Fünfzehnter Abschnitt.
Fortsetzung der dritten Kunstperiode Gluck's. (1779–1781.) Gluck's Opern »Iphigénie en Tauride« und »Echo et Narcisse;« dann Piccini's »Iphigénie en Tauride.«

So rückte das Jahr 1779 heran. Der Wohlstand dieser Kunstanstalt wuchs fort, und Direktor und Publikum befanden sich wohl dabei. Lassen wir uns nach der Quelle dieser Erscheinung fragen! – Herr Grimm,1 der grosse Berichterstatter, sucht sie in der unbedingten Duldung aller Gattungen der Musik, der alten, wie der neuen, der Musik des Ritters von Gluck, wie jener des Piccini; in der Cultur der grossen Oper, wie der Opera Buffa, der Tanz-Ballete, wie der Pantomimen; kein Fach wurde von der Scene verwiesen, kein Talent bei Seite geschoben. Aber dieser Geist der Unpartheilichkeit – auf solch' eine Spitze getrieben – bekundete er nicht eine grosse Gleichgültigkeit? – Und sollte dieser Geist in Sachen der Oper nicht sogar verdächtig werden? –

Wie dem auch seyn möge: das Urtheil des Geschickes fiel nicht dahin aus, dass Herr de Vismes auf lange Zeit sich des Erfolges seiner neuen Verwaltung erfreuen sollte. Man weiss nicht, welcher Schwindel, welcher republikanische Geist sich plötzlich aller Köpfe der Opéra und besonders des schönen Kopfes der Dem. Guimard, der Vestris, der Dauberval, und der Levasseur bemächtigt hatte. Alle grossen Talente, die damals dem Ruhme des lyrischen Theaters ihre olympische Nahrung[335] reichten, fanden es mit einem Mal unter ihrer Würde, den Befehlen eines einzigen Menschen weiter zu gehorchen und so viele Kunst und Sorgfalt zur Bereicherung eines müssigen und stolzen Despoten aufzuwenden, der nicht im Stande wäre, ein Entre-chat zu machen, oder eine Note zu solfiren. Die grossen Worte: »Eigenthum, Unabhängigkeit, Freiheit« ertönten in allen Boudoirs und hinter allen Coulissen.

Herr de Vismes begann damit, das Gemurmel der Unzufriedenheit zu verachten. Für die Grossen seines Reiches beobachtete er nicht alle jene Rücksichten, jene Ehrerbietung, die man bisher diesen festen Säulen des Tempels der Kunst schuldig zu seyn glaubte; er verlangte von ihnen häufigere und beschwerlichere Dienste, ohne ihnen dafür einen angemessenen Ersatz zu gewähren, oder, wie er hätte thun sollen, den zarten Punkt ihrer Eigenliebe zu schonen; ja, er wagte es sogar, diese bei verschiedenen Gelegenheiten in empörendster Weise zu verwunden. Endlich that er, was den meisten ungeschickten Oberleitern eigen ist: er wusste die Macht seiner Feinde nicht zu schätzen, noch dachte er, von der Gunst des Publikums geblendet, daran, ihren Planen zuvorzukommen, oder sie zu durchkreuzen; und nachdem er sein Ansehen am unrechten Orte geltend gemacht hatte, sah er sich nicht selten in der Lage, dem mächtigen Drange der Umstände wieder zu weichen, und so seine ganze Schwäche bloss zu legen. Wir wollen diess durch einige auffallende Beispiele erläutern.

Bei einer Zusammenkunft, wo die erwähnten Damen dem Herrn de Vismes vorstellten, dass sie unter seiner Regierung um Vieles mehr tanzten, als unter jener seiner Vorgänger, und dass es folglich billig wäre, ihre Gehalte zu erhöhen, antwortete er ihnen bloss durch Beleidigungen: sie könnten sich nur allzu glücklich preisen, einem Schauspiele zu dienen, ohne dessen Schutz ihre Tugend immerdar unter dem Geschütze der Sicherheits-Behörde stehen würde.2 – Die jungen, durch diese[336] Grobheit, wie natürlich, tief verletzten Vestalinnen kehrten dem Sprecher den Rücken, und es musste unterhandelt werden. Dem. Guimard verlangte ein neues Kleid, um die himmlischen Freuden des Castor zu tanzen; die Sparsamkeit des Direktors wagte eine abschlägige Antwort: da zerschnitt sie ihr altes Kleid in tausend Stücke und schickte jenem die traurigen Trümmer. Herr de Vismes sah sich genöthigt, ein anderes anfertigen zu lassen, und erst nach vielen Bitten vermochte er sie zur Wiederannahme ihrer Rolle.

Auftritte dieser Art wiederholten sich fast täglich und schwächten das Ansehen der Verwaltung immer mehr und mehr.

Mit einem Worte: alle öffentlichen und geheimen Springfedern wurden in Anwendung gebracht, um die frühere Unabhängigkeit wieder zu erobern und Herrn de Vismes dahin zu vermögen, die Gewalt, mit der er bekleidet war, freiwillig niederzulegen. Man bot ihm den vortheilhaftesten Rücktritt an, der darin bestand, dass man ihm versprach, 800,000 Franken als Bürgschaft für das Gelingen des neuen Systems niederzulegen. Ein angesehener Fürst, M. de Soubise und ein angesehener Gesandter, Herr v. Mercy, liessen sich herab, diesen Bund, der schon durch sich selbst, durch seinen ausgebreiteten Kredit und durch seinen Reichthum furchtbar war, nachdrücklich zu unterstützen. Der »Congress« – so nannten die Damen und Herren ihre Zusammenkünfte, wurde in dem kleinen Tempel der Dem. Guimard abgehalten, und der grosse Vestris, dieser »Diou de la Danse« erklärte laut, er sei der Washington dieses Congresses.

Man kann sich leicht denken, dass in diesem Zustande der Gährung Ordnung und Mannszucht ohne grosse Mühe und Unruhen nicht aufrecht erhalten werden konnten. Die Gemüther erbitterten sich mit jedem Tage mehr, und die Zänkereien wurden immer lebhafter und häufiger. Man sah sich fortan genöthigt, den Schutz der Obrigkeit anzurufen, und die Obrigkeit selbst, mit den Führern der Opposition im Streite, musste eben so oft ihre Empfindlichkeit verbergen, um die Flamme des Aufruhrs[337] nicht auf das höchste anzufachen. »Der Minister will, dass ich tanze,« sagte die Guimard, »wohlan denn! er möge sich in Acht nehmen, ich könnte ihn leicht springen machen!«3 – Eines Tages, als der grosse Vestris dem Hrn. de Vismes eine sehr unartige Antwort gegeben hatte, vermass sich dieser ihm zu sagen: »Aber Herr Vestris! wissen Sie, mit wem Sie sprechen?« – »Mit wem ich spreche?« – versetzte dieser, »ja wohl, mit dem Pächter meines Talentes!« –

