13.

Die letzte Hoffnung.

[152] Als Schikaneder zu Hause angekommen war und sein Pferd dem Reitknechte übergeben hatte, fand er schon unter der Thüre Jemand, der mit Ungeduld auf ihn wartete. Dieser Jemand war Chigot, sein Hausmeister, ein kleines, feines, geschmeidiges Männchen, mit einem blassen Gesichte von pfiffigem Ausdruck, wohlgepudertem Haar, sauberem, fast elegantem Aeußeren und höchst gewandten Manieren. Aber so[152] unansehnlich auch die Erscheinung Chigots im Ganzen war, man sah ihm doch auf der Stelle an, daß etwas in ihm stecke, – daß er ein höchst gewürfeltes Männchen sei, welches man zu Allem gebrauchen könne.

Und so verhielt es sich in der That: Chigot war das Factotum in dem Hause seines Herrn, und somit Schikaneders Hausmeister, Kammerdiener, Vertrauter, Buchhalter und Kassirer in ein und derselben Person. Auf seinen schmächtigen Schultern lastete demnach sehr viel; denn sein Herr befaßte sich nur mit der Oberleitung, sowohl des Theaters wie des Hauses, während die inneren Angelegenheiten dem unermüdlichen Chigot verblieben. Chigot war also hier im Kleinen, was ein Minister des Innern im Großen ist, und dies stolze Bewußtsein gab ihm auch die Kraft, seine schwierige Lebensaufgabe mit Würde und Energie durchzuführen, indeß das unbegrenzte Vertrauen, welches der Director in ihn setzte, ihn mit den Banden einer fast abgöttischen Verehrung und Hingabe an diesen fesselte.

Und was hatte nun Chigot nicht alles zu thun! Hier lag es recht am Tage, daß auch in einem kleinen und unansehnlichen Körper – wie z.B. bei Napoleon dem Ersten – eine große Seele stecken könne. Chigot war so eine Art Napoleon. Man mußte ihn nur sehen, wenn er – in seiner Function als Hausmeister – den zwei Bedienten, dem Koch, der Köchin und den übrigen Mägden und Knechten gegenüber, seine Anordnungen für die Diners und Soupers seines Herrn gab. Dann flammten im Bewußtsein der Wichtigkeit, die solche Angelegenheiten für seinen Herrn und Meister hatten, seine Augen; dann preßten sich die schmalen Lippen fest aufeinander, und – die eine Hand in die Brust gesteckt, die andere auf dem Rücken – gab er die Befehle: wie viele Couverte aufgelegt, in welchem Zimmer gespeist, wer eingeladen, wo die Austern, die Pasteten, die Trüffeln, das Wildpret geholt werden sollten. Oder – wenn Chigot als Kassirer von den Sängern und Sängerinnen, Schauspielern und Schauspielerinnen, Tänzern und Tänzerinnen umlagert, bestürmt, um Vorschuß angefleht wurde, – welche Marmorkälte dann in den markirten Zügen seines blassen Gesichtes – welche Energie im Abschlagen und »nein sagen!«

Aber Chigot war nicht einseitig; das kleine Männchen konnte ebenso devot und artig als grob und energisch sein.[153] So war es stets gegen seinen Herren und dessen Freundinnen die Liebenswürdigkeit selbst – versteht sich, nur so lange, als sich die Letzteren in der Gunst des Ersteren hielten. Mit gefallenen Größen macht kein diplomatischer Kopf, kein Mann von Welt, viel Federlesens!

Seine wahre Größe aber entwickelte Chigot, wenn es galt, unbequeme Schuldner abzuweisen. Für solche – gerade nicht selten vorkommende – Fälle hatte sein kluger Kopf ein ordentliches System entworfen. Erst war er liebenswürdig und leicht obenhin, als ob sein Herr über Millionen zu verfügen habe; – bei einem zweiten Besuche: gekränkt, bei einem dritten: barsch, – bei einem vierten: grob; wenn die Sache dann aber zu ernst und gefährlich wurde, fing Chigot an zu vertrösten, und endlich so devot und so gerührt von der momentan unglücklichen Lage seines vortrefflichen Herrn zu sein, daß er selbst in Thränen ausbrach und nicht eher zu jammern aufhörte, bis der Schuldner – selbst gerührt – noch einmal Geduld zeigte und eine neue Frist bewilligte.

Kam dann sein Herr nach Hause, oder trat er in das Zimmer, in welchem dieser – sich verleugnend – wartete, so leuchtete sein Antlitz wie das des Moses auf Horebs Höhen, und Schikaneder wußte schon, wie viel Uhr es geschlagen. Dann mußte Chigot – nach abgestattetem Berichte – jedesmal eine Flasche Champagner aus dem Keller holen, die Herr und Knecht zur Belohnung mit einander tranken, während sie herzlich über die Dummheit des Abgewiesenen lachten.

Auch heute richtete Schikaneder, sobald er in das Haus getreten, seine Blicke auf Chigots Stirne; aber .... verwünscht! .... da strahlte keine Freude; da thronte nicht nur ein düsterer Ernst, sondern augenscheinlich eine schwere Sorge.

Rasch schritt er daher in sein Zimmer und Chigot folgte.

»Nun?« – rief Schikaneder jetzt, Hut, Reitpeitsche und Handschuhe auf den Tisch werfend – »war er wieder da?«

»Freilich, gnädiger Herr!« – entgegnete Chigot mit devoter Verbeugung, die Hände wie zum Gebet gefaltet. – »Und nicht einmal, sondern dreimal war er da!«

»Und du hast ihn nicht beschwichtigen, nicht vertrösten können?«

»Alles war vergebens!«

»Ich begreife nicht, wie du so ungeschickt sein kannst!«

[154] »Herr von Schikaneder!« – sagte jetzt der Hausmeister mit weinerlicher Miene und hoch in die Höhe gezogenen Augenbrauen, während er die Hände noch fester zusammenpreßte, – »Herr von Schikaneder, Sie wissen, wie viel Mühe ich mir immer gebe, solch' lästige Menschen zu entfernen. Ich habe auch heute alle meine Kunst aufgeboten, Herrn Wolfssohn zu beruhigen, zu vertrösten, wenigstens zu noch einiger Nachsicht zu bewegen .... alles war umsonst, der Mann hat ein Herz von Stein und einen Kopf von Eisen, – er will ....«

»Nun, was will er?« – frug der Director, sich in einen kostbaren Sessel werfend, völlig gelassen.

»Sein Geld will er – zweiundfünfzigtausend Gulden Conventionsmünze will er, – und das morgen!«

Schikaneder lachte laut auf, dann sagte er:

»Der Mann hat ganz recht; – an seiner Stelle machte ich es auch so.«

»Aber um Gottes und Jesu Willen!« – ächzte der Hausmeister. – »Sie können es ihm ja nicht geben. Es sind keine fünfzehnhundert Gulden mehr in der Kasse; – übermorgen ist der erste des Monats, wo ich die Gagen auszahlen soll und heute morgen haben der Herr von Schikaneder erst noch zehntausend Gulden Wechsel für Signora Cavaglieri acceptirt.«

»'S ist wahr!« – sagte der Director, das eine Bein über das andere schlagend – »bezahlen kann ich das nicht.«

»Gar nichts können Ew. Gnaden bezahlen!« – rief hier Chigot, dem man die aufrichtige Verzweiflung ansah, – »gar nichts, denn es ist nichts mehr da.«

»Nun, nun!« – meinte Schikaneder – »Geld ist freilich keines mehr da, und das ist allerdings sehr unbequem; aber es giebt ja noch gute Freunde zu Dutzenden, die fast täglich bei mir diniren und soupiren und schwelgen, da wird sich schon einer finden, der wenigstens gutsagt.«

»Freunde?« – wiederholte gedehnt Chigot – »und auf die hofft ein so lebenskluger Herr, wie Ew. Gnaden?«

»Ich gebe freilich nicht viel darauf; aber man kann doch nicht wissen. Ich habe übrigens die Dinge kommen sehen, und daher heute morgen schon an mehrere geschrieben. Sind keine Briefe eingelaufen?«[155]

»Doch!« – sagte Chigot und eilte zu dem Schreibtische seines Herrn. – »Hier sind nicht weniger, als sechs.«

