reise, noch geschmälert durch ein Darlehn von 100 Fl., welches Mozart einem unbekannt gebliebenen Freunde nicht glaubte abschlagen zu können; er hatte wohl Recht seiner Frau zu schreiben, daß sie sich bei seiner Rückkehr mehr auf ihn als auf das Geld freuen müsse.

Wie glänzende Erfolge erzielte dagegen Dittersdorf, als er im Juli desselben Jahrs nach Berlin kam. Er hatte die Zeit gewählt, wo der Besuch der Erbstatthalterin von Holland Festlichkeiten aller Art veranlaßte, und sich dem König, der ihn bei einem Besuch in Breslau selbst eingeladen hatte, durch Uebersendung von sechs neuen Symphonien ins Gedächtniß zurückgerufen. Bei seiner Ankunft wußte er sich gleich mit Reichardt gut zu stellen, ließ sich durch ihn bei der Mad. Rietz, nachherigen Gräfin Lichtenau, einführen, wurde dann vom König aufgefordert seinen Doctor und Apotheker einzustudiren und bei einem Hoffest in Charlottenburg zu dirigiren, und erhielt von ihm die Erlaubniß im Opernhause – das bis dahin nie anders als vom Hofe benutzt worden war – sein Oratorium Hiob aufzuführen, wozu ihm die Kön. Kapelle zur Verfügung gestellt war. Durch Hinzuziehen anderer musikalischer Kräfte kam eine Besetzung von 200 Personen zu Stande, die Ausführung gelang vollkommen und der Beifall war außerordentlich, so daß Dittersdorf an Geld und Ehren reich Berlin verlassen konnte36.

Am 28 Mai trat Mozart seine Rückreise über Dresden [483] und Prag an, wo er sich einige Tage aufhielt. Nach seiner Ankunft in Wien am 4 Juni machte er sich sogleich an ein Quartett für Friedrich Wilhelm II; noch im selbigen Monat wurde das Quartett in D-dur (S. 91) fertig, für dessen Zusendung ihn nach dem Bericht des Berliner Veteranen eine kostbare goldne Dose mit 100 Friedrichsdor und ein gnädiges Begleitschreiben belohnte37. Nichts desto weniger war seine Lage höchst traurig, seine Frau war so schwer erkrankt, daß er beständig zwischen Angst und Hoffnung schwebte, und die Kosten, welche ihm dadurch verursacht wurden, setzten ihn in Verlegenheiten, welche zu wirklicher Bedrängniß führten: »ich bin doch sehr unglücklich!« schrieb er am 17 Juli an seinen Freund Puchberg (Beil. XX, 3). Die sichere Aussicht auf eine dauernde Verbesserung seiner äußeren Lage, welche er in demselben Briefe ausspricht, gründete sich wie es scheint auf die Anerbietungen, die ihm in Berlin gemacht worden waren; er hatte sie dem Kaiser mitgetheilt und durfte also auf eine entsprechende Entschädigung rechnen. Allein die Umstände waren nicht günstig und Mozart nicht der Mann eine solche Angelegenheit mit Geschick und Nachdruck zu betreiben (III S. 187f.).

Indessen mochte dies doch eine Veranlassung sein den Figaro im August wieder auf die Bühne zu bringen; auf den Wunsch der damaligen ersten Sängerin Mad. Ferraresi del Bene schrieb Mozart für die Gräfin die große, bereits besorochene Arie (S. 231f.) und, wie ich erst jetzt nachweisen kann, für Susanna eine neue Ariette an die Stelle der Gartenarie (S. 226f.). Es ist dies die schon (III S. 349) erwähnte, unter den Liedern gedruckte Canzonette Un moto di gioja (Oeuvr. III, 20), welche in der [484] Originalpartitur als der Susanna gehörig bezeichnet ist38. Der Situation und dem Texte39 nach muß sie jener Arie der Gräfin vorangegangen sein und ist allerdings geeignet die letztere in ein um so glänzenderes Licht zu stellen. Denn sie ist flüchtig hingeworfen und in jeder Beziehung äußerst leicht gehalten, ohne den poetischen Gehalt der Gartenarie und überhaupt unbedeutender als irgend ein Musikstück im Figaro, [485] während sie mit manchen Arien in Così fan tutte eine gewisse Verwandtschaft offenbart. Wenn die Arie der Gräfin zu gewichtig für ihren Charakter ist, so ist diese für den der Susanna offenbar zu leicht ausgefallen. Wahrscheinlich war dieselbe für Mlle. Louise Villeneuve, eine damalige zweite Sängerin bestimmt, der er in den nächsten Monaten noch drei Arien als Einlegstücke in fremde Opern schrieb (III S. 286f.), vielleicht schon mit Rücksicht auf die eigene neue Oper, in welcher sie mitzuwirken hatte.

