126. München 8. Nov. 1780
126. Mozarteum.

[233] München 8. Nov. 1780.

Glücklich und vergnügt war meine Ankunft! Glücklich, weil uns auf der Reise nichts Widriges zugestoßen, und vergnügt, weil wir kaum den Augenblick an Ort und Ende zu kommen erwarten konnten, wegen der obwohl kurzen, doch sehr beschwerlichen Reise. Denn ich versichere Sie, daß Keinem von uns möglich war, nur eine Minute die Nacht durch zu schlafen. Dieser Wagen stößt einen doch die Seele heraus! Und die Sitze! hart wie Stein! Von Wasserburg aus glaubte ich in der That meinen H– nicht ganz nach München bringen zu können! Er war ganz schwielig und vermuthlich feuerroth.[233] wei ganze Posten fuhr ich, die Hände auf den Polster gestützt und den H– in Lüften haltend. Doch genug davon, das ist nun schon vorbei! Aber zur Regel wird es mir sein lieber zu Fuß zu gehen, als in einem Postwagen zu fahren.

Nun von München. Ich war (wir kamen hier erst um 1 Uhr Nachmittags an!) noch den nämlichen Abend beim Graf Seeau [Theaterintendanten], wo ich, weil er nicht zu Hause war, ein Billet hinterließ. Den andern Tag Morgens ging ich hin, mit Becke. – Seeau ist von den Mannheimern wie Wachs zusammengeschmolzen worden. Ich habe nun eine Bitte an Herrn Abbate [Gianbattista Varesco]. Die Arie der Ilia im 2. Act und zweiter Scene möchte ich für das, was ich sie brauche, ein wenig verändert haben, se il Padre perdei in te lo ritrovo. Diese Strophe könnte nicht besser sein; nun aber kömmts, was mir immer,NB. in einer Arie, unnatürlich schien, nämlich das aparte reden. Im Dialogue sind diese Sachen ganz natürlich. Man sagt geschwind ein paar Worte auf die Seite, aber in einer Arie, wo man die Worte wiederholen muß, macht es üble Wirkung, und wenn auch dieses nicht wäre, so wünschte ich mir da eine Arie. Der Anfang kann bleiben, wenn er ihm taugt; denn der ist charmant, eine ganz natürlich fortfließende Arie, wo ich nicht so sehr an die Worte gebunden, nur so ganz leicht auch fortschreiben kann; denn wir haben uns verabredet hier eine Arie Andantino mit vier concertirenden Blasinstrumenten anzubringen, nämlich auf eine Flöte, eine Oboe, ein Horn und ein Fagott, und bitte, daß ich sie so bald als möglich bekomme.

Nun eine Hundsfötterei. Ich habe zwar nicht die Ehre, den Helden del Prato [den Castraten, der den Idamante zu singen hatte] zu kennen, doch der Beschreibung nach ist noch fast Cecarelli besser; denn mitten in einer Arie ist öfters schon sein Odem hin, und nota bene er war noch auf keinem Theater, und Raaff ist eine Statue. Nun stellen Sie sich einmal die Scene im 1. Act vor! Nun aber etwas Gutes. Madame Dorothea Wendling ist mit ihrer Scene arcicontentissima, sie hat sie dreimal nach einander hören wollen. – Gestern ist der Großdeutschmeister angekommen. Es wurde[234] auf dem churf. Hoftheater Essex aufgeführt und ein magnifiques Ballet. Das Theater war ganz illuminirt. Den Anfang machte eine Ouverture von Cannabich, die ich weil sie von den letzten ist, nicht gekannt. Ich versichere Sie, wenn Sie selbe gehört hätten, sie würde Ihnen so sehr gefallen und gerührt haben, wie mich, und wenn Sie es nicht schon vorher gewußt hätten, gewiß nicht geglaubt haben, daß sie von Cannabich ist; kommen Sie doch bald und hören Sie. Bewundern Sie das Orchester. Nun weiß ich nichts mehr. Heute Abends ist große Akademie. Mara wird 3 Arien singen. Sagen Sie, schneiet es in Salzburg auch so wie hier? An Herrn Schikaneder [Impresario in Salzburg] meine Empfehlung, bitte um Verzeihung, daß ich die Arie noch nicht schicken kann, denn ganz habe ich sie noch nicht zu Ende bringen können.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 233-235.
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