*226. [an L. Hagenauer in Salzburg]

[189] Wien den 19ten octobris 1762.


Mit der vorigen Post werden sie mein Schreiben erhalten haben, Heut wurde ich in der fruhe zum geheimen Zahlmeister gerufen, Er empfieng mich mit der grösten Höflichkeit. Sr Maiestät ließ mich fragen, ob ich nicht noch einige zeit hier mich aufhalten könnte. Ich ließ mich Sr Maiestät unterthänigst zu Füßen legen. Der zahlmeister zahlte mir dann 100 Dukaten mit dem Beysatz: daß Sr Maiestät uns bald wieder rufen werden. ich mag es betrachten, wie ich es immer will, so sehe ich vor, daß ich vor dem Advent kaum nach Hause kommen werde; allein ich werde schon vorhero noch wegen Verlängerung der erlaubniß bitten. Denn ich muß, wenn ich auch in 14 Tägen oder 3 Wochen von hier weggehen könnte, wegen der Kinder langsam reisen, damit sie zu zeiten ein paar Tage ausrasten und nicht krank werden. Die 100 Stück Kaisl: Dukaten habe, nebst noch 20 Stück an hl. Peiser auf ihre Rechnung bezahlet, wenn ich einen guten wagen um einen ehrlichen Preiß erhandeln kann; so bin ich gesinnet einen zu erkaufen, um meinen Kindern mehr Bequemlichkeit zu verschaffen Heut waren wir bey dem franz: Bottschafter. Morgen sind wir von 4 uhr bis 6 uhr zum Graf Harrach bestellt; ich weis es aber nicht zu was für einem. Ich werde es wohl sehen, wo mich der Wagen hinführet: denn aller orten werden wir durch die Herrschaftl: Wägen mit einem Bedienten abgehollet, und so wieder nach Hause bedienet. von 6 uhr: oder halbe 7 uhr aber bis 9 uhr sind wir zu einer großen Academie für 6 Dukaten veraccordirt, die ein gewisser Reicher vom Adl hält, und wobey die grösten Virtuosen, die dermal in Wien sind, sich produciren werden. Die Herrschaften bestellen uns schon zu 4. 5. 6 bis 8 Täg zum voraus, um nicht zu spät zu kommen. wie wir denn von oberst-Postmeister graf Paar schon auf künftigen Montag verstellet sind. Nun fahrt der Woferl genug spatzieren, zweymal des Tags wenigst. Einmal sind wir um halbe 3. uhr an ein ort gefahren, da waren wir bis drey viertl auf vier uhr, von dort ließ uns der graf Hardek mit seinem [190] Wagen hollen, und zu einer Dame in vollen gallopp führen. wo wir bis halbe 6 uhr blieben. Von da ließ uns der graf Kaunitz abhollen, bey dem wir bis gegen 9 uhr waren, Ich kann kaum schreiben; Feder und Dinten beyde sind ellend, und zum Schreiben mus ich die zeit stehlen. Neues kann ich ihnen absolute Nichts schreiben, denn hier wird so wenig vom Krieg gesprochen; als wenn kein Krieg wäre. Ich habe in meinem Leben nicht weniger von zeitung gehört, und gewüst, als die 4. bis 5. Wochen, als ich von Salzburg weg bin. von ihnen möchte ich vielmehr eine zeitung hören, wenigstens hoffe ich, Sie sollten mir etwas berichten können. Sind, Sr. Hochfrst. Gnaden schon zu Hause? – -Ich hoffe Höchstdieselben werden sich wohl befinden. Sind Titl: Sr Excell: graf Spauer in Salzburg, ich glaube, ja! – – ich habe ihm von Linz geschrieben. Wie leben Ihro Hochwürden und gnaden hl. Beichtvater? – – Ich bitte mit gelegenheit mich demselben gehorsamb. anzuempfehlen. Die frau gemahlin wird hoffentlich samt allen lieben angehörigen sich im besten Wohlseyn befinden, ich empfehle mich ihr, wissen sie wer unserm Estlinger begegnet ist? – – der Hellbrunner Wirth: Er sprach eine gute zeit mit ihm. vor allem aber wissen Sie wo ich wohne? – Ich wohne in Hierberggaßl ohnweit der hochen Brucken im Tischler Hause im ersten Stock. Das zimmer ist 1000 Schritt lang, und 1. Schritt breit. – Sie lachen? – uns ist es in der That nicht lächerlich wenn wir einander auf die Hünner Augen tretten. Noch weniger ist es lächerlich, wenn mich der Bub, und meine frau das Mädl wo nicht über das armselige Beth herunterwerfen, doch auch uns wenigst alle Nacht ein paar Rippen eintretten. jedes unserer Bether hat meine 4 und 1/2 Spann: und dieser erstaunliche Pallast ist noch durch eine Wand in 2. Theile getheilt, in deren jeden eines dieser großen Bether stehet, gedult! wir sind in Wien. Meine frau möchte so gern ihren stoffenen Pölz hier haben, allein wir besorgen es möchte mit dem Postwagen zu viel kosten, und dabey möchte er verdorben werden. Er ist im Kasten im Cabinetl. allein, da ich ohnehin gedenke in Salzburg ihr einen neuen auf die fest-Täge machen zu lassen; so wird es besser seyn ihr hier etwas anzuschaffen, [191] weil man hier alles nach der Wahl haben kann. Wollen sie wissen, wie des Woferl Kleid aussiehet? – – Es ist solches vom feinsten Tuch liloa-farb. Die Veste von Mode nähmlicher farbe, Rock und Kamizol mit goldborten breit und doppelt bordleret. Es war für den Prinz Maximilian gemacht, Der Nannerl ihr Kleid war das Hofkleid einer Prinzessinn. Es ist weis brochierter Tafet mit allerhand garnierungen. Es ist schade, daß man nichts anders als einen gottilion hat daraus machen können. allein ein Miederl ist auch darbey. Das Papier ist voll, die zeit vorbey. Der ganzen salzburgi: Welt meine Empfehlung und ich bin [...]

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 189-192.
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