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[61] Original: im Mozarteum


An Karl Mozart in Mailand


Wien, den 24. Februar 1810.


Lieber Karl!


Ich freue mich mit Dir des Fortepianos wegen, aber wie schicke ich es Dir? Wo ich auch noch deßwegen angefragt habe, haben sie überall zwanzig Dukaten für die Fracht begert; selbst Artaria kann es nicht wohlfeyler übernehmen. Dann kommt erst noch das Empaliren dazu, welches gewiß auch zwanzig bis vierzig Gulden ausmacht. Willst Du dies alles daran wenden, denn ich kann es nicht, so schreibe mir mit erster Post, und ich gebe es Artaria, damit Du es so geschwind wie möchlich bekommst. Dein guter Vater glaubt, daß vielleicht Herr Bridi, mit welchem Du jetzt mündlich sprechen kannst, Dirs wohlfeyler verschaffen wird können, allein ich glaube es nicht und bins sogar überzeugt; zudem würdest Du noch lange warten müßen und doch nichts dabey spahren. Ich rathe Dir also herzlich, es gleich kommen zu lassen. Solch ein Vergnügen kann man ja nicht zu theuer bezahlen, und wenn es Dir halb so werth ist wie mir (die ich mich, wenn es nicht für Dich wäre, mit Thränen davon trennen würde), so wirst Du es gerne bezahlen und es Dir lieber an etwas anderm abgehen laßen.

Und nun zu der frohen Neuigkeit. Was sagst Du zu der glücklichen Wahl unserer Prinzeßin Louisa? Kayserin von Franckreich!! Hast Du Dir diese[61] glückliche Wendung jeh vorstellen können? Nein, wir alle nicht. Alles ist außer sich for Freuden. Man siehet lauter frohe Gesichter. Kein Mensch gehet auf den Füßen, sondern auf dem Kopfe. Kurz, man ist wie berauscht for lauter Vergnügen darüber. Selbst unsere Kayserin, die, wie Du weißt, sehr kränckelte, vergißt ihren Schmerz und ist gesund, so zwar daß sie bey allen Feuerlichkeiten zugegen seyn will und sich schon jetzt um alles so sehr annimmt, daß alles, was zu der Prinzeßin ihrer Ausstafierung gehört und gekauft wird, alles durch ihre Hand gehen muß. Diese gütige, zährtliche, von allen Menschen hochgeschätzte Kayserin und Mutter presst mir oft Thränen der Freuden darüber aus. Gott gebe ihr nur tauerhafte Gesundheit für ihr edles Herz.

Bis den 3. März ist der Einzug des Fürsten von Neuchâtel, der die glückliche Braud holt. Am 5. ist die Vermählung, Beleichtung der Stadt und aller Vorstädte; dan freu Theater, freu Redoute und gottweiß was noch alles. Du wirst es schon noch alles in den Zeitungen lesen. Ich bin selbst so verwirrt, daß ich Dir nicht alles schreiben kann. Gott gebe, daß mit dieser tugendhaften schönen Prinzeßin die Herzen alle so verändert werden, daß nie mehr Krieg mit Ostreich werde. Dann ist ihre Tugend belohnt. Möge sie durch ihre Schönheit und Tugend den großen Napoleon mit ihrem Vater so aussöhnen, daß sie die engste Freundschaft zwischen ihnen finden. So kann Östreich noch glücklich werden. Amen! Ich muß aufhören, sonst komme ich zu weit und kann gar nicht mehr aufhören. Du mußt mirs für heute nicht übel nehmen, wenn ich Dir nichts mehr sage als daß Du mir gleich wegen des Pianoforte schreiben und zwar Bestimmtes schreiben sollst, und daß ich nie aufhören werde Dich zu lieben, so wahr ich bin Deine Mutter

Constance Nißen.


[Nachschrift:] Deinem Bruder, der Dich vielmahls küßen läßt und klagt daß er erst einen Brief von Dir hat, habe ich alle diese Neuigkeiten schon vorige Woche geschrieben, denn er ist ein großer Politiquer, und ich kann ihm keine größere Freude machen, als wenn ich ihm welche mittheile, umsomehr da dort, wo er ist, keine Zeitung hinkommt. Nun lebe wohl und antworte gleich!
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[Nachschrift von Nissen:]

2. März: Ankunft des Fürsten von Neuchâtel als Brautwerbers. Wohnt in der Kaiserlichen Burg in den vormaligen Gemächern des Fürsten Colloredo, Reichsvicekanzlers. Hat Trabanten zur Wache.

3. März: Öffentlicher Einzug desselben vom Schwarzenbergischen Garten her.

Öffentliches Begehren. Großes Appartement.

4. März: Renunciationen. Redoute, freye, in Gala.

5. März: Vermählung in der Augustinerburgkirche. Souper im neuen großen Saal. Beleuchtung der Stadt.

6. März: Hofball im neuen Saal.

8. März: Abreise Ihrer Majestät der Kaiserin der Franzosen.

So war die erste Anordnung. Man spricht jetzt von einigen Abänderungen derselben.

Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 61-63.
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