Und mit diesen Worten gab er dem Director die Schreiben. Schikaneder nahm sie mit einem Lächeln ab; dann hob er sie alle sechs in die Höhe und sagte:

»Chigot, was wollen wir wetten, ich kenne den Inhalt dieser Briefe!«

»Herr von Schikaneder!« – entgegnete dieser zwischen Weinen und Lachen – »ich glaube, ich kenne ihn auch.«

»Wenn ich recht habe,« – sagte Schikaneder – »daß in jedem eine abschlägige Antwort steht, so trinken wir eine Flasche Champagner mit einander; – ich habe ohnedem auf den Sherry des Indes, den ich im ›Regenbogen‹ trank, Durst bekommen – ich glaube, ich glaube ..... er war nicht ganz ächt!«

Und mit diesen Worten fing der Director an, die Briefe zu öffnen. Sie mußten alle sehr kurz sein, denn er war ungemein schnell mit dieser Lectüre fertig; während er aber einen nach dem andern verächtlich auf die Erde warf, spielte ein spöttisches Lächeln um seinen Mund. Als er die Lectüre beendigt hatte, sagte er trocken:

»Chigot, geh' hin und hole eine Flasche von dem Bewußten. Sechs bedauern unendlich und drei haben gar nicht geantwortet. Da aber keine Antwort auch eine Antwort ist, – so trinken wir.«

Aber Chigot zögerte diesmal, das Gebot seines Herrn zu erfüllen.

»Nun?« – rief dieser.

»Und Sie könnten wirklich in dieser verzweifelten Lage ...«

»Nur ein feiger Tropf verzagt!« – trillerte der Director mit seiner schrecklichen Stimme. Chigot ging mit Kopfschütteln.

Als der Hausmeister das Zimmer verlassen, wurden jedoch Schikaneders Züge ernster:

»Die Sache steht doch verflucht auf der Spitze!« – sagte er dann. – »Es bleibt mir in der That nur noch eine einzige Hoffnung und die ruht auf Mozart! .... ja .... Lichnowsky hat Recht: er – und er allein kann mich retten, wenn er mir eine recht populäre Volksoper schreibt. – – Nun« – fuhr Schikaneder, in Gedanken sprechend, fort, – »seiner bin ich gewiß. Er ist ein viel zu guter Kerl,[156] als daß er mir das abschlagen könnte; – auch wird ihn die Sache ambitioniren. Und dann – – man verspricht ihm einstweilen etwas Hübsches – das Weitere findet sich.«

Er schwieg einige Minuten, dann hob er wieder an: »Wenn nur der verfluchte Wolfssohn Vernunft annimmt; – – denn sonst hilft alles nichts – – ich bin total bankerott und kann nur gleich in den Thurm wandern. Meine Gesammtschulden übersteigen sicher hundert und fünfzigtausend Gulden – – hundert – und fünfzigtausend Gulden – – man sollte nicht denken, daß einen die Weiber dahin bringen könnten. Aber der Teufel lebe ohne sie! Und wenn meine kleine Cavaglieri morgen verlangt, daß ich noch weitere zwanzigtausend Gulden für sie acceptiren soll, ich thue es doch wieder!«

In diesem Augenblicke hörte man Schritte im Vorzimmer, die Thüre öffnete sich und Chigot, mit der Champagnerflasche und den Gläsern auf einem silbernen Präsentirteller, trat ein – aber – er war nicht allein, dicht hinter ihm folgte Herr Wolfssohn.

Die kleine, schmächtige Figur des sonst gegen Schuldner so groben und kecken Chigots nahm sich aber in diesem Moment so komisch aus, – seine Kniee schlotterten so sehr – die Augenbrauen waren, aus Besorgniß für seinen Herrn, so hoch emporgezogen, Gläser und Flasche wackelten und klapperten so possirlich, daß Schikaneder laut auflachen mußte.