Noch muss hier eines Ereignisses gedacht werden, wodurch die Unordnung mit der grössten Heftigkeit durchbrach. Der junge Vestris, der schon jetzt den Talenten seines Vaters gleichzukommen verhiess, wollte kurz zuvor unter irgend einem Vorwande diesen in einem der letzten Ballete der »Armida« durchaus nicht ersetzen; da erhielt er den Befehl, sich nach dem Fort-l'Evêque zu begeben. Nichts war rührender, nichts pathetischer, als der Abschied des Vaters von dem Sohne. »Gehe hin« – sagte der »Diou de la Danse« – »ziehe hin, mein Sohn! Diess ist der schönste Tag deines Lebens! Nimm meinen Wagen und verlange das Gemach meines Freundes, des Königs von Polen; ich werde Alles bezahlen.« – Diese lustige Emphase erinnert an eine ähnlicher Art. Als der junge Vestris debutirte, stellte sich sein Vater, in die reichste und strengste Hoftracht gekleidet, den Degen an der Seite, den Hut unter dem Arme, mit seinem Sohne an den Rand der Scene, und, nachdem er an das Parterre salbungsreiche Worte über die Erhabenheit seiner Kunst und über die edlen Hoffnungen, die der erhabene Erbe seines Namens versprach, gerichtet hatte, wandte er sich mit eindringlicher Miene zum jungen Kandidaten selbst und sprach: »Wohlan, mein Sohn! Zeige dem Publikum dein Talent! Die Blicke deines Vaters ruhen auf Dir!« –

Von diesem grossen Zeitabschnitte an waren alle Tage durch Zusammenkünfte, durch Berathschlagungen, durch unterthänigste[338] Vorstellungen, durch Deputationen nach Versailles u.s.w. bezeichnet. Die ersten Sänger und Tänzer beiderlei Geschlechtes drohten Anfangs, ihre erhabenen Amtsverrichtungen einzustellen. Da sie später den Buchstaben des Gesetzes mit ihren ehrgeizigen Absichten in Uebereinstimmung bringen wollten, so beschlossen sowohl die Damen als die Herren, entweder ihre Entlassung zu verlangen, oder in Demuth zu begehren, dass ihr Direktor seinen Abschied erhalte. Den ersten Vorschlag wollte man wohl annehmen, aber mit der Beschränkung, dass Jene nach begehrtem Abschied noch ein Jahr lang ihren Dienst fortsetzten. Man gab den Häuptern der Berathung zu verstehen, dass, wenn diese Parodie der Parlamente noch länger fortdauerte, dieselbe eine so achtunggebietende Körperschaft leicht beleidigen könnte; dass dieselbe Seine Majestät schon sehr langweile, und ihnen zuletzt noch des Königs ganzen Unwillen auf sich laden dürfte. Man gab ihnen ferner zu verstehen, dass auch die grössten Talente nicht von dem gebührenden Gehorsam gegen die öffentliche Ordnung entbunden seien; dass man ihnen mit der Gewährung ihrer Wünsche gerade den schlechtesten Dienst erweise, und dass endlich der Ruhm des Vaterlandes, auf den sie bisher so eifersüchtig waren, höher angeschlagen werden müsse, als alle rein persönlichen Interessen.

Ein Vergleich, dessen Punkte wir nicht kennen, schien jedoch bald diese Streitigkeiten zu beendigen. Ein Marschall von Frankreich, ehemals durch sehr glückliche Unterhandlungen mit Spanien berühmt, trug das Meiste dazu bei, die Gemüther einander zu nähern und das Interesse des Publikums, so wie den Vortheil der Verwaltung mit dem Zartgefühl und dem Stolze der grossen Geister der Oper zu vereinigen.

Diese grosse Angelegenheit beschäftigte die Abendunterhaltungen der Pariser Welt ungleich mehr, als die Verluste ihres Handels, die Einnahme von Pondichéry und der unglückliche Seezug von Sainte-Lucie. Die grossen Politiker begnügten sich mit der Bemerkung, dass, wofern man jemals den Marschallstab von Frankreich dem Herrn von Estaing gäbe, er nicht aus dem Holze von Sainte-Lucie geschnitzt seyn möchte.[339] Und diese grosse Nation, die tagtäglich so viel Erhabenes hervorbrachte, konnte auf Vergnügungen, von denen sie am meisten berauscht schien, so leicht verzichten, und ohne Schwierigkeit den grössten Gefahren trotzen!


Lassen Sie, nach diesem episodischen Einblick in die Mysterien der Pariser grossen Oper, uns wieder zu dem deutschen Tonheros zurückkehren.

Schon am 30. November 1778 war Gluck mit seiner Gemahlin wieder in Paris angelangt, um seine »Iphigénie en Tauride« zur Aufführung zu bringen. Auf das eifrigste mit den Proben beschäftigt, kümmerte er sich dieses Mal wenig um das, was indessen bei der grossen Oper vorgegangen war, und noch vorging.

Vor einiger Zeit4 besuchte ihn ein junger Mann von edelstem Aeussern und den anziehendsten Gesichtszügen, der aber mit einer tiefen Melancholie behaftet zu seyn schien. Nachdem er dem Tonsetzer all die Begeisterung, die dessen Tonschöpfungen ihm eingeflösst, mit vieler Einfachheit geoffenbart hatte, bat er ihn um die Gefälligkeit, die Vorlesung des Textes einer neuen Oper »Orphée« anzuhören. Das Gedicht liess aber dem Tonsetzer sowohl in Beziehung auf die dramatischen Zukömmlichkeiten, als auch auf den Gang des Stückes Vieles zu wünschen übrig: aber er gewahrte darin manchen Zug eines wahren und rührenden Gefühls, dass er von dem Augenblick an die zärtlichste Freundschaft für den jungen Unbekannten fasste. Er sagte ihm: »Sowohl Ihre Physiognomie, als Ihr Werk, mein Herr! verkünden ein tief bewegtes Gemüth. Sie haben ohne Zweifel nach Ihrem eigenen Herzen gemalt.« – Bei diesen Worten vergoss der junge Mann einen Strom von Thränen; er gestand, dass er leidenschaftlich verliebt und nahe daran gewesen wäre, den ersten und einzigen Gegenstand seiner Gefühle zu ehelichen, als[340] er ihm im verflossenen Jahre durch eine heftige Krankheit entrissen wurde. Seit dieser Zeit wäre ihm die ganze Welt nichts mehr; er lebte bloss in den Erinnerungen, die seinen Schmerz nährten, und dieses Gefühl hätte ihm das Werk in die Feder diktirt. Gluck fragte ihn, ob er Musik verstände; er antwortete, dass er nur eine oberflächliche Kenntniss davon besitze; dass er aber, niemals hoffend, ein so grosser Meister, wie Gluck, würde sich zu seinem Werke herablassen, einige Arien daraus in Musik gesetzt habe. Er bat um Erlaubniss, sie ihm vorsingen zu dürfen. Der Satz dieser Arien war schwach und gemein, aber der Ausdruck, den ihm der rührende Accent seiner Stimme gab, entzückte den grossen Meister. Dieser sagte, er hätte nie eine Stimme von tieferem Gefühle, höherem Glanze, und natürlicherer Melodie gehört; es seien keine Töne, sondern das Gefühl selbst, welches mit unaussprechlichem Reize von seinen Lippen ströme, gleich einer klaren Welle, ausgegossen ohne Anstrengung von einem reinen, reichen und frischen Quell. Entzückt von Freude und Bewunderung umarmte Gluck den jungen Mann. »Mein Freund! die Natur hat Ihnen Ihre Bestimmung vorgezeichnet; widmen Sie sich dem Theater, Sie werden Einer der grössten Schauspieler werden, die je gelebt haben.« – »Aber, mein Herr! obgleich nicht von hoher Geburt, so erlaubt mir mein Stand doch nicht, einem solchen Gedanken Raum zu geben.« – »Oeffnen Sie die Statuten der königl. Akademie der Musik,« sagte Gluck, »und Sie werden finden, dass ein Edelmann auf diesem Theater singen kann, ohne seiner Ehre zu schaden. Wenn Sie meinem Rathe folgen, so lasse ich alle meine anderen Arbeiten für Ihren Orphée liegen; und gerade in diesem Werke sollen Sie auftreten. Glauben Sie mir, nur die grossen Erfolge der Eigenliebe können der Widerwärtigkeit einer unglücklichen Leidenschaft Reiz verleihen.« – Der junge Mann bat Gluck um einige Bedenkzeit, und hier folgt das Schreiben, das Gluck in den letzten Tagen von ihm erhalten hat.

