*16. [an die Schwester].

[15] Neapel, den 19. May 1770.


C.S.M.


Vi prego di scrivermi presto e tutti i giorni di posta. Io vi ringrazio di avermi mandato questi Rechenhistorie, e vi prego, se mai volete avere mal di testa, di mandarmi ancora un poco di questi Künste. Perdonate mi che scrivo si malamente, ma la razione è perchè anche io ebbi un poco mal di testa. Der 12te Menuett von Haydn, den Du mir geschickt hast, gefällt mir recht wohl, und den Baß hast Du unvergleichlich dazu componirt, und ohne mindesten Fehler. Ich bitte Dich, probire öfter solche Sachen.

Die Mama soll nicht vergessen, die Flinten alle beyde putzen zu lassen. Schreibe mir, wie es dem Herrn Canari geht. Singt er noch? Pfeift er noch? Weißt Du, warum ich auf den Canari denke? Weil in unserm Vorzimmer einer ist, welcher ein G'seis macht, wie unserer. A propos, der Herr Johannes1 wird wohl den Gratulations-Brief empfangen haben, den wir haben schreiben wollen. Wenn er ihn aber nicht empfangen hätte, so werde ich ihm schon selbst mündlich sagen zu Salzburg, was darin hätte stehen sollen. Gestern haben wir unsere neuen Kleider angezogen; wir waren schön wie die Engel. An die Nandl2 meine Empfehlung, und sie soll fleißig für mich beten. Den 30ten wird die Oper anfangen, welche der Jomelli componirt.3 Die Königin und den König haben wir unter der Messe zu [15] Portici in der Hofkapelle gesehen, und den Vesuvius haben wir auch gesehen. Neapel ist schön, ist aber volkreich wie Wien und Paris. Und von London und Neapel, in der Impertinenz des Volkes, weiß ich nicht, ob nicht Neapel London übertrifft; indem hier das Volk, die Lazzaroni, ihren eigenen Obern oder Haupt haben, welcher alle Monate 25 Ducati d'argento vom König hat, um nur die Lazzaroni in einer Ordnung zu halten.

Bey der Oper singt die de Amicis. Wir waren bey ihr. Die zweyte Oper componirt Caffaro4; die dritte Ciccio di Majo5, und die vierte weiß man noch nicht. Gehe fleißig nach Mirabell in die Litaneyen, und höre das Regina coeli oder das Salve Regina, und schlaf gesund und laß Dir nichts Böses träumen. An H. von Schîdenhosen meine grausame Empfehlung tralaliera, tralaliera. Und sage ihm, er soll den Repetiter-Menuett auf dem Claviere lernen, damit er ihn nicht vergessen thut. Er soll bald darzu thun, damit er mir die Freude thut machen, daß ich ihm einmal thue accompagniren. An alle andere gute Freunde und Freundinnen thue meine Empfehlungen machen, und thue gesund leben, und thue nit sterben, damit Du mir noch kannst einen Brief thun, und ich dir hernach noch einen thue, und dann thun wir immer so fort, bis wir was hinaus thun, aber doch bin ich der, der will thun, bis es sich endlich nimmer thun läßt. Indessen will ich thun bleiben

W.M.

Fußnoten

1 Ein Sohn Hagenauers, der 1764 in das Kloster St. Peter gegangen war.


2 Wohl Nanerl Kranach.


3 N. Jommellis »Armida abbandonata«, die nachFlorimo (La scuola musicale di Napoli, IV, 1881, S. 240) am 30. Mai an S. Carlo in Szene ging.


4 Wohl P. Cafaros »Antigono« vom 13. August 1770 (Florimo, a.a.O., S. 240).


5 Wohl Majos »Eumene« vom 20. Januar 1771 (ebenda).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 16.
Lizenz:
Kategorien: