207. Mozarteum.

[386] Wien 12. Oct. 1782.

Wenn ich hätte vorsehen können, daß die Copisten in Salzburg so viel zu thun haben; so würde ich mich doch entschlossen haben, die Oper hier copiren zu lassen. Nun muß ich halt zum Herrn Gesandten gehen und ihm die wahre Ursache entdecken. Doch bitte ich Sie Ihr Möglichstes zu thun, daß ich sie bald erhalte. Wie eher, je lieber. Sie glauben, ich würde von keinem Copisten in Wien sie in so kurzer Zeit erhalten; und ich wollte sie doch vom Theatercopisten in Zeit von acht Tagen, oder längstens zehn Tagen bekommen. Daß Gatti [Librettist, vgl. Nr. 216] der Esel, den Erzbischof gebeten, eine Serenada schreiben zu dürfen, macht ihn schon würdig diesen Namen tragen zu dürfen, und mich vermuthen, daß er auch auf seine Gelehrsamkeit in der Musik anzuwenden wäre.

Sie schreiben daß 400 Fl. jährlich gewisses Geld nicht zu verachten seien. Wenn ich nebenbei mich gut hinauf arbeiten kann und folglich diese 400 Fl. als eine Beihülfe ansehe, so ist es ganz gewiß; doch ist hier leider dieser Fall nicht. Hier ist mein bestes Einkommen 400 Fl. – alles was ich sonst verdienen kann, muß ich als eine Beihülfe ansehen, und zwar als eine sehr unsichere und folglich sehr geringe Beihülfe, – weil Sie leicht vermuthen können, daß man mit einer solchen Schülerin wie eine Prinzessin ist, nicht so verfahren kann wie mit einer anderen Dame. Wenn es so einer Prinzessin eben nicht gelegen ist, so hat man die Ehre zu warten. Sie logirt bei den Salesianerinnen auf der Wieden. Will man nicht zu Fuße gehen, so hat man wenigstens die Ehre einen Zwanziger hin und her zu bezahlen. Da bleiben mir von meiner Besoldung noch 304 Fl. übrig, – NB. wenn ich die Woche nur dreimal Lection gebe. – Muß ich also warten, – so versäume ich unterdessen meine andern Scolaren oder andere Geschäfte (womit ich mir leicht[386] mehr als 400 Fl. verdienen kann). Will ich herein, – so muß ich doppelt mein Geld verfahren, weil ich wieder hinaus muß. Bleib ich draußen, – und ist es, wie ohne Zweifel Vormittag, kömmt die Mittagszeit – so kann ich auch die Ehre haben in einem Wirthshause schlecht und theuer zu essen, – kann durch das Versäumen anderer Lectionen sie gar verlieren, – da Jeder sein Geld für so gut hält, als der Prinzessin ihres; und verliere auch dabei die Zeit und die Laune mir mit der Composition desto mehr zu verdienen. Einem großen Herrn zu dienen (das Amt mag sein was es für eins wolle) gehört eine Bezahlung dazu, durch welche man im Stande ist, seinem Herrn allein zu dienen, – und nicht nöthig hat sich vor Mangel durch Nebenverdienste zu sichern. Vor Mangel muß schon gesorgt sein. – Glauben Sie nur nicht daß ich so dumm sein werde Jemanden das zu sagen, was ich Ihnen schreibe. Aber glauben Sie auch sicher, daß der Kaiser seine Schmutzigkeit selbst fühlt – und nur aus dieser Ursache mich umgangen hat. Hätte ich angehalten, ich wäre es gewiß; aber nicht mit 400 Fl. – aber auch nicht mit so viel als es billig wäre. Ich suche aber keine Scolaren, ich kann ihrer genug haben; – und ihrer zwei – ohne mir die geringste Ungelegenheit oder Verhinderniß zu machen, geben mir so viel als – die Prinzessin ihrem Meister, der dann keine andere Aussicht dabei hat, als daß er sein Lebtag nicht verhungern wird. Sie wissen wohl wie gemeiniglich Dienste von großen Herrn belohnt werden. Nun muß ich schließen, denn die Post geht ab. –

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 386-387.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Mozarts Briefe
Mozarts Briefe