Mein Herr! Soll ich Verzicht leisten, meinen Orphée, den die Bacchantinnen getödtet haben, von Ihrer erhabenen Musik geehrt zu sehen? – Ich habe mein Möglichstes gethan, ihn auf[341] drei Akte auszudehnen: aber er gewann dadurch nur an Ausdehnung, die für Sie keinen Reiz haben würde. Ich verwendete darauf die Zeit meiner Abreise von der Hauptstadt.

»Ich gestehe, mein Herr! dass nur der Wunsch, Ihnen zu gefallen, mich bewegen konnte, über den Vorschlag, in die königl. Akademie der Musik zu treten, reiflich nachzudenken. Ich verachte die gewöhnlichen Ansichten über den Schauspielerstand; dieses Talent ist nicht minder selten, als das eines Dichters, und der zugleich sittliche Schauspieler verdient die grösste Achtung. Die Häuser, die ausgezeichneten Künstlern sich öffnen, lassen sie jene nicht vermissen, die ihnen verschlossen bleiben; als Ersatz für diese wird ihnen die Aufnahme von den höchsten Klassen angeboten. Da diese Vortheile meinen künftigen Talenten gesichert bleiben, so gibt Ihnen mein Verstand nach: aber Sie werden nie mein Herz besiegen. Ich habe eine Mutter, einen Bruder und Schwestern, die noch von dem Joche der niedrigsten Meinung gefesselt werden. So veraltet diese auch seyn mag, dieser Bürgergeist würde Jener, der ich das Leben verdanke, den Tod geben. Mein jüngerer Bruder, bei seinem Eintritt in die Welt des einfachen Titels einer ehrsamen Dunkelheit beraubt; meine Schwestern verheirathet, unglücklich gemacht; und jene, die noch ledig ist, um die Ehre gebracht: das ist der Streich, den ich führen würde! Für mich gibt es keinen Reichthum, keine Gunst der Grossen um diesen Preis.

Wenn Sie meinem Werke nicht ein Wunder Ihrer Kunst zuwenden können, so lassen Sie mir wenigstens die Achtung eines grossen Mannes für die hohe Bewunderung und tiefe Ehrfurcht, mit welcher ich die Ehre habe zu seyn etc. etc.

Viguerard.«


Da die Comédie Italienne5 keine italischen Stücke mehr aufführen durfte, ersetzte sie dieselben durch die Comödien ihres alten Repertoirs, die sie seit ihrer Vereinigung mit der Opéra[342] Comique gänzlich aufgegeben hatte. Man schickte daher, mit Ausnahme des Carlin Bertinazzi und seines Ersatzmannes, die ihre Harlekin-Rollen in den französischen Stücken noch immer fortspielten, alle ultramontanen Schauspieler zurück. Die Possenreisser-Truppe wurde zu selber Zeit von der Verwaltung der königl. Akademie der Musik zum grossen Leidwesen einer sehr kleinen Anzahl von Verehrern, aber zur allgemeinen Zufriedenheit des Pariser Publikums, das jetzt mehr als jemals die grossen Arien Rameau's, das wohlbesetzte Orchester des Ritters von Gluck und Gardel's Pantomimen-Paraden schätzte, verabschiedet. Die Nachsicht, die man dem Geschmack an den Buffonisten angedeihen liess, soll noch im Jahre 1778 der Opéra einen Verlust von mehr als 60,000 Livres zugezogen haben. Der ehemalige Direktor der königl. Akademie der Musik, Herr Berton, ergriff die Zügel dieses unbeständigen Reiches von Neuem, und, um ihm seinen alten Glanz wiederzugeben, brachte er die Oper »Castor und Pollux« in die Scene.


Schon lange hatte man die herrlichste der Opern, nämlich Gluck's »Iphigénie en Tauride« als das Meisterstück dramatischer Musik in den öffentlichen Blättern angekündigt.

Zu eben dieser Zeit kam Etienne Henry Méhul6 nach Paris. Dieser hochbegabte, erst sehszehn Jahre zählende Jüngling benützte bei dem Streben, in seiner Kunst weiter zu schreiten, den Klavier-Unterricht des damals berühmten Edelmann, und wurde bald dessen ausgezeichnetster Schüler. Glück und Zufall verhalfen ihm nach einiger Zeit zur Bekanntschaft des Ritters von Gluck, der wieder in Paris angekommen war, das letzte seiner unsterblichen Meisterwerke zur Aufführung zu bringen.[343]

Der Drang, der ersten Vorstellung dieser wahrhaft grossen Oper beizuwohnen, verbunden mit der Unmöglichkeit, sich mit seinen beschränkten Mitteln eine Eintrittskarte zu verschaffen, liess Méhul den Gedanken fassen, eine List anzuwenden, um seine Wissbegierde zu befriedigen. Bei der Generalprobe schleicht er sich in's Theater und kauert sich in den Winkel einer Loge, in der Absicht, daselbst bis zum folgenden Tage auszuharren; aber unglücklicher Weise wird er von einem Theateraufwärter entdeckt, und ohne Erbarmen unter grossem Geschrei aus seinem Verstecke getrieben. Zum Glück ist Gluck noch im Orchester; er hört den Lärm, erkundigt sich und erfährt aus dem Munde des weinenden, und durch den Anblick des Meisters gleichsam ganz in Ehrfurcht aufgelösten Méhul den Hergang der Sache. Gewonnen durch die Kunstliebe des Jünglings, schenkt Gluck ihm nun eine Eintrittskarte für den folgenden Tag, und erlaubt ihm sogar, ihn manchmal zu besuchen. Man kann sich das Entzücken des jungen Künstlers über eine solche Güte leicht vorstellen; und da der grosse Tonsetzer schon bei der ersten Unterredung, die er mit Méhul hatte, des Jünglings hervorleuchtendes Talent wahrnimmt, so säumt er nicht, es mit ausbilden zu helfen. Indem er ihn – wie Méhul dieses später selbst berichtete – in den philosophischen und poetischen Theil der Kunst einweiht, lässt er ihn unter seinen Augen, als Studium, drei Opern, die »Psyché« von Voisenon, den »Anacreon« von Gentil Bernard, und »Lausus et Lydie« von Valadier komponiren, die der Verfasser der »Alceste« und »Iphigénie« alsdann streng prüfend mit ihm durchgeht und dadurch seinem Schüler die ganzen Tiefen seines Genius und seines Geistes enthüllt.


