*234. [an L. Hagenauer in Salzburg]

[204] München den 21 Junij. 1763.


Wir sitzen in München. am Sonntage den 12ten Abends sind wir angelanget; am Montage war galla wegen dem Antoni fest, wir fuhren nach Nymphenburg. Der Prinz von Zweybrücken, der uns von Wien kannte, sahe uns vom Schlosse aus im garten spazieren, er erkannte uns und gab uns ein zeichen vom fenster, wir näherten uns, und nachdem er vieles mit uns sprach, fragte er, ob der Churfürst wuste, daß wir hier wären. Wir sagten nein; Er schickte gleich einen neben ihm stehenden Cavaglier zum Churfürsten um ihn zu [204] fragen, ob er die Kinder nicht hören wollte? – – wir sollten entzwischen im garten spazieren gehen, und die Antwort erwarten. – – In der That kam gleich darauf ein Laufer der uns meldete, daß wir um 8 Uhr bey der Musick erscheinen sollten. Es war 4 Uhr; wir giengen demnach im garten fort; besahen Badenburg, wurden aber durch einen gähen Regen und Donnerwetter gezwungen, uns unter das Dach zu begeben. kurz! Der Wolferl machte seine Sach gut. wir kamen erst um 1/4tl nach 11 Uhr nach Hause. assen erst, und kamen folglich spät schlaffen. am Erchtage und Mittwoch Abends waren wir beym Herzog Clemens, am Donners Tag blieben wir, wegen starken Regen Abends zu Hause. Nun hat es Hitze, wie wir hier weiter kommen: da der schöne Gebrauch hier ist, die Leute lange auf die Regalien warten zu lassen, so daß man frohe seyn muß, das zu bekommen, was man verzehret. hl: Tomasini1 ist schon 3 Wochen hier. Nun endlich ist er expedirt. sagen sie dem hl: Wenzl, er soll sich vorstellen, was für eine freude wir beyde hatten, uns ohnvermuthet hier zu sehen. Er kannte mich eher, als ich ibn; weil er nun Groß, stark, und schön gewachsen ist. Er zeigte eine gewisse Erkönntlichkeit gegen meine alte freundschaft, die ich ihm in Salzburg erwiesen, die mich rührte, und mir zeigte, daß er ein gutes Herz hat. Er gehet auch nach Stutgard, und Mannheim; dann aber wieder nach Wien zurück. Der Bischof von Passau ist also Tod? – – requiescat in pace! Judicia Dei xx Gott kann ein Strich durch manche Rechnung machen. Den 18ten speiste der Churfürst in der Stadt. wir giengen zur Tafel; Er, seine Schwester und der Prinz von zweybrücken unterhielten sich mit uns die ganze Tafel durch. ich ließ den Buben sagen, daß wir morgen weggehen wollten. Der Churfürst sagte zweymal, daß es ihm Leid wäre, daß er das Mädel nicht gehört hätte: denn als wir zu Nymphenburg waren, war die zeit zu kurz; weil der Bub allein mit praeambuliren, dann mit dem Concert auf dem Violin undClavier die meiste zeit wegnahm; zwey Damen fangen, dann war es vorbey. Da er also das zweyte mal sagte: ich hätte sie doch hören mögen; so konnte ich nicht anders sagen, als daß es [205] darauf nicht ankomme ein paar Täge noch zu verbleiben. Es ist also nicht anders möglich, als aufs geschwindeste am Mittwoch nach Augspurg hinüber zu fahren. Denn gestern war Jagd. heut ist franz: Comedie, und folglich kann sie erst morgen schlagen. werde ich nun am Erchtage expediret so darf ich Gott danken, beym Herzog werde ich nicht aufgehalten: allein er erwartet erst, was der Churfürst giebt. H. Tomasini hat Ursach mit dem Churfürsten übl zufrieden zu seyn. Er hat sich 2 mal produciret; hat lange warten müssen, und endlich 8 Maxd'or bekommen. Der Herzog hat ihm doch eine schöne goldene Uhr gegeben. Basta! ich bin froh, wann ich bekomme, was ich hier zahlen muß, und etwa bis nach Augspurg nöthig habe. ich kann die Stunde kaum erwarten, wenn ich hier leedig werde. Über den Churfürsten habe mich nichtzu beklagen. Er ist gnädigst, und sagte mir erst gestern: Wir sind schon alte Bekannte; Es wird schon 19 Jahr seyn, daß wir einander kennen, allein die Apost: die denken ieder auf sich, und ihren Beutl. leztlich haben wir bey dem Hamburg: Kaufmann Mr. König gespeiset, der in Salzburg bey uns war; er wohnte auch beym Störzer vornhinaus: wir aber sind in Neugebau über 2 Stiegen. Da wurde ich mit einem gewissen h: Johann Georg Wahler von frankfurt bekannt, der auch mit uns speisete, und der mir seine addreße gab, er wohnt auf dem Römerberg, und will mir in frankfurt ein privat Quartier verschaffen. bey der näml: Gelegenheit bekamen wir Bekanntschaft mit zwey fächf: Räthen Mrs de Bose, und Hopfgarten; beyde sind die artigsten Leute, und alle diese Herren werden wir oder in Stutgard oder Mannheim, wenn gott will, wieder antreffen, denn sie machen die näml. Reisse, wie wir.

Da ich alle Tag an diesen Brief etwas geschrieben; so wird er endlich fertig. Morgen den 22ten gehen wir ab. Leben Sie wohl ich bin

P:S: Izt sind wir expedirt. Von Churfürsten haben wir 100 f. vom Herzog aber 75 fl. bekommen. wie aber unser Conto im Wirthshauß lauten wird, das werden wir morgen zu vernehmen die Ehre haben, h. Störzer hat den Ruhm, daß er gut bedient; aber auch brief schreibt und rechnet. Gedult! Die Nännerl hat mit den grösten Applausen [206] sowohl beym Churfürsten als beym Herzog gespielt. Beyde haben uns bey der Beurlaubung eingeladen bald wieder zu kommen. Der Prinz v zweybrücken will uns in Mannheim ansagen, er geht bald dahin. Der Herzog Clemens hingegen hat uns mit einem Recomendations Schreiben an den Churfürsten von der Pfalz versehen. geben sie unsern freunden Nachricht von unserm Wohlergehen.

Fußnoten

1 = vielleicht Lodovico Tomasini (1741–1808), Violinist.

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 204-207.
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