Der Beifall, mit welchem Figaro von Neuem aufgenommen wurde40, trug ohne Zweifel mit dazu bei daß Mozart vom Kaiser den Auftrag erhielt eine Oper zu schreiben41. Es war Così fan tutte osia La scuola degli amanti, zu welcher da Ponte wiederum den Text machte42. Wir finden Mozart im December 1789 mit derselben beschäftigt43, im [486] Januar 1790 ist sie als vollendet in sein Verzeichniß eingetragen; am 26 Jan. wurde sie zuerst aufgeführt44, wie es scheint, nicht ohne Erfolg45, obgleich sie nicht lange auf dem Repertoire blieb46. Leider sind wir über diese Oper[487] ohne alle nähere Auskunft was die Ausarbeitung und Aufführung betrifft47.

Fußnoten

1 Zeugniß davon legt ein unter dem 2 April 1789 ausgestellter Wechsel über 100 Fl., an Herrn v. Hofdankl oder dessen Ordre binnen vier Monaten zu zahlen, ab welchen Hr. Fr. Mendheim in Berlin im Original besitzt.


2 Ueber den Verlauf dieser Reise geben Mozarts Briefe an seine Frau (Beil. XIX) Auskunft, wozu noch manche Detailnotizen hinzukommen.


3 Joh. Leop. Neumann, geb. in Dresden 1748, wurde daselbst nach vollendeten Studien Sekretär beim geheimen Kriegsrathscollegium und 1795 Oberkriegs- und Proviantcommissarius. Anfangs durch Hagedorn begünstigt nahm er durch seine litterarische und musikalische Thätigkeit eine geachtete Stellung ein. Er übersetzte für Naumann, mit dem er nahe befreundet war, die Opern Cora und Amphion, sowie mehrere italiänische Cantaten und versuchte sich in verschiedenen Dichtungsarten. Im Jahr 1777 gründete er eine musikalische Akademie, welche bis zum Jahr 1783 größere, sehr gerühmte Aufführungen veranstaltete (Heymann Dresdens Schriftsteller u. Künstler S. 280f. Meißner Biogr. Naumanns II S. 267ff.). Seine Frau galt für eine vortreffliche Klavierspielerin.


4 Zu diesen gehörte in erster Reihe Körner; daß Mozart mit ihm bekannt geworden war beweist ein artiges von seiner Schwägerin Dora Stock 1789 mit Silberstift gezeichnetes Porträt Mozarts, welches kürzlich im Stich bei Schröder in Berlin publicirt ist. Hätte Schiller ein lebhafteres Interesse für Musik gehabt, würde ihm Körner gewiß über Mozart berichtet haben.


5 Einer Tradition zufolge pflegte Naumann Mozart einen musikalischen Sansculotten zu nennen. Doch wird von Mannstein (Gesch. Geist u. Ausübung des Gesanges S. 89) erzählt, Naumann habe, als er die Stelle tu sospiri, o duol funesto aus der für die Storace componirten Arie hörte, entzückt ausgerufen: »Das ist ein göttlicher Gedanke! Wer hat diesen Menschen gelehrt Theilnahme an fremdem Schmerze und den des eigenen Herzens in so wenigen Noten auszudrücken?«


6 Ein Bericht aus Dresden in der musik. Real-Zeitg. 1789 S. 191 lautet: »Am 14 April hat sich der berühmte Tonsetzer W. A. Mozart von Wien bei Sr. Kurfürstl. Durchlaucht auf dem Fortepiano hören lassen – außerdem hat er auch noch hier in Dresden in vielen herrschaftlichen und Privathäusern mit dem grenzenlosesten Beifall gespielt, seine Fertigkeit auf dem Klavier und dem Fertepiano ist ganz unaussprechlich – hierzu kommt nun noch seine außerordentliche Fertigkeit vom Blatt zu lesen, die wahrlich bis zum Unglaublichen geht – denn er selbst ist beinahe nicht im Stande durch Uebung eine Sache besser zu spielen als er sie gleich das erstemal spielt. Auch auf der Orgel hat er seine große Geschicklichkeit in der gebundenen Schreibart bewiesen. Er geht von hier nach Berlin.«