Den 18. Mai wurde die erste Vorstellung der »Iphigénie en Tauride« von Gluck gegeben, und in der That, so glänzend auch der Erfolg der übrigen Werke unsers Tonsetzers in Frankreich[344] gewesen ist, so hat doch keines einen so tiefen und allgemeinen Eindruck hervorgebracht und hinterlassen, als eben dieses.7 Die Oper besteht, nebst den Chören der Priesterinnen, der Griechen und der Scythen, nur aus fünf handelnden Personen, nämlich: Iphigénie (Sopran),Oreste (Bass), Pylade (Alt), Thoas (Bass) und Diane (Sopran).

Die Dichtung war das Probestück eines jungen Dichters, Namens Guillard.8 Der Bailly Du Rollet behauptete, den ersten Entwurf dazu gemacht zu haben, und der Ritter v. Gluck, er habe sie verbessert und, so zu sagen, überarbeitet. Dem sei, wie ihm wolle: der Verfasser ist dem Plane der Tragödie des Guymond de La Touche gefolgt. Er verlieh der Handlung dadurch Leben und Bewegung, dass er die Entwicklungs-Scenen und die für die Musik unausdrückbaren Einzelnheiten der Exposition, welche der Wirkung Eintrag thaten, ausgeschieden hat.

Der Dichter hat den Gesichtspunkt festgehalten, sich nicht von der tragischen Gattung zu entfernen; er hat es auch vermieden, dem Gegenstande der Dichtung eine fremde Episode einzuschalten. Das Hauptinteresse der Handlung bezieht sich auf den unglücklichen Zustand, worin Orest und Pylades sich befinden; auf die erhabene Freundschaft beider Helden; auf den grellen Gegensatz zwischen der edlen und zärtlichen Iphigenia und dem grausamen Dienst, womit sie belastet ist; und endlich auf die einfache und doch überraschende Art, womit das Wiedererkennen beider Geschwister veranlasst wird.

In diesem Werke, das den Namen einer wahren antiken, mit allen Fortschritten der Kunst bis auf jene Tage bereicherten[345] Melopöe verdient, schienen alle Schätze der Harmonie und Melodie, so wie alle Geheimnisse der dramatischen Musik erschöpft. Dieses Lob spendeten die Piccinisten dem Werke nicht: ihrem Urtheile nach war diese, ganz Paris in Entzücken tauchende Musik nichts als eine verstärkte französische, der wenige Gesang, den man darin finde, monoton und gemein, und der Rhythmus im Ganzen fehlerhaft. Obschon Grimm auch zu dieser Parthei gehörte, so war er doch vielleicht der Einzige unter ihnen, der dieser Schöpfung volle Gerechtigkeit widerfahren liess, und von der ausserordentlichen Wirkung derselben mit Vergnügen sprach.

Die Handlung des Gedichtes ist einfach und voll Leidenschaft, der Gang lebhaft und hinreissend, das Ensemble des Schauspiels von gehaltenem Interesse. Grimm konnte daher den Gluckisten mit Recht sagen: »Ich weiss nicht, ob das dort Gesang sei, aber vielleicht ist es etwas noch weit Besseres. – Wenn ich die Iphigenia höre, so vergesse ich, dass ich in der Oper bin; ich glaube ein griechisches Trauerspiel zu vernehmen, zu dem etwa Le Kain und Dem. Clairon die Musik gemacht haben (!). Das scheint Enthusiasmus zu seyn, und ich rette mein Urtheil in die Zufluchtsstätte dieser grossen Namen.« –


Dem. Rosalie Levasseur sang die Hauptrolle mit aller Anmuth, deren Gluck's Melodie empfänglich ist, und spielte mit ungewöhnlichem Verstande. Die Rolle des Orest wurde von Larrivée sehr gut gegeben: doch hatte sich Manchen der Wunsch aufgedrungen, dass in der schrecklichen Scene der Eumeniden seine Bewegungen weniger grell gewesen wären; er hatte daraus ein wahres Schauspiel des Entsetzens gemacht. Den Herren Legros und Moreau wurde in den Rollen des Pylades und des Thoas der grösste und verdiente Beifall gespendet.[346]

Die Fabel der Oper ist folgende:9 Iphigenia, die Tochter Agamemnon's sollte in Aulis der Diana geopfert werden; die Göttin rettete sie jedoch und versetzte sie als Priesterin in ihren Tempel nach Tauris, wo König Thoas herrschte. Während dieser Zeit hatte ihre Mutter Clytemnestra, um sich mit Aegisthos vermählen zu können, den König Agamemnon ermordet, und würde mit ihrem Sohne Orestes, denIphigenia nur als Kind gekannt hatte, in gleicher Weise verfahren seyn, wenn seine zweite SchwesterElectra ihn nicht bei dem Könige von Phocis, mit dessen Sohne Pylades er nun erzogen ward, verborgen hätte. Zum Jünglinge herangereift, begab sichOrestes heimlich nach Mycene, und gelangte gerade daselbst an, als das Gerücht von seinem Tode sich daselbst verbreitet hatte. Während jedoch seine Mutter und ihr neuer Gemahl dem Apollo für seinen Tod im Tempel dankten, brach Orestes aus seiner Verborgenheit hervor und tödtete Beide während des Opfers. Sogleich ward er von Furien gequält, und das Orakel bedeutete ihn, er könne nicht eher von diesen Unholdinnen befreit werden, als bis er Dianens Bild aus Tauris entführt hätte. Er reist demnach mit seinem Freunde Pylades und einem Gefolge von Griechen dahin, findet dort seine Schwester Iphigenia wieder, und bringt sie nebst dem Bilde der Göttin nach Mycene.

Dieser furchtbare Stoff ist ganz geeignet, die mannigfaltigsten Empfindungen und Leidenschaften nach den Gesetzen der menschlichen Seele zu entwickeln. Wie natürlich leben darin die Charaktere der spielenden Personen! – Schon ihre Schicksale, ihre Gesinnungen und Handlungen nehmen unser ganzes Interesse in Anspruch.