Wolfssohn stutzte; er war in der Erwartung gekommen, einen Verzweifelten, einen Niedergeschlagenen zu finden, und vor ihm stand nun – ihn freundlich begrüßend – ein Mann, der sich den Bauch vor Lachen hielt. Schikaneder bemerkte die Ueberraschung seines Besuches sogleich; – aber in demselben Augenblicke durchzuckte auch ein kostbarer Gedanke seine Seele:

»Meine anscheinende Heiterkeit hat ihm imponirt!« – dachte er – »bleiben wir in dem Tone.«

»Vergebung, lieber Herr Wolfssohn!« – sagte er daher jetzt, als er ausgelacht und Chigot mit einem Wink bedeutet hatte, Flasche und Gläser auf den Tisch zu setzen und sich zu entfernen. – »Vergebung, daß ich Sie so ungeziemend begrüße; aber Sie finden mich gerade in der besten Laune von der Welt. Ich mußte über meinen köstlichen Hausmeister lachen, der Ihnen heute – trotz dem besten Schauspieler – so dummes Zeug vorgemacht.«[157]

»Mir dummes Zeug vorgemacht?« – frug, noch immer verwirrt, der junge, angehende Banquier.

»Freilich! freilich!« – rief, auf's Neue lachend, Schikaneder. – »Aber es galt eine Wette von tausend Dukaten und die habe ich nun gewonnen.«

»Herr Director, ich verstehe von dem allen kein Wort!«

»Natürlich! Ich will es Ihnen erklären; aber trinken wir erst ein Glas Champagner.«

»Bitte!«

»Ohne Umstände, Verehrter! Ich komme gerade von meinem intimen Freunde, dem Fürsten Lichnowsky und da haben wir so köstlich und fein, aber auch so gewürzt zu Mittag gespeist, daß ich gewaltigen Durst empfinde. Und dann – Sie wissen: wenn der Löwe Blut geleckt hat ....«

»Aber was ist's mit der Wette ....«

»Nun, ich muß Ihnen gerade sagen, mein Bester, diese Wette betrifft Sie.«

»Mich?«

»Sie!«

»Wie so?«

»Mein Freund Lichnowsky – aber ich sage Ihnen dies im tiefsten Vertrauen – behauptete vorgestern, als er mein Gast war, Sie, lieber Wolfssohn, hätten das Geschäft Ihres seligen Vaters zu früh übernommen.«

»Zu früh? wie so zu früh?«

»Nun, der Fürst meinte – sie seien noch – etwas jung – es fehle noch an den nöthigen Lebenserfahrungen.«

»Herr Director .... wollen Sie mich beleidigen?«

»Kommt mir nicht in den Sinn! Im Gegentheil, mein Theuerer, ich behauptete, daß ich noch keinen Geschäftsmann kennen gelernt hätte, der einen schärferen Blick besäße, als Sie.«

»Sehr verbunden.«

»Es gilt eine Wette von tausend Dukaten! rief der Fürst – und ich schlug ein.«

Herr Wolfssohn konnte hier ein schmunzelndes Lächeln nicht ganz verbergen:

»Und die Wette selbst?«

»Nun!« – fuhr Schikaneder fort – »Fürst Lichnowsky wettete: daß, wenn er Ihnen, Herr Wolfssohn, aus dritter Hand die Nachricht zukommen lasse, es stünde mit mir und meinen Unternehmungen schlecht, so würden Sie, –[158] nehmen Sie es mir nicht übel, es sind des Fürsten eigene Worte – so albern sein, daran zu glauben und mir das für den Bau eines neuen Theaters vorgeschossene Kapital kündigen. Ich lachte dem Fürsten in das Gesicht. Wolfssohn weiß, wie ich stehe, welche vielseitige Hülfsquellen ich habe, sagte ich ihm; – auch hat er sicher schon gehört, daß Mozart – unser großer, herrlicher Mozart – eine wundervolle neue Volksoper für mich componirt hat, die in Kurzem auf meinem Theater erscheint und durch die ich in einem halben Jahre mehr verdiene, als Wolfssohn mir vorgeschossen, – ja, – die mich in Jahresfrist um hunderttausend Gulden reicher macht. – Dies gesagt, wird die Sache abgeschlossen. Lichnowsky übernimmt es, Ihnen falsche Nachricht zukommen zu lassen. Mein Hausmeister wird von seiner Rolle instruirt, und hat sie – wie er mir vorhin sagte – vortrefflich gespielt. Ich aber freue mich, daß Sie nun zu mir kommen, und mir den Beweis liefern wollen, wie voreilig der Fürst von Ihnen geurtheilt hat. – Nein, nein! – ich wußte mein Verehrter, daß Sie ein Mann von scharfem Blicke sind und mein Vertrauen rechtfertigen. Uebrigens« – fuhr Schikaneder mit ungeheuerer Ruhe und Suffisance lächelnd fort – »können Sie auch, wenn Sie wollen, Ihr Geld haben. Goldammer und Sohn haben mir erst heute ein sehr acceptables Anerbieten gemacht, – der Brief muß noch da auf der Erde liegen ....«

Und Schikaneder that, als wolle er den Brief unter jenen suchen, die er vorhin auf den Boden geworfen.

