191.

[85] Salzb: den 31 aug: 1778


Mein lieber Sohn


Seit den 2 Briefen die ich zugleich erhalten und der letzte vom 31 Julij war, auch Dir unterdessen 2 mahl geschrieben, habe ich keinen Buchstaben von Dir erhalten. Du bist nicht gern in Paris, und ich finde, daß Du eben nicht gar ohnrecht hast. Bis itzt war mein Herz und gemüth für Dich beängstiget und ich musste trotz einem Minister1 eine sehr kützliche Rolle spielen, da ich bey aller meiner Herzensangst, mich lustig anstellen musste um iedermann glauben zu machen, als wärest Du in den besten Umständen. und hättest geld [85] im überflusse, ob ich gleich das gegentheil weis. Ich verzweifelte fast, so, wie ich wollte, durchzudringen, weil, wie Du weist, nach dem schritt den wir gethañ von dem Hochmuth des Fürsten wenig zu hoffen und ihm Deine schnelle abdankung zu sehr aufs Herz gefallen war. allein durch mein tapferes aushalten, habe ich nicht nur allein durchgedrungen, der Erzb: hat nicht nur alles accordiert, für mich und für Dich, Du hast 500 f; sondern er hat sich noch entschuldigt, daß er Dich itzt ohnmöglich zum Capellmeister machen könnte, Du solltest aber, wenn es mir zu mühesam wäre oder wenn ich ausser stande wäre, in meine Stelle unterdessen einrücken; er hätte immer Dir eine Bessere Besoldung zugedacht x: mit einem Wort, zu meinem Erstaunen, die höflichste Entschuldigung. noch mehr! Dem Paris2 hat er 5 f addition geben, damit er die mehrsten Dienste verrichten muß und Du wirst als Concertmeister wie vorhero decretiert werden. wir kommen itzt also vom zahl ammte, wie ich Dir schon geschrieben, jahrlich auf 1000 f. Nun kommt es darauf an, ob Du glaubst daß ich noch einen Kopf habe, und ob Du glaubst, daß ich Dein bestes besorge. – und ob Du mich tod oder beym Leben erhalten willst. Ich habe alles ausgedacht. Der Erzb: hat sich erkleret, daß er, wenn Du eine opera schreiben willst, er Dich, wo es immer ist hinreisen lasse; Er sagte zur Entschuldigung der vorm Jahre uns versagten Reise, daß er es nicht leiden könne, wenn man so ins betteln herumreise. Nun bist Du in Salzburg im Mittelpunkt, zwischen München, Wieñ und Italien. Du kannst leichter in München eine opera zu schreiben bekommen, als in Dienst kommen, dann deutsche opera Componisten, wo sind sie? Und wie viele? – Nach des Churf: todt ist alles dienstlos, und da entstehet ein neuer krieg. Der Herzog von zweybrücken3 ist kein grosser Liebhaber der Musik. Nun will ich aber nicht, daß Du eher von Paris abreisest, bis ich nicht das Decret unterschriebener in handen habe, weil der Fürst heut früh auf Laufen ist. Die Mßle Weber sticht den Fürsten und alle erstaunlich, sie werden sie absolute hören wollen, da sollen sie bey uns wohnen. [86] mir scheint ihr vatter hat keinen Kopf, ich werde die Sache besser für sie einleiten, wenn sie mir folgen wollen. Du must hier recht das Wort reden, denn zumCastraten will er auch eine andre Sängerin um eineopera aufzuführen. unterdessen packe der Mamma seel: ihre Sachen gut zusamm und thue darzu was Du nicht brauchest und rede mit dem h: gschwendner daß Du es gleich mit der wohlfeilsten gelegenheit fortschicken kannst, denn ich will, daß nichts verkauft wird, man bekommt nicht einmahl das halbe geld dafür, ich will lieber bezahlen. abgeschriebene Synfonien x: wo wir die Spart haben, kannst Du wir können es hier wieder auf Hof Kosten schreiben lassen x: – Man hat mirs immer hier zu ohren geredet, warum wir 2 einzige Personen in einem so grossenquartier bleiben, wo wir so viel zahlen müssen. allein ich habe immer gedacht, oder ich gehe weg, oder Du kommst, und dann muß besser gehen. wir haben einen Stall im Hause, da kann ich ein Pferd halten. will ich ein Kleins chaisl oder Würstl kauffen, so gieb ich den großen wagen dafür weg. Mein nächster Brief wird Dir sagen, daß Du abreisen sollst. ich und deine schwester Küssen und Umarmen Dich schon in gedanken. trage sorg für Deine gesundheit, wir können die Stund und augenblick Dich zu sehen kaum erwarten, ich leben von neuem bey Deiner gegenwarth und ersterbe

Dein redlicher vatter Mzt


Halte Dich an h: B. von grimm, er wird für die Reise sorgen. ich schreibe in Eyl, dann erst heut vormittag ist alles geschehen.

Fußnoten

1 Grimm.


2 Anton Paris, Organist am Salzburger Hofe.


3 Der Nachfolger Karl Theodors.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 87.
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