Der Plan des Gedichtes ist mit Verstand und Kenntniss der theatralischen Wirkung angelegt. Guillard hat das Ganze für seine Zeit bearbeitet und Scenen erdacht, die durch die Gewalt der Musik das Herz mächtig treffen. Was beim blossen Lesen zu künstlich erscheint und die Täuschung stört, verschwindet bei[347] der lebendigen Fülle und bei dem Zauber der Töne im wirklichen Schauspiele. Man kann dieses Opernbüchlein kühn unter die wenigen höchst vollkommenen Werke dieser Gattung rechnen.

Das Wunderbare, das die grosse Oper benützen darf, ist hier mit dem Natürlichen, das Erhabene mit dem Einfachen, das Tragische und Schreckliche mit dem Sanften und Gefälligen sehr gut verbunden und strebt zu Einem gemeinschaftlichen Zwecke, dem der Täuschung der Fantasie und der Rührung des Herzens. Es ist das rührendste Schauspiel tiefer Leiden dreier vortrefflicher Menschen: der gefühlvollen, unter Barbaren verbannten Iphigenia, dieses Weibes von eben so grosser Schönheit des Körpers, als Festigkeit der Gesinnung, würdig des Heldengeschlechtes, dem sie entsprossen war; dieses Bildes der Herzensreinheit, der Frömmigkeit, zarter Jungfräulichkeit und Ergebenheit; dieses Musters der edelsten Schwesterliebe, dieser Versöhnerin des lange unerbittlichen Schicksals; dann des echten Helden Orestes, dessen leidenschaftliches Gemüth durch ein schreckliches Verbrechen zerstört ist, und endlich seines Freundes und nicht minder echten Helden Pylades.

Die schönen Chöre der griechischen, an Iphigeniens Loose den innigsten Antheil nehmenden Priesterinnen, der wilden Scythen, der furchtbaren Eumeniden, und endlich des griechischen Gefolges, die Alle nicht erzwungen, sondern in natürlicher Veranlassung herbeikommen, verleihen dem Ganzen Pracht und Haltung. Die Charaktere der drei Hauptpersonen sind durchaus meisterhaft gezeichnet.10

Und wie unübertrefflich schön hat Gluck die Quellen des wahren Natur- und Kunstausdrucks in dieser Oper benützt! Wie einfach, edel und tragisch ist sein Styl! Wie überdacht und empfunden der ganze Plan, wie innig zusammenhängend die musikalischen Theile desselben, und wie weise der gesammte[348] scenische Haushalt in dieser Schöpfung! – Nichts fehlt – nichts ist überflüssig! Ueberall waltet nur hohes Leben, hohe Kraft und wohlthuende Wärme des Gefühls, so dass Alles aus unserer eigenen Seele herausgesungen zu seyn scheint!

Wir weinen mit der einsamen, unglücklichen Iphigenia, klagen mit den Priesterinnen, werden mit Orest von einem Grad der Leidenschaft, der Reue und Verzweiflung zum andern getrieben, werden von dem edlen Kampfe der Freundschaft und von der schönen männlichen Selbstaufopferung des Pylades hingerissen, von dem wilden, rohen Tanze der Scythen durchdrungen, aufgeschreckt bis zur höchsten Erschütterung von dem infernalen Getöse der Furienchöre und Tänze; ja der Tonsetzer hat uns auf die ganze Dauer der Vorstellung – und lange nachher – in seiner Gewalt.


Die Oper beginnt mit einem lieblichen und harmonischen, die Ruhe des Meeres malenden Arioso von 28 Takten (Andante in D maj. 3/4 Takt); ein Paukenschlag zerstört das Gemälde und verändert die ganze Situation. Das Orchester verwirrt sich und murmelt dumpf (Allegro in D maj. C Takt); der Sturm ist wach, aber er droht noch aus der Ferne; er naht, er wächst von Sekunde zu Sekunde; die Hörner und Trompetten, die sich bis jetzt nur von Zeit zu Zeit hören liessen, um die Annäherung und Heftigkeit des Gewitters anzukünden, vereinigen sich im Grunde des brausenden, schrecklichen Orchesters. Der Sturm ist ausgebrochen.

Der Tonsetzer, dieser getreue Nachahmer der Natur, hält ihn jedoch noch auf Augenblicke zurück, und benützt diese Zwischenzeit, um uns die klagenden Stimmen Iphigeniens und der Priesterinnen vernehmen zu lassen, welche, auf dem Theater umherirrend, die Milde der Götter anflehen: »Grands Dieux, soyez-nous secourables!« – Allein der Sturm wächst; das immer heftiger tobende, durchdringende und schneidende Orchester malt uns plötzlich tausend schreckliche Bilder: das Brüllen[349] der Wogen, das Pfeifen des Windes, die flüchtig zuckenden Blitze, das Rollen des Donners und seine entsetzlichen Schläge.Iphigenia und ihre Begleiterinnen erneuern ihre Gebete, aber diese Gebete werden noch nicht erhört. – Endlich verliert der Sturm seine Kraft, die Töne werden schwerer, die Bewegungen ruhiger, die Harmonie näher rückend und sanfter. Nur die Flöten deuten noch einige Bewegungen an. Der Aufruhr ist jedoch gestillt; Ordnung und Friede kehren zurück, und Stille herrscht wieder in der Natur. Schon diese erste Scene ist malerisch und überraschend. Die herrlichste Fülle der Instrumentalbegleitung bildet ein schönes Ganzes; man meint den Zug der Wolken wahrzunehmen, den die Hörner durch den vier Takte lang angehaltenen Ton bei dem Zephyrspiele der übrigen Instrumente im Andante vortrefflich versinnlichen.

Ueberaus schön und deklamatorisch, durch hohen leidenschaftlichen Ausdruck ergreifend ist die Stelle, wo Iphigenia in dem, der Gewittermusik folgenden begleiteten Recitative: »L'orage habite encore« – ihren Traum erzählt, der von den Priesterinnen stellenweise unterbrochen wird, besonders bei den Worten: »Mon père percé de coup – c'étoit ma mère – c'est Oreste!« – Diese Erzählung des Traumes ist ein Muster schöner Deklamation und tiefen Eindringens in den Dichter.

Diesem folgt der kurze, aber herrliche Chor: »O songe affreux!« – (Lento in E min. C Takt, mit Streichquartett, Oboi und Clarinetti) und ein eben so kurzes Recitativ.

Wie hinreissend ist ihre darauf folgende, höchst süsse und einfache Arie: »O toi, qui prolongeas mes jours!« – (Moderato con espressione in A maj. C Takt mit Streichquartett, Oboi, Clarinetti und Fagotti). Die Chöre sind durchaus schön, und voll innigen Gefühls.

2. Scene. Thoas tritt auf (Recitativ). Seine, den höchsten Ausdruck der Wildheit und Grausamkeit athmende Arie bildet einen herrlichen Gegensatz mit der hohen Jungfräulichkeit der Priesterinnen, besonders in seiner ersten zwar wilden, aber charakteristischen und kraftvollen Arie: »Ces noirs pressentimens!« – (Andante in H min. C Takt, mit Streichquartett, Oboi,[350] Corni und Fagotti). – Von grosser malerischer Wirkung in dieser Arie ist die Stelle: »Je crois voir sous mes pas la terre s'entr'ouvrir!« – und eben so: »Tremble, ton supplice s'apprête!« – Melodie, Rhythmus und Begleitung zeichnen so recht den barbarischen König der eben so barbarischen Scythen.

