*230. [an L. Hagenauer in Salzburg]

[196] Wien den 24ten Novembris 1762.


Dero letztes habe richtig erhalten. Ich hätte auch alles so gethan wie sie mir und die bewuste gute freunde es angerathen haben, wenn ich so gleich mit mir selbst hätte einig werden können: und endlich habe ich den Entschluß gefast solches auf kommenden Post-Tag zu thun, die Ursachen, die mich in einen gewiß betrübten Stand der Unentschlossenheit gesetzet, mus ich ihnen seiner zeit mündlich sagen, doch wird dann auch dieß nicht vergeblich seyn? – genug! wenn auch dieses fehl schlägt, so muß ich dann auf andere Gedanken verfallen. Nun auf uns selbst zu kommen; so leben wir Gott Lob gesund, und müssen mit gedult abwarten, bis wir unsere Sache wieder hier in den alten guten Gang bringen, denn hier förcht sich die Noblesse vor Blatternflecken, und allen Gattungen des Ausschlags, folglich hat uns die Krankheit des Buben nun respective vier Wochen zurückgeschlagen: denn obwohl wir unterdessen, als er schon gesund ist, 21 Dukaten eingenommen, so ist's doch solches nur eine Kleinigkeit: indem wir täglich mit einem Dukaten genau auskommen; und es giebt täglich Nebenbey andere Ausgaben. Unterdessen leben wir sonst guts Muths. Die Hof-Damefrl: gräfinn Theresia v. Lodron hat uns kürzlich große Ehren erwiesen; sie hat uns in der Comedie mit [196] einer Loge bedienet (die hart zu bekommen sind) und hat meinem Woferl Schuh Schnallen verehrt, die goldne Blattln haben, und für ganz goldene Schnallen gehalten werden. Am Elisabetha Tag haben wir die Galla-Tafel gesehen, Die Ehren und gnaden, die uns da von der Noblesse alda wiederfahren sind ausnehmend; und es wird ihnen genug seyn, wenn ich ihnen sage, daß Sr Maiestät die Kaiseriñ mich von der Tafel weg angeruffen, ob der Bub nun recht gesund seye? Das Caecilia fest zu beschreiben mus ich auf eine mündliche Unterredung ersparen. Dann wir werden viele Sessiones nöthig haben, um alles ins klare zu bringen. am Caecilia fest haben wir bey dem Kaiserl: hl: Capellmeister v. Reitter1 zu Mittag gespeiset. Wenn wir nach Hause kommen, werde ich der fr: Hagenauerin die Speiß Lista recitiren. Gestern haben wir bey dem hl: v Wahlau gespeist, und Abends hat uns unser hl: Doctor Bernhard in die opera in eineLoge abgehollet. So geht halt im Namen gottes ein Tag nach dem andern weg. zum hl: Reitter und hl: v. Wahlau wären wir, so oft wir wollten, eingeladen: allein es möchte der gesundheit meiner Kinder schädlich seyn, unter anderen kosten die Wägen mich sehr viel, denn 2. 3. auch 4 Siebenzehner des Tags ist ordinaire, und werden wir durch Herrschafts Wägen bedient, so fressen die Trünkgelder für Kutscher und Laquey eben soviel. Wenn sollen wir dann nach Hause kommen? – – auf Weihnachten oder auf das Neue Jahr? – – leben sie mit Dero frau gemahlinn und sammtl. angehörigen wohl auf, und seyen sie versichert, daß ich ersterbe.

Fußnoten

1 Georg Reutter (1708–1772).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 197.
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