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[165] Wien den 11 Sept: 1773



Ich hoffe ihr werdet bey der Abreise des h. Dr Niderl euch zu einer allenfals traurigen Begebenheit vorbereitet haben, damit es euch nicht so schmerzhaft fällt seinen Todt zu hören, als es mir füehl, da ich ihn zu besuchen kam und bereits verschieden fand. Am Donnerstage den 9ten wurde er zwischen 10 uhr und 11 uhr vormittag, operiert in Gegenwart aller Handwerksverständigen, und so glück: daß in 1 und 1/2 Minute, ja noch geschwind alles vorbey war. Ich hatte gleich darauf den Stein in Händen, der grösser als eine grosse welsche Nuß war. Ich verließ ihn denselben Nachmittag, so gut als es ein solcher Patient seyn kann, dann damahls waren nicht die mindesten bösen Anzeigen. am freytage den 10 giengen wir zwischen 10 [165] und 11 uhr vormittag hin um uns seines zustands zu erkundigen und zwar mit guter Hofnung. Stelle Dir meinen schröcken vor, als ihn auf dem Bette ausgestreckt, und die Leute in der Beschäftigung fand ihn abzuwaschen. Dann er war eben und folglich 24 Stund nach der Operation verschieden. so viel ich in der eyle und erschröcklichen bestirzung vernommen, hat sich nach Mitternacht alles verändert, so daß man seinen Todt dann vorgesehen. Requiescat in pace! Ich bin ganz niedergeschlagen, deñ 2 Nächte habe nun nicht nur unruhig sondern nur wenig geschlaffen, indem ich am Donnerstag schon um 4 uhr erwachte, als hätte ich selbst diesen Morgen die operation auszustehen, am freytag morgens um 4 uhr dachte ich schon wie es ihm etwa gehen wird, und heute ward ich schon um halbe 4 uhr wach, und seine operation, sein todt das gähe und unvermuthete Spectacul seines todten Körpers lag mir im Gemüthe und ließ mich nicht mehr schlaffen; und raubte mir die dritte Nacht. Nun kommt noch die Begräbnüss, das wird mir auch, und um so mehr gedancken Zurücklassen, als es mich des Umstandes erinnert, da ich nun einen freund in Wienn, wie einen freund in München h: v Robini zum Grabe begleiten muß. Die mehreren Umstände wird h: Günther erzehlen. Ich Ende diese trauergeschichte.

Die h: Jesuiter fangen an aus ihren Klöstern zu ziehen. Die Hof-Patres, Prediger bey St. Stephan x: dan 6 beichtvätter sind gestern heraus und werden ihre verrichtungen wie sonst kommenden Sontag, aber in weltllehg eist: Kleidern, verrichten, dann es ist das gebott bey den obern Jesuitern, und im Jesuiter Kleide darf keiner weder Beichthören noch Predigen. heute bin ich zu verdrüssig und zu dumm mehrers zu schreiben. wir empf: uns allen guten freunden und freundinen in und ausser dem Hause Küssen euch viel 100000 mahl und bin der alte

Mzt


Gestern habe nach der Mdme Rosa schicken müssen, welche dann auch gekommen, und ich hatte sie eben auf der gasse angetroffen, weil sie den armenDoctor mahlen soll, indem in dem Niderlischen hause nicht einmahl sein Portrait ist.

[166] Nun ist der Proceß mit dem Bruder aus!

Wie schr wird es die Mdme v schidenhofen zu Herzen nehmen, und Mde v Hefner x. x: wir empf: uns beyden Häusern absonderlich.

Ich hab mit ganz Salzb: Ursach wegen dem nun 2ten Verlust eines Salzb: Medici traurig zu seyn; ein anderer der nachkommtmuß viele in die Ewigkeit schicken, bis er die Natur einer Nation und das Clima kennt.

Ich vermuthe fast, die fr: Doctorin soll oder wird ihren Sohn hier lassen. Bey einer Gehörlosen Mutter würde eine schlechte Erziehung zu hoffen seyn.

vielleicht ist es des Knaben glück.

Nun darfst du mir nicht mehr schreiben. mein nächster Brief wird dir unsere Abreise, und wozu, bestimmen. Es wird vermuthlich den geraden weg gehen, mir scheint der andere über Gratz zu unbequemm.

Eben itzt komme von der bis in todt betrübten Me Niderl, heute abends um 8 uhr wird er begraben.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 3. München/ Leipzig 1914, S. 165-167.
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