Die 3. Scene. Das Ballet der Letzteren mit seinen Chören ist wild und lärmend und eben so bezeichnend, wie die Arie des Herrschers. Die, mit Recitativen untermengten Chöre sind: Allegro in D maj. 2/4 Takt, mit Streichquartett, Piccolo, Oboi, Clarinetti, Trommel und Piatti, mit dem Texte: »Les Dieux appaisent leur courroux« – und in der

4. Scene wieder ein Allegro in D maj. C Takt, mit Streichquartett, Triangel und Trommel: »Il nous fallait du sang pour expier« – mit Balletstücken. Der Chor der Scythen ist ein Muster origineller rhythmischer Kunst. Ein Recitativ (5. Scene) schliesst den Akt.

Der Anfang des II. Aktes athmet lautere, zarte Empfindung im kurzen Vorspiele der Instrumente. Vortrefflich sind die Gefühle beider Freunde in einem begleiteten Recitative ausgedrückt, wie sie sich im Tempel versammeln. Die Arie des Orestes: »Dieux, qui me poursuivez« – (Allegro in D maj. C Takt, mit Streichquartett, Oboi, Clarinetti, Corni, Trombe e Timpani) bietet uns eine schöne leidenschaftliche Musik, welche den Ausdruck der Verzweiflung athmet.

Der Charakter des Pylades als eines zärtlichen, klugen und standhaften Freundes ist trefflich gehalten, und dessen Arie: »Unis dès ma plus tendre enfance« – von hoher Schönheit und Innigkeit. Sie ist ein Grazioso in A maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt, mit Streichquartett.

In der 2. Scene, einem begleiteten Recitativ, will ein Diener des Tempels die gefangenen Freunde trennen. Es geschieht und Orestes bleibt allein zurück.

Unnachahmlich schön und erschütternd ist die ganze 3te Scene des Orestes, die mit einem äusserst kräftig begleiteten Recitative: »Dieux protecteurs de ces affreux rivages« – beginnt; sodann das viel besprochene Andante: »Le calme rentre[351] dans mon coeur« – und in der 4. Scene der berühmte Furienchor mit dem Ballet, in welchem der gequälteOrestes hindurchschreit. Dieser Instrumentalsatz in D maj. mit Streichquartett, Oboi, Clarinetti, Fagotti und drei Posaunen mit dem bewegten Chor in D min. und derselben Begleitung ist Eines jener grossen genialen Stücke Gluck'scher Musik, die eine grossartige Wirkung nie verfehlen. Welch eine zweckmässig-contrapunktische Nachahmung finden wir in den Stimmen! Welche Rastlosigkeit in dem Basse! Welch Höllengeschrei der vielen Blasinstrumente in ihrem Zusammenwirken! Wie wahr zieht durch all das schnelle Gewühl der Töne in der Begleitung der wichtige, alles motivirende Gedanke: »Il a tué sa mère!« – Er ist durch langsame Noten und bedeutende Harmonien ausgedrückt. Welch eine herrliche Scene, wie Orestes endlich scheinbar zur Ruhe gelangt und entschlummert! Das Sinken der Wellen nach dem Sturme wird in der Begleitung höchst versinnlichend bezeichnet. Der Chor der Eumeniden in der 4. Scene ist schrecklich und der Darstellung des Wesentlichen im Ganzen angemessen, das nichts anderes ist, als Qual und Pein über Muttermord und Erduldung der Todesangst, Alles im reizenden Gewande der Fabel und der alten Griechensage. Gluck's Musik ist zugleich malerisch und bezeichnet selbst den Schwung der Fackeln. Die Blasinstrumente (Flöten, Hoboen, Klarinetten, Fagotte und besonders Posaunen) – thun ihre grosse Wirkung. Iphigenia kommt gegen das Ende dazu und Orest glaubt in ihr seine Mutter zu erblicken. Es ist der Anfang der 5. Scene und der Schluss des Chors. Das Gespräch zwischen Beiden, worin sie ihn ausforscht, ist vortrefflich. Die Musik steigt bei dem Worte »Agamemnon« durch mancherlei Töne bis in Des maj. und kommt dann, wo er seine Mutter als Mörderin nennt, ins B min. Wie effektvoll ist die Pause vor der Stelle Iphigeniens in derselben Scene: »C'est en fait, tous les tiens ont subi le trépas!« – Dieses Recitativ ist das Höchste der musikalischen Deklamation.

Die Schlussarie der Iphigenia: »O malheureuse Iphigénie« – (Andante moderato in G maj. mit Streichquartett, Oboi, Corni[352] und Fagotti), worin sie den Verfall ihres Hauses bejammert, hat grossen lyrischen Schwung und drückt die gewaltige Fülle des Leidens im Herzen vortrefflich aus. Ein kleiner, höchst einfacher, trauernder Chor scheint fast nur um des Contrastes willen dieser schwungvolleren Arie voranzugehen, deren Musik sich von der andern merklich unterscheidet, und in der die wirksamen Klänge der Hoboe die Zartheit und Tiefe der Empfindung Iphigeniens malen; sie enthält auch den reinsten Ausdruck des Schmerzes über den Verlust des geliebten Bruders. Die Hoboe fängt an, den reizend jammernden Gesang zu führen, der, von einem, in gleichen Schritten einherschleichenden Basse begleitet, zuerst mit den Klagelauten der sanftesten Wehmuth beginnt, allmählich aber an Leidenschaft wächst, endlich bei den Worten: »Mélez vos cris plaintifs« – zum herzzerreissenden Wehgeschrei wird, bis zuletzt der ganze Chor sich an einer Stelle von seltener harmonischer Kühnheit zum Wimmern der Oberpriesterin gesellt und mit dem Gefühle der Hoffnungslosigkeit, niemals errettet zu werden, endet. Mit dieser Stelle ist ein historisches Interesse verbunden, welches gekannt zu werden verdient. Eigentlich hätte darin das oben liegende G nach dem vorkommenden As des Basses als Dissonanz heruntertreten müssen, anstatt dass es hier nicht vom Platze rückt, und die ganze Sache lässt sich nach den Regeln des reinen Satzes nicht anders, als dadurch vertheidigen, dass man die Stelle als einen Orgelpunkt ansieht, wobei die Grundnoten in die Oberstimme verlegt sind. Gluck hatte indessen, um den halbkreischenden Ausdruck des höchsten Schmerzes hervorzubringen, diese harmonische Neuerung gewagt, die, obgleich in verschiedener Rücksicht, mit jenem berühmten »« in dem Furienchor des »Orfeo« verglichen werden kann. Die Musik zu dieser Arie ist eigentlich einer älteren Gluck'schen, für Neapel geschriebenen Oper, »La Clemenza di Tito« – von Metastasio entlehnt. Es ist die, für den berühmten Caffarello gesetzte Arie: »Se mai senti spirarti sul volto.«11 – Diese Arie machte auf alle Zuhörer[353] den mächtigsten Eindruck und wurde von den sonst kargen Neaplern so unmässig in Abschriften bezahlt, dass der Neid der Kritik darüber rege ward. Die Schwierigkeit der heterogenen Töne darin12 bewirkte, dass alle Musici, welche sie zu singen versuchten, hier schlechterdings distonirten. Gluck's Widersacher klagten: Che aveva messo l'acuto al pedale; seine Freunde vertheidigten ihn, und endlich ward der streitige Fall dem grössten Harmoniker, den Italien jemals besass, nämlich dem Francesco Durante vorgelegt. Dieser sah die Stelle sehr aufmerksam an und gab endlich zur Antwort: »Non decido, se questa nota sia in regola o nò; ma quel che posso dire, è, che se l'avessi scritta io, mi contarei grand'uomo.«13

