246. Wiener Zeitschrift, 1842, Nr. 61.

[442] Verehrungswürdiger O.B.

Liebster, bester Freund!

Die Ueberzeugung, daß Sie mein wahrer Freund sind, und daß Sie mich als einen ehrlichen Mann kennen, ermuntert mich, Ihnen mein Herz ganz aufzudecken, und folgende Bitte an Sie zu thun. –

Ich will ohne Ziererei nach meiner angebornen Aufrichtigkeit zur Sache selbst schreiten. –

Wenn Sie die Liebe und Freundschaft für mich haben wollen, mich auf 1 oder 2 Jahre mit 1 oder 2 tausend Gulden gegen gebührende Interessen zu unterstützen, so würden Sie mir auf Acker und Pflug helfen! – Sie werden gewiß selbst sicher und wahr finden, daß es übel, ja unmöglich zu leben sei, wenn man von Einnahme zu Einnahme warten muß! – Wenn man nicht einen gewissen, wenigstens den [442] nöthigen Vorrath hat, so ist es nicht möglich, in Ordnung zu kommen – mit nichts macht man nichts.

Wenn Sie mir diese Freundschaft thun, so kann ich 1mo (da ich versehen bin) die nöthigen Ausgaben zur gehörigen Zeit folglich leichter entrichten, wo ich jetzt die Bezahlung verschieben, und dann eben zur unbequemsten Zeit meine ganze Einnahme oft auf einmal hinausgeben muß; 2do kann ich mit sorgenloserem Gemüth und freierem Herzen arbeiten, folglich mehr verdienen.

Wegen Sicherheit glaube ich nicht, daß Sie einigen Zweifel haben werden. – Sie wissen so ungefähr, wie ich stehe, und kennen meine Denkungsart. Wegen der Subscription dürfen Sie keine Sorge haben; ich setze die Zeit nur um einige Monate mehr hinaus; ich habe Hoffnung, auswärtig mehrere Liebhaber zu finden als hier.

Nun habe ich Ihnen in einer Angelegenheit, die mir sehr wichtig ist, mein Herz ganz sehen lassen. – Nun sehe ich mit Sehnsucht einer Antwort, aber wirklich einer angenehmen Antwort entgegen – und ich weiß nicht – ich kenne Sie einmal als den Mann, der so wie ich, wenn er anders kann, seinen Freund, aber wahren Freund gewiß unterstützt. – Wenn Sie vielleicht sobald nicht eine solche Summe entbehren könnten, so bitte ich Sie mir wenigstens bis morgen ein paar hundert Gulden zu leihen, weil mein Hausherr auf der Landstraße so indiscret war, daß ich ihn gleich auf der Stelle (um Ungelegenheit zu vermeiden) auszahlen mußte, welches mich sehr in Unordnung gebracht hat!

Wir schlafen heute das erstemal in unserm neuen Quartier, allwo wir Sommer und Winter bleiben; – ich finde es im Grunde einerlei, wo nicht besser, ich habe ohnehin nicht viel in der Stadt zu thun, und kann, da ich den vielen Besuchen nicht ausgesetzt bin, mit mehrerer Muße arbeiten; und muß ich Geschäfte halber in die Stadt, welches ohnehin selten genug geschehen wird, so führt mich jeder Fiaker um 10 Kr. hinein; um das ist auch das Logis wohlfeiler, und wegen Frühjahr – Sommer – und Herbst angenehmer, da ich auch einen Garten habe.

Das Logis ist – in der Währingergasse bei den[443] 5 Sternen Nr. 135. Nun nehmen Sie meinen Brief – als das wahre Zeichen meines ganzen Vertrauens gegen Sie, und bleiben Sie ewig mein Freund, wie ich sein werde bis ins Grab Ihr wahrer innigster Freund

W.A. Mozart.

P.S. Wenn werden Sie wieder bei Ihnen eine kleine Musik machen? Ich habe ein neues Trio geschrieben. [E dur, Köchel Nr. 542. Unter dem Briefe ist von Puchberg notirt: »den 17. Juni 1788 200 Fl. gesendet.«]

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 442-444.
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