169. Mozarteum.

[317] Wien 5. Sept. 1781.

Ich schreibe Ihnen nun in meinem neuen Zimmer, auf dem Graben Nr. 1175 im 3. Stock. Aus dem, wie Sie mein letztes Schreiben aufgenommen, sehe ich leider, daß Sie (als wenn ich ein Erzbösewicht oder ein Dalk oder beides zugleich wäre) mehr dem Geschwätz und Schreiberei anderer Leute trauen als mir, und folglich gar kein Vertrauen auf[317] mich setzen. Ich versichere Sie aber, daß mir dies Alles gar nichts macht; die Leute mögen sich die Augen aus dem Kopf schreiben, und Sie mögen ihnen Beifall geben, wie Sie wollen, so werde ich mich deswegen um kein Haar ändern, und der nämliche ehrliche Kerl bleiben, wie sonst. Und das schwöre ich Ihnen, daß wenn nicht Sie es hätten haben wollen, daß ich ein anderes Quartier nehmen sollte, ich gewiß nicht würde ausgezogen sein; denn es kommt mir vor, als wenn einer von seinem eigenen commoden Reisewagen sich in einen Postwagen setzte. – Doch stille davon, denn es nützt doch nichts, denn die Faxen die, Gott weiß wer, Ihnen in den Kopf gesetzt hat, überwiegen doch immer meine Gründe. Nur das bitte ich Sie, wenn Sie mir etwas schreiben, das Ihnen an mir nicht recht ist, und ich schreibe Ihnen dann wieder meine Gedanken darüber, so halte ich es allzeit für etwas, das zwischen Vater und Sohn geredet ist, also ein Geheimniß und nicht als etwas, das andere auch wissen sollen. Mithin bitte ich Sie, lassen Sie es dann dabei bewenden und adressiren Sie sich nicht an andere Leute; denn bei Gott, andern Leuten geb ich nicht fingerlang Rechenschaft von meinem Thun und Lassen, und sollte es der Kaiser sein. Haben Sie immer Vertrauen auf mich, denn ich verdiene es. Ich habe Sorge und Kümmernisse genug hier für meinen Unterhalt; verdrießliche Briefe zu lesen ist dann gar keine Sache für mich. Ich habe vom Anfang, als ich hierher kam, von mir ganz allein leben müssen, was ich durch meine Bemühung habe erhalten können; die andern haben immer ihre Besoldung dabei bezogen. Ceccarelli hat mehr verdient als ich, hat sich aber hier brav ausgeleert; wenn ich es so gemacht hätte, so wäre ich gar nicht im Stande gewesen zu quittiren. Daß Sie, mein liebster Vater, noch kein Geld von mir bekommen, ist gewiß meine Schuld nicht, sondern die dermalige üble Saison. Haben Sie nur Geduld, ich muß sie ja auch haben; ich werde Sie bei Gott nicht vergessen. – Als die Historie mit dem Erzbischof war schrieb ich um Kleider, ich hatte ja nichts bei mir, als mein schwarzes Kleid. Die Trauer war aus, es wurde warm, die Kleider kamen nicht, ich mußte mir also machen lassen, wie ein Lump konnte ich in Wien nicht herumgehen, besonders[318] in diesem Falle; meine Wäsche sah aus zum Erbarmen, kein Hausknecht hatte hier Hemden von so grober Leinwand als ich sie hatte; und das ist gewiß das Abscheulichste an einem Mannsbild, – mithin wieder Ausgaben. Ich hatte eine einzige Scolarin, die blieb mir drei Wochen aus, da verlor ich wieder dabei; wegwerfen darf man sich nicht hier, das ist ein Hauptprincipium, sonst hat man es auf immer verdorben. Wer am impertinentesten ist, der hat den Vorzug. – Aus allen Ihren Briefen seh ich, daß Sie glauben, daß ich nichts thue, als mich amüsiren; da betrügen Sie sich wohl stark, ich kann wohl sagen, daß ich gar kein Vergnügen habe, gar keins, als das einzige, daß ich nicht in Salzburg bin. Im Winter hoffe ich, daß alles gut gehen wird, und da werde ich Sie bester Vater gewiß nicht vergessen. Sehe ich, daß es gut thut, so bleibe ich noch länger hier; wo nicht, so habe ich im Sinne, schnurgerade nach Paris zu gehen, und darüber bitte ich Sie um Ihre Meinung.

P.S. Mein Compliment an die Duscheckischen; bitte mit Gelegenheit mir auch die Arie die ich für die Baumgarten [S. 235] gemacht, das Rondo für die Duscheck und dem Ceccarelli seines zu schicken.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 317-319.
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