Die Situation der Arie ist übrigens die: Orestes hat der Iphigenia, die ihn opfern soll, Nachrichten von der Ermordung des Agamemnon, der Clytemnestra, und mit einem doppelsinnigen Ausdrucke auch seiner, ihres Orestes hinterbracht. Sie lässt ihn darauf abtreten und ruft im Anfang der 6. Scene aus: »O Ciel! de mes tourmens la cause et le témoin, jouissez du malheur où vous m'avez réduite! il ne pouvait aller plus loin!« – Nun unterbricht die ganze Schaar der Priesterinnen sie mit dem kleinen Chore: »Patrie infortunée! où par des noeuds si doux notre áme est encore enchaînée, vous avez disparu pour nous!« –

Sie wendet sich darauf zu diesen ihren Mitgefangenen und singt: »O malheureuse Iphigénie! / Ta famille est annéantie! / Vous n'avez plus de Roi! / Je n'ai plus de parens! / Mélez[354] vos cris plaintifs à mes gémissemens;« und endlich antwortet ihr wieder der Chor: »Melons nos cris plaintifs à ses gémissemens.« – Eine kurze, von einer Priesterin gesungene Arie (Andante in C maj. 3/8 Takt: »Contemplez ces tristes apprêts« – mit Streichquartett, Clarinetti e Tromboni), sammt einem kurzen Zwischensatze derIphigénie und kurzem Chore, beschliesst diesen Akt.

Der III. Akt ist von der grössten theatralischen Wirkung.

Iphigenia's wehmüthige Deklamation bereitet ihr Herz vor, um es für die später erfolgenden heftigeren Schläge desto empfindlicher zu machen. Das Spiel des schwesterlichen Mitgefühls ist in der Poesie trefflich bezeichnet. Himmlische Seelen-Akkorde tönen aus Iphigeniens überaus melodiöser Arie: »D'une image, hélas! trop chérie!« – (Lento Grazioso in G min. mit Streichquartett). Es ist eine Arie voll hoher Wahrheit und tiefen Ausdrucks.

Die ganze 3. Scene, in welcher Iphigenia denOrestes nach Argos senden will, ist in der Poesie und Musik äusserst rührend und zart behandelt, voll der natürlichsten Darstellung und meisterhaftesten Deklamation.

Das Duett in der 4. Scene: »Et tu prétends encore que tu m'aimes?« – (Bewegtes Tempo in C min. Fünfzehnter Abschnitt Takt; Streichquartett mit Corni, Oboi und Fagotti) ist ein erhabener Wetteifer der rührendsten Freundschaft und Heldengrösse; das Tonstück gehört zu den rührendsten und schönsten der Oper. Der Dichter hat die Scene vortrefflich behandelt, damit sie nicht zur alltäglichen Moral würde. Der Ton C min. ist gut gewählt. Wie entzückend ist die Stelle: »Dieux fléchissez son coeur, rendez moi mon ami, qu'il m'accorde sa grâce que tout mon sang vous satisfasse.« – Wohl mag hier von guten Menschen schon manche Thräne dem Tonsetzer geweint worden seyn! –

Wieder ganz vorzüglich und leidenschaftlich gearbeitet ist das nun folgende Recitativ des Orestes: »Quoi! je ne vaincrai pas ta constance funeste.« – Die Wiederholung des »ne sais-tu pas?« – mit immer höher steigender Leidenschaft, die Verstärkung und Erhöhung der Stimme bis zum Schrei, und die[355] Fülle der Begleitung, hauptsächlich die Akkorde der stürmenden Posaunen mit den Clarinetten und Hoboen, und gegen das Ende mit den rauschenden Violinen – erschüttern die kleinste Fiber des Zuhörers, und vollenden den Triumph der Tonkunst über alle Künste, deren keine solch eine gewaltige Empfindung hervorbringt.

Die Arie des Pylades nach diesem Seelensturme: »Ah, mon ami, j'implore ta pitié?« – (Allegro in B maj. 2/4 Takt, Streichquartett und Oboi) thut durch ihre lieblichen Anklänge dem Herzen wohl; das abwechselnd bald langsamere, bald geschwindere Zeitmass ist sprechend und ausdrucksvoll. »Oreste, hélas! peut-il me méconnaître?« – Die ganze Seele ruht auf diesem Gedanken, und die immer langsamer werdenden Töne bis zur Fermate fesseln die Aufmerksamkeit im hohen Grade. Das Tonstück ist von wahrer Schönheit. –

In der 5. Scene dringt Orest mittelst eines kurzen Recitativs und Gesangs endlich durch, als Opfer zurückzubleiben, weil er droht, sich sonst selbst das Leben zu nehmen.

In der 6. Scene empfängt Pylades von Iphigenien Aufträge an Electra nach Griechenland. Pylades beschliesst (in der 7. Scene) den Akt mit einer schönen Arie an die Freundschaft: »Divinité des grandes ámes, amitié!« – (Moderato in C maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt, Streichquartett mit Hörnern, Trompetten und Pauken), worin er zu dem festen Entschluss übergeht, seinen Freund zu retten. Der Anfang dieser Arie ist so lieblich und spielend, dass man einen mit Lorbeern geschmückten Helden mit dem ruhigsten Gefühle daherkommen sieht, der aber bald wieder, seines Berufes sich erinnernd, heldenmüthig zu einer grossen That gerüstet ist. Gluck hat, nachdem er in dieser Oper schon lange nichts von Trompetten und Pauken vernehmen liess, den erschütterndsten Effekt dadurch bewirkt, dass er ganz am Ende des III. Akts in dieser sonst so ruhigen Arie des Pylades, bei den Worten: »Je vais sauver Oreste!« mit einem Mal jene lange verborgenen Instrumente hervorstürzen lässt, um dem Heldenmuthe der Freundschaft das höchste Leben aufzuprägen.

In Paris soll diese Stelle das erste Mal einen so erschütternden[356] Eindruck gemacht haben, dass darüber eine, grosse Bestürzung verrathende Bewegung im Parterre entstanden sei.