Wolfssohn aber hielt ihn auf: – »Bemühen Sie sich nicht!« – sagte er dabei verlegen: – »Ich glaube Ihnen schon. Die eben genanten Herrn sind immer bereit, mir in den Weg zu treten. Indessen ....«

»Noch ein Gläschen Champagner!« – rief hier Schikaneder und präsentirte Wolfssohn die Erfrischung; aber jetzt fühlte er selbst seine Hand zittern, so gewaltig hatte das »indessen« des Gegners sein Herz getroffen.

Aber Wolfssohn wies den Champagner dankend zurück, indem er betheuerte, daß er – wo es Geschäftssachen gelte – aus Grundsatz nie trinke.

Jetzt galt es! Schikaneder nahm also seine ganze Gewandtheit, – die ihn im Leben schon hundertmal durch die größten Verlegenheiten glücklich durchgebracht – zur Hand.[159] Er legte dabei Wolfssohn klar wie die Sonne dar, daß er vortrefflich stehe, – zeigte sogar die kaiserliche Erlaubniß vor, nach welcher er in der That das Leopoldstädter Theater neu aufzubauen berechtigt wurde! – ergoß sich weitläufig über die ganze herrliche Oper, die Mozart ihm componirt habe, und in der, wie er sagte, Löwen und Tiger, Affen und Mohren auf die Bühne kommen sollten – ein wahres Zauberstück für das Publikum: – ja er berechnete an den Fingern – ohne Wolfssohn auch nur einmal zu Wort kommen zu lassen – die ungeheuren Einnahmen, die diese Zauberoper hervorrufen mußte. Als Beweis aber führte er schließlich Bondini in Prag an, den der »Don Juan« binnen kurzer Zeit zu einem reichen Mann gemacht hatte.

Es lag sehr viel Wahres und Ueberzeugendes in dem, was Schikaneder – der ja als ausgezeichneter Geschäftsmann und Director bekannt war – hier sagte; vorausgesetzt nämlich, daß die Geschichte mit der Oper in Richtigkeit. Daran aber konnte Wolfssohn, bei der Bestimmtheit, mit welcher sein Freund von der Sache sprach, keinen Augenblick zweifeln; – ja – es stellten sich auf diese Weise für die Zukunft sogar noch die Hoffnung auf weitere gute Geschäfte für ihn heraus, und so kam es denn, daß er nicht nur von seinem Vorhaben, sein Kapital unter allen Umständen zurückzufordern, abstand, nein – er bat beim Abschiede Schikaneder auch noch, wegen seines momentanen Mißtrauens, um Vergebung.

Als Wolfssohn fort war, wollte Schikaneder sich todt lachen.

»Chigot! Chigot!« – rief er.

Chigot erschien – erstarrte aber, als er seinen Herrn so guter Dinge fand.

»Alles vortrefflich!« – sagte dieser – »wir sind gerettet – d.h. wenn – Maestro Mozart den Zauberstab ergreift; auf ihm ruht allerdings meine letzte Hoffnung. Für den aber bangt es mir nicht. Und nun – zu meiner Freundin – das war ein harter Strauß – der Sieg verdient Belohnung. Hast du bei Signora für ein ausgesuchtes, fürstlich-feines Souper gesorgt?«

»Gewiß!« – entgegnete das Factotum.

»So laß anspannen!«[160]

Und Chigot ging, aber im Weggehen sah er sich noch einmal halb scheu, halb verehrungsvoll nach seinem Herrn um, der ihm heute fast wie ein Zauberer vorkam.

Quelle:
Heribert Rau: Mozart. Ein Künstlerleben. Berlin 4[o.J.], S. 152-161.
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