7 Joh. Wilh. Häßler hat seine früheren Schicksale in dem originellen Lebenslauf beschrieben, welcher vor dem zweiten Heft seiner Sechs leichten Sonaten (Erf. 1786) steht. Er ist 1747 in Erfurt geboren; sein Vater, »Erfinder der allgemein bekannten wollenen Plüschmützen«, ließ ihn zwar Musik bei Kittel lernen, hielt ihn aber bei seinem Handwerk fest und die Verhältnisse zwangen ihn auch später unter den ungünstigsten Verhältnissen Mützenfabrikant zu bleiben. Dabei trieb er mit Leidenschaft Musik, machte Kunstreisen, gründete 1780 ein Concertinstitut in Erfurt nach dem Muster des Hillerschen, das er selbst dirigirte, und erwarb sich als Virtuos und Componist bedeutenden Ruf. Im Jahr 1790 verließ er Erfurt, hielt sich 1791 in London auf, ging 1792 nach Petersburg und von da 1794 nach Moskau, wo er bis 1822 als Virtuos und Lehrer lebte.


8 Cramer Mag. f. Mus. II S. 404. »Der Klavierspieler Häßler aus Erfurt« schreibt Schiller an Körner (18 Aug. 1787 I S. 154) »spielte meisterhaft. Er componirt selbst sehr gut. Der Mensch hat viel Originelles und überaus viel Feuer.« Car. v. Wolzogen schreibt Schiller (18 Nov. 1788, litt. Nachl. I S. 203): »Mit Vergnügen hörte ich Häßler spielen. Das Clavier giebt einen rührendern und graziöseren Ton unter seiner Hand, und sein Ausdruck ist sehr lebhaft und wahr.«


9 Meyer, F. L. Schröder II, 1 S. 360.


10 Im musik. Wochenblatt wird folgende Anekdote erzählt (S. 71): Was halten Sie denn von dem Herrn Häßler? fragte ein Liebhaber einen neben ihm sitzenden Musiker, als sich der Erfurtische Orpheus auf der Garnisonsorgel zu Berlin hören ließ. – »Daß er mit seinen Händen wie ein Engel und mit den Füßen wie ein Teufel spielt.«


11 Mus. Real-Ztg. 1788 S. 56.


12 Joh. Fr. Doles, geb. 1715 zu Steinbach, studirte in Leipzig und wurde dort ein Schüler Joh. Seb. Bachs, 1744 wurde er als Cantor in Freiberg, 1756 in Leipzig an der Thomasschule angestellt, trat 1789 in den Ruhestand und starb 1797. Seine Abschiedscantate Ich komme vor dein An gesicht widmete er »zween seiner würdigsten Gönner und Freunde, Hrn. Mozart und Hrn. Naumann.«


13 Rochlitz Für Freunde der Tonk. III S. 222.


14 Reichardt mus. Ztg. I S. 132.


15 Jean Pierre Duport, geb. in Paris 1741, war als ausgezeichneter Violinist seit 1761 im Dienste des Prinzen von Conti, machte später mehrere Kunstreisen und trat 1773 in die Kapelle Friedrichs des Großen ein, wurde Lehrer des Kronprinzen, dann Director und Intendant seiner Kammermusik; er starb 1818. Er war als der erste Violoncellspieler allgemein anerkannt, Reichardt Briefe e. aufmerks. Reisenden I S. 177f. mus. Monatsschr. S. 19f.


16 Ueber ein Concert beim Kronprinzen berichtet Wolf (Auch eine Reise Weim. 1784 S. 10ff.).


17 Reichardt musik. Monatsschr. S. 70f. mus. Ztg. I S. 2f. Vgl. Schneider Gesch. der Oper S. 52f.


18 Interessant sind die Berichte über Dittersdorfs (Selbstbiogr. S. 248ff.) und Naumanns (Meißner Biogr. II S. 189ff. Naumanns Leben S. 267ff.) persönlichen Verkehr mit Friedrich Wilhelm II.


