158. Mozarteum.

[295] Wien 13. Juni 1781.

Bester aller Väter! wie herzlich gerne wollte ich Ihnen nicht ferner noch meine besten Jahre an einem Orte aufopfern, wo man schlecht bezahlt ist, – wenn dieß allein das Uebel wäre. Allein schlecht bezahlt und obendrein verspottet, verachtet und cujonirt, das ist doch wahrlich zu viel. Ich habe für des Erzbischofs Academie hier eine Sonate für mich, dem Brunetti und Ceccarelli ein Rondo geschrieben, habe bei jeder Academie zweimal gespielt und das letztemal, da alles aus war, eine ganze Stunde noch Variationen (dazu mir der Erzbischof[295] das Thema gab) gespielt, und da war so ein allgemeiner Beifall, daß, wenn der Erzbischof nur ein wenig ein menschliches Herz hat, er gewiß hat Freude fühlen müssen; und anstatt mir wenigstens seine Zufriedenheit und Wohlgefallen oder meinetwegen gar nichts zu zeigen, macht er mich aus wie einen Gassenbuben, sagt mir ins Gesicht, ich soll mich weiter scheren, er bekomme hundert, die ihn besser bedienten, als ich. Und warum? Weil ich nicht eben den Tag abreisen konnte, da er sich es eingebildet hat; ich muß vom Hause weg, muß von meinem Geld leben und soll nicht die Freiheit haben abzureisen, wenn es mir mein Beutel gestattet, – da ich dazu in Salzburg nicht nöthig war und der ganze Unterschied in 2 Tagen bestand. Der Erzbischof hat mir zweimal die größten Impertinenzen gesagt und ich habe kein Wort gesagt; noch mehr, ich habe bei ihm mit dem nämlichen Eifer und Fleiß gespielt, als wenn nichts wäre; und anstatt daß er meinen Diensteifer und mein Bestreben ihm zu gefallen erkennen sollte, geht er eben in dem Augenblick, da ich mir eher was anderes versprechen konnte, zum drittenmal auf die abscheulichste Art von der Welt mit mir um. – Und damit ich nur gar kein Unrecht habe, sondern gänzlich Recht behalte, – es ist als wenn man mich mit Gewalt weg haben wollte; nu, wenn man mich nicht haben will, es ist ja mein Wunsch; anstatt daß Graf Arco meine Bittschrift angenommen oder mir Audienz verschafft oder gerathen hätte selbe nachzuschicken oder mir zugeredet hätte, die Sache noch so zu lassen und besser zu überlegen, a fin, was er gewollt hätte, – nein, da schmeißt er mich zur Thür hinaus und gibt mir einen Tritt im H–. Nun das heißt auf deutsch, daß Salzburg nicht mehr für mich ist, ausgenommen mit guter Gelegenheit dem Hrn. Grafen wieder ingleichen einen Tritt im A– zu geben, und sollte es auf öffentlicher Gasse geschehen. Ich begehre gar keine Satisfaction deßwegen beim Erzbischof, denn er wäre nicht im Stande, sie auf solche Art mir zu verschaffen, wie ich sie mir selbst nehmen muß; sondern ich werde nächster Tage dem Hrn. Grafen schreiben, was er sich von mir zuverlässig zu erwarten hat, sobald das Glück will, daß ich ihn[296] treffe, es mag sein wo es will, nur an keinem Ort, wo ich Respect haben muß.

Wegen meinem Seelenheil seien Sie ohne Sorgen, mein bester Vater! Ich bin ein fälliger junger Mensch wie alle andern und kann zu meinem Trost wünschen, daß es alle so wenig wären, wie ich. Sie glauben vielleicht Sachen von mir, die nicht also sind. Der Hauptfehler bei mir ist, daß ich nach dem Scheine nicht allzeit so handle wie ich handeln sollte. Daß ich mich geprahlt hätte, ich esse alle Fasttage Fleisch, ist nicht wahr; aber gesagt habe ich, daß ich mir nichts daraus mache und es für keine Sünde halte, denn Fasten heißt bei mir sich abbrechen, weniger essen als sonst. Ich höre alle Sonn- und Feiertage meine Messe, und wenn es sein kann die Werktage auch, das wissen Sie, mein Vater. Mein ganzer Umgang mit der Person von schlechtem Rufe bestand auf dem Ball, und den hatte ich schon lange, ehe ich wußte, daß sie von schlechtem Rufe sei, und nur darum, damit ich meiner gewissen Contredanse-Tänzerin sicher sei; dann konnte ich, ohne ihr die Ursache zu sagen nicht auf einmal abbrechen, und wer wird jemand so etwas ins Gesicht sagen? Habe ich sie nicht auf die Letzt öfters angesetzt und mit andern getanzt? Ich war auch dießfalls ordentlich froh, daß der Fasching ein Ende hatte. Uebrigens wird kein Mensch sagen können, daß ich sie sonst wo gesehen hätte oder in ihrem Hause gewesen sei, ohne für einen Lügner zu passiren. Uebrigens seien Sie versichert, daß ich gewiß Religion habe, – und sollte ich das Unglück haben, jemals (welches Gott verhüten wird) auf Seitenwege zu gerathen, so spreche ich Sie, mein bester Vater, aller Schuld los. Denn nur ich allein wäre der Schurke; Ihnen habe ich alles Gute sowohl für mein zeitliches als geistliches Wohl und Heil zu verdanken. –

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 295-297.
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