Die meisten der vorhergehenden Arien haben griechischen Rhythmus, und verleihen der Handlung etwas Antikes, das die Täuschung noch mehr befördert.

IV. Akt. Vortreffliche Darstellung der Iphigenia, wie sie nun bald den Orestes opfern soll.

1. Scene. Die Arie der Iphigenia: »Je t'implore, et je tremble, Déesse implacable!« (Bewegtes Tempo in A maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt, Streichquartett mit Oboi, Corni und Fagotti) bezeichnet den Widerwillen und inneren Kampf gegen den unnatürlichen Auftrag, Orestes, an den die geheime Sympathie der Verwandtschaft sie fesselt, dem Tode zu weihen, ganz treffend. Der kräftige Ausdruck, die überraschende Begleitung und die einzelnen dissonirenden Töne, die mit dem Basse im Einklang gehen, verleihen der Arie einen starken Charakter, und erheben sie zu einem hohen Muster und zum Studium für den wahren Ausdruck.

Die in der 2. Scene kommenden traurigen Chöre der Priesterinnen: »O Diane, sois nous propice!«14(A min. Fünfzehnter Abschnitt Takt, mit Streichquartett, Flauti, Clarinetti und Fagotti); dann der Hymnus: »Chaste fille de Latone!« – (Dolce in G maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt, Streichquartett mit Clarinetti und Fagotti), immer nur in zwei Sopranstimmen klagend und gepresst dahin schreitend, sind nicht minder vortrefflich und voll lieblicher Grazie. Herrliches Recitativ der Iphigenia und des Orestes dazwischen, ganz aus dem Innersten deklamirt: »Voilà le terme heureux de mes longues souffrances!« – und die kurze Cavatine: »Que ces regrets touchants pour mon coeur ont de charmes!« – (In H min. C Takt, mit Streichquartett und Flöte).[357]

Mächtig wirkt die Scene, in welcher Iphigenia das Messer ergreift, und Orestes kniend vor dem Stosse noch ausruft: »Ainsi tu péris en Aulide, Iphigénie, ô ma soeur!« – Sie ist ein wahrer Brennpunkt theatralischer Wirkung. Iphigenia ruft: »Mon frère Oreste!« und der Chor der griechischen Priesterinnen: »Oreste notre Roi!« – Iphigenia: »O mon frère« – in A dur, Melodie in der grossen Terz; Oreste: »O ma soeur, oui, c'est vous!« – in A moll der kleinen Terz. Dann wieder Iphigénie: »O mon frère, o mon cher Oreste!« in E moll; und weiter hernach: »Laissons là ce souvenir funeste! laissez-moi ressenter l'excès de mon bonheur!« – jubelnd, in ganz heiterem C dur. Eine himmlische Cavatine (Andante in C maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt mit Oboen)!

Die 4. Scene, wo König Thoas kommt: »De tes forfaits la trame est découverte« – und erfährt, dass der Fremde Orestes ist, der Oberpriesterin Bruder, ihn grausam, barbarisch dennoch geopfert haben will und von Pylades (in der 5. Scene), der mit einer Schaar Griechen herbeieilt, getödtet wird, worauf (in der 6. Scene) Diana erscheint, hat eine gute passende Musik. (Lebhaftes Tempo in F maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt, mit Geigen, Hörnern, Flöten, Oboen und Fagotten). Die Ankunft des Thoas zur Opferscene ist ein Muster rhythmischer Kunst.

Auch der Schlusschor (in der 7. und letzten Scene): »Les Dieux longtemps en courroux« – (Allegro in C dur, C Takt, mit Violinen, Flöten, Trompetten, Hörnern, Hoboen, Clarinetten und Pauken) ist vortrefflich und das ganze Finale des Stückes würdig.

Gluck hat seinem Lieblingskinde auch dadurch einen Zauber verliehen, dass er das Gewitter gleichsam in der Ferne, bei dem Gefechte der Griechen und Scythen im IV. Akte, und die Begleitung der Arie desOrestes im II. Akte, wo derselbe zur Ruhe gelangt und entschlummert, als Diana erschienen ist, passend wieder anbringt. Es ist diess ein wahres Meisterstück im Gebrauche des Orchesters!

Welch Glück diese klassische Oper in Paris gemacht, und welch hohe Anerkennung sie allda gefunden hat, beweist der Umstand, dass im Jahre 1783 die letzten Vorstellungen derselben[358] jedesmal über 9,000 Livres eingetragen haben. Am 2. April 1782 ward sie zum 151sten Male aufgeführt und brachte diesen Abend 15,125 Livres ein.15


Nach den herrlichen Vorstellungen der »Iphigénie en Tauride,« welche die gesammte Pariser Welt entzückt hatten, übersendete der Dichter Dorat dem deutschen Tonmeister eine metrische Nachbildung der Ode von Dryden: »Die Gewalt der Musik« – und begleitete sie mit folgendem Gedichte:16


Le Spartiate belliqueux

Respiroit les combats à la voix de Tyrtée;

Alexandre soumis dépendoit, dans ces voeux,

De l'Art savant de Timothée.

Ta chaleur, tes élans, tes traits vifs et profonds

Ont de cet Art dans toi réveillé la puissance;

Le froid méchanisme des sons

A fait place à leur éloquence.

Il nous faut des tableaux et non pas des chansons.

Par la terreur tu consternes mon âme;

Tu l'amollis par la pitié;

L'amour à tes accens communique sa flamme;

Tu fais tonner la rage ou gémir l'amitié ...

La Musique est parfois soeur de la Poésie,

Et la scène lyrique, avec étonnement,

Voit enfin de nos jours, grâce à ton énergie,

L'auguste et sombre Tragédie,

Sans madrigaux notés, exprimer son tourment.

Trop faible pour te suivre en ta marche hardie,

Loin de nous l'automate à ses calculs borné,

Qui sous les lois d'Euclide enchaina Polymnie!

C'est dans un coeur passionné

Que tu puisas ton harmonie.

Bien sentir, c'est créer; crois-moi, triomphe en paix,

Quand l'ignorance le déchire.[359]

Eh! quels raisonnemens opposer au délire?

Le grand homme attaqué répond par ses succès,

Et l'envie est punie au moment qu'elle admire.

Poursuis; que sa fureur ajoute à ton repos.

Quand la gloire est au comble, il faut bien qu'on l'expie.

L'enthousiasme ou la haine des sots

Sont les deux malheurs du génie.


Ungeachtet dieser neuen Lorbeerkrone, welche sich um Gluck's Schläfe gewunden hatte, dauerte der lyrische Krieg dennoch in seiner ganzen Stärke fort. Eine Flugschrift mit dem Titel: »Entretiens sur l'État actuel de l'Opéra de Paris« – von Cocqueau verlieh demselben einen neuen Grad von Heftigkeit und Bitterkeit. Gluck wurde darin gemeistert und Piccini erhoben, Beide weit über das Mass. Die Enthusiasten für den