19 Sehr offen wird über seine Anmaßung gesprochen mus. Monatsschr. S. 20; vgl. Schneider Gesch. der Oper Beil. XXXVI, 15. 16. Der ausgezeichnete Violinspieler Giornovichi hatte schon früher die Dienste des Kronprinzen verlassen, weil er ebenso stolz und leidenschaftlich sich mit Duport nicht vertragen konnte (ebend. S. 71).


20 So erzählt ein Berliner musikalischer Veteran (neue Berl. Mus. Ztg. 1856 S. 35).


21 Rochlitz A. M. Z. I S. 22. Auch was Dittersdorf von dem Erfolg seines Dirigirens und den darüber geschehenen Aeußerungen erzählt (Selbstbiogr. S. 267f.) scheint darauf hinzuweisen, daß man mit Reichardts Direction nicht zufrieden war. Ob hierin auch ein Grund der Mißstimmung lag, welche sich in den Urtheilen Reichardts und der von ihm beeinflußten Journale über Mozart so unverkennbar ausspricht, wage ich nicht zu entscheiden (vgl. Rochlitz A. M. Z. XXX S. 491f.). Jedenfalls lag sie tief in Reichardts Natur begründet die im stärksten Gegensatz zu der Mozarts stand. Er war sicherlich ein bedeutender Mensch, von entschiedenem musikalischen Talent, scharfem Verstand, vielseitiger Bildung und großer Energie, aber Leidenschaftlichkeit, Ehrgeiz und Eitelkeit ließen ihn selten zu einem reinen Resultat kommen, da er in fortwährender Unruhe die nächsten Mittel aufbot um eine Rolle zu spielen. Der Journalist und der Musiker, der Kritiker und der Componist waren einander fast immer im Wege, und während er fortwährend einen scharfen Begriff des Stils geltend zu machen suchte, schwankte er in seinen größeren Compositionen unsicher hin und her und brachte es selten über berechnete Effecte hinaus. Eine Natur wie die Mozarts, welche um alles andere unbekümmert nur künstlerischen Impulsen folgt, aus innerer Nothwendigkeit das Höchste schafft und gar nichts dazu thut ihm äußerlich Geltung zu verschaffen, mußte ihm unbegreiflich sein und da sie ihm überall unbequem in den Weg trat eine tiefe Abneigung einflößen, welche er durch Polemik vor sich selbst zu rechtfertigen suchte.


22 Vgl. III S. 187f. Der Veteran versichert in der in der Kön. Bibliothek in Berlin aufbewahrten musikalischen Correspondenz sei nichts von derartigen Verhandlungen zu finden; auch meine von kundigen Freunden unterstützten Nachforschungen in den betreffenden Archiven haben dasselbe negative Resultat gehabt. Es wird also bei jener Unterredung sein Bewenden gehabt haben; die Art wie Mozart seiner Frau schreibt, sie solle damit zufrieden sein, daß er so glücklich sei beim König in Gnaden zu stehen, scheint allerdings auf bestimmte Aeußerungen hinzuweisen.


23 So erzählt der Veteran a. a. O. Wenn er aber ferner von einer Tradition berichtet, nach welcher Mozart in einer lustigen Gesellschaft um zu beweisen, daß die Protestanten von katholischer Kirchenmusik nichts verstehen könnten, er aber ein Stück zu componiren im Stande sei das für Protestanten so gut als für Katholiken passe, das Ave verum niedergeschrieben habe, so verdient diese gegenüber der Angabe in Mozarts eigenhändigem Verzeichniß daß dasselbe am 18 Juni 1791 in Baden componirt sei offenbar gar keinen Glauben.


24 In der Berliner Litt. u. Theat. Ztg. (1784 II S. 160) ist ein Gedicht an S. Niclas, »als sie auf dem Hoftheater in Schwedt die Constanze in der Entführung nach der vortrefflichen Mozartschen Composition vorzüglich gut gespielt hatte.«


25 So wird nach Semlers Erzählung berichtet Boss. Ztg. 1857, 11 März Beil. S. 7.


26 A. M. Z. I S. 85f. 179. Die Scene hatte solchen Eindruck gemacht, daß ein Bratschist auf seiner Stimme die Stelle bemerkt hatte, wo Mozart den Takt mit Füßen trat daß ihm eine Schuhschnalle absprang. Der alte Orchesterdiener Griel in Leipzig hatte sie aufbewahrt und zeigte sie zum Wahrzeichen.


