*266. [an L. Hagenauer in Salzburg]

[259] München den 15ten November 1766.


Wenn es nach meiner Meynung gegangen wäre, so würde mein letztes Schreiben folgenden Anfang gehabt haben: Hier sehen Sie [259] einen Brief aus R – e – Re: aber nicht Rehbock (wie der bauverwalter Jackerl) sondern Regenspurg – – – denn ich würde Jetzt in Regenspurg seyn, um dem inständigen Verlangen des Prinz louis von Wirtemberg, wie auch des fürsten von fürstenberg und Sr Durl: des fürst taxis ein genügen zu thun. von hier ist es ein Katzen-sprung und würden so dan über Landshut und altenötting nach Hause gekomen seyn. Dieß ist aber eigentlich der weeg, den wir nach Hause nehmen werden. und wir werden zweifelsohne Sr Hochfürstl gnaden etwan noch in laufen antreffen: ob wir aber auch – noch über Regenspurg gehen werden. zweifle sehr, indeme ich erst die Völlige genesung unsers Wolfgangerl abwarten müssen. und dann erst nicht wissen wie bald wir von hier loß kommen. entzwischen wird das Wetter immer schlechter. unsre liebe frau Hagenauerin wir sich erinnern, daß der Wolfgangerl nach unserer zurückkunft von Wienn krank geworden, und sehr übel war, so, das man die Blattern förchten muste: und daß es sich am Ende durch die füsse hinaus zog, an dem er schmerzen klagte x:

Nun ist es eben so. Er konnte auf keinen fuß stehen; keine Zehen und keine Knie bewegen; kein mensch dürfte ihm auf die Nähe kommen, und er konnte 4 nächte nicht schlafen. Das nahm ihn sehr mit, und setzte uns um so mehr in sorgen, weil immer, sonderlich gegen die Nacht Hitze und fieber da waren. heunt ist es merklich besser: allein es werden wohl noch 8 täge herum gehen, bis er wieder recht hergestellt ist. in gottes Namen; 100 fl: sind bald weg, ich bin diesen schlechten spas schon gewohnt – – – [...]

Unsere eigene Nothwendige Einrichtung der Wohnung. liegt mir am Herzen; welches Sie zum theile selbst einsehen und bey unsrer (gott gebe) glücklichen ankunft mit augen sehen werden. gott (der für mich bösen Menschen allzugütige gott) hat meinen Kindern solche talente gegeben, die, ohne an die Schuldigkeit des Vatters zu gedenken, mich reitzen würde, alles der guten Erziehung derselben aufzuopfern. jeder augenblick, den ich verliehre, ist auf ewig verlohren. und wenn ich jemahls gewust habe, wie Kostbar die zeit für die Jugend ist, so weis ich es itzt. Sie wissen daß meine Kinder zur arbeit [260] gewohnt sind: sollten sie aus Entschuldigung daß eines das andre verhindert sich an Müßige Stunden gewöhnen, so würde mein ganzes gebäude über den Haufen fallen; die gewohnheit ist eine eyferne Pfoad. und sie wissen auch selbst wie Viel meine Kinder, sonderlich der Wolfgangl zu lernen hat. – – – allein wer weis was man mit uns bey unserer zurück Kunst in Salzburg vor hat? Vielleicht begegnet man uns so, daß wir ganz gerne unsern Wanderbingl über dem Rücken nehmen und davon ziehen. Wenigst bring ich dem Vatterland (wenn gott will) die Kinder wieder. will man sie nicht; So habe ich keine Schuld: Doch wird man sie nicht umsonst haben. – genug, ich verlasse mich durchaus auf Dero Vernünftige Einsicht und wahre freundschafft: das mündliche unterreden wird uns mehr Vergnügen verschaffen. Leben sie wohl: [...]

Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 259-261.
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