27 Die Anzeige in der Leipz. Zeitg. 1789 N. 91 und 92 lautet: »Heute als den 12 Mai wird Herr Capellmeister Mozart, in wirklichen Diensten Sr. K. K. Maj. eine musikalische Akademie in dem großen Conzertsaale zu seinem Vortheil geben. Die Billets sind für 1 Gulden bey Hrn. Rost in Auerbachs Hofe und bei dem Einlasse des Saales zu bekommen. Der Anfang ist um 6 Uhr.«


28 Andere Züge derselben sind nach Rochlitz (A. M. Z. I S. 81f.) schon III S. 247 erwähnt.


29 Auch darin war er von Vogler verschieden. Als dieser nach Leipzig kam, quartierte er sich ungebeten und unangemeldet bei einem angesehenen Musikalienhändler ein, zu dem er in keinerlei persönlichem Verhältniß stand. Am Concerttag erbat er sich die Ehre die Frau vom Hause ins Concert zu führen und führte sie auch wirklich – an die Casse, wo er ihr überließ sich ein Billet zu kaufen.


30 Am 17 Mai componirte er in Leipzig noch für den Hoforganisten Engel an der Schloßkapelle die prächtige kleine Gique (III S. 379f.).


31 Neue Berl. Mus. Ztg. 1856 S. 36.


32 Eine begeisterte Schilderung ihrer Schönheit giebt Rahel (I S. 62).


33 Man sehe Schröders Urtheile über sie (Meyer, Schröder II, 1 S. 93ff.).


34 Mad. Baranius verließ 1797 die Bühne und heirathete zwei Jahre darauf den Kämmerer Rietz, den ehemaligen Scheinmann der Gräfin Lichtenau.


35 Daß im Jahr 1789 allein von Mozarts Opern die Entführung in Berlin gegeben war, Figaro und Don Giovanni dort erst im November und December 1790 auf die Bühne kamen ist bekannt. Man sieht daraus von Neuem, wie leicht Jugenderinnerungen in späteren Erzählungen mit anderweitigen Reminiscenzen versetzt werden.


36 Sein Bericht über den Berliner Aufenthalt (Selbstbiogr. S. 253ff.) ist sehr charakteristisch und unterhaltend; vgl. mus. Monatsschr. S. 41.


37 Neue Berl. Mus. Ztg. 1856 N. 5 S. 35.


38 Die Originalpartitur, welche nach der Angabe von Al. Fuchs im Besitz einer Gräfin Wimpfen war, gehört Herrn F. Mendheim in Berlin, der mir dieselbe freundlichst mitgetheilt hat. Sie trägt die Ueberschrift da Wolfgango Amadeo Mozart und neben der Singstimme steht von Mozarts Hand Susanna. Die Jahreszahl ist nicht angemerkt, die Handschrift weist in diese Zeit. Allerdings ist dies das einzige mir bekannte Beispiel einer von Mozart nicht in sein Verzeichniß eingetragenen Composition; indessen wird man doch kaum annehmen können daß sie schon für die erste Aufführung geschrieben und bei Seite gelegt sei, da sich durchaus kein Platz für dieselbe ermitteln läßt. Merkwürdig ist freilich daß Mozart in seinem Verzeichniß beim Figaro angiebt pezzi di musica 34, während wir nur 30 zählen. Allein der Chor im ersten Act n. 8 ist zweimal geschrieben, also auch doppelt gezählt, und im dritten Act (n. 8) sind wahrscheinlich das Ballet und der wiederholte Chor für sich gerechnet. Die dann noch fehlende Nummer scheint die nicht erhaltene Arie Cherubins gewesen zu sein (S. 234f.).


39 Die Worte lauten:


Un moto di gioja mi sento nel petto,

Che anunzia diletto

In mezzo il timor.

Speriamo che in contento finisca l'affanno,

Non sempre è tiranno

Il fato ed amor.


Von einer anderen Hand ist hinzugesetzt Le nozze di Figaro, n. 13 Atto 2do – die Oper war also damals in zwei Aufzüge getheilt, wo dann N. 13 in die Gartenscene nach Figaros Arie trifft – und das Stichwort è pur n'ho paura, welches sich in unserer Partitur nicht findet und darauf hinweist daß der Dialog jener Scene geändert worden war um die beiden neuen Arien einzuführen.


40 Vom 29 August an, wo Figaro zuerst wieder auf die Bühne kam, wurde er elfmal gegeben (31 Aug. 2. 11. 19 Sept. 3. 9. 24 Oct. 5. 13. 27 Nov.), im Jahr 1790 funfzehnmal, im Jahr 1791 dreimal.


41 »Man wundert sich allgemein«, sagt Niemtschek S. 29 »wie der Mann sich herablassen konnte, an ein so elendes Machwerk von Text seine göttlichen Melodien zu verschwenden. Es stand nicht in seiner Gewalt den Auftrag abzulehnen, und der Text ward ihm ausdrücklich aufgetragen.«


42 Da Ponte erwähnt derselben nur ganz kurz ohne irgendwelche nähere Angaben (mem. II p. 109).


43 Das Verzeichniß Mozarts weist nach seiner Rückkehr folgende Compositionen auf:


1789 Juni Ein Quartett für 2 Violin Viola und Violoncello für S. Maj. den König in Preußen (D-dur S. 91).

Juli Sonate auf Klavier allein (D-dur S. 34).

Rondo in meine Oper Figaro für Mad. Ferraresi del Bene Al desio (S. 231f.).

August Aria in die Oper I due baroni für Mlle. Louise Villeneuve Alma grande e nobil core.

17 Sept. Aria in die Oper Der Balbier von Seviglien für Mad. Hofer »Schon lacht der holde Frühling«.

22 Sept. Quintett für Clarinetto, 2 Violin, Viola und Violoncello (A-dur S. 107f.). Es wurde zuerst öffentlich gespielt im Concert für den Pensionsfonds am 22 Dec. 1789 (N. Wien. Mus. Ztg. 1852 N. 35).

Octob. Arie in die Oper Il burbero für Mlle. Villeneuve Chi , chi qual sia.

Detto. Vado! ma dove? (III S. 286f.).

Decemb. Eine Arie welche in die Oper Così fan tutte bestimmt war für Benucci. Rivolgete à me lo sguardo.

12 Menuetts und 12 Teutsche.


44 Die Besetzung war folgende:


FiordiligiSgra. Ferraresi del Bene.

DorabellaSgra L. Villeneuve.

DespinaSgra. Bussani.

FerrandoSign. Calvesi.

GuillelmoSign. Benucci.

Don AlfonsoSign. Bussani.


45 In einem Bericht aus Wien vom 27 Jan. 1790 (Journ. des Luxus u. d. Moden 1790 S. 148f.) heißt es: »Ich kündige Ihnen wieder ein neues vortreffliches Werk von Mozart an, das unser Theater erhalten hat. Gestern nämlich wurde es zum erstenmal auf dem k.k. Nationaltheater gegeben. Es hat den Titel Così fan tutte osia La scuola degli amanti. Der Text ist von Hrn. Abbate da Ponte, Dichter des italiänischen Singspiels beim k.k. Hoftheater. Von der Musik ist, glaub ich, alles gesagt, daß sie von Mozart ist.«


46 Sie wurde nach der ersten Aufführung wiederholt am 28. 30 Jan. 7. 11. Febr. Nach dem am 20 Febr. erfolgten Tode Josephs II blieben die Theater bis zum 12 April geschlossen; Mozarts Oper wurde wieder gegeben 6. 12 Juni, 6. 16 Juli. 17 Aug., also im Ganzen zehnmal, dann ließ man sie liegen, und führte sie erst 1794 in deutscher Bearbeitung wieder auf.


47 Die Originalpartitur im Besitze Andrés (Verz. 45) ist ganz in Mozarts gewöhnlicher Weise eingerichtet und geschrieben. Sie ist fast vollständig erhalten, denn außer einigen Extrablättern für die Blasinstrumente, die auch hier leider abhanden gekommen sind, fehlen nur die Recitative der Scena XI und XII (von fremder Hand ergänzt, das Duett 29 ist in Mozarts Handschrift vorhanden), das Ständchen (21), das begleitete Recitativ der Fiordiligi vor der Arie 25 und die ganze Scena XIII des zweiten Acts. Die Partitur ist gedruckt bei Breitkopf und Härtel in Leipzig, im Ganzen correct, doch mit einigen Auslassungen, wel che später näher anzugeben sind.


Quelle:
Jahn, Otto: W.A. Mozart. Band 4, Leipzig: Breitkopf und Härtel, 1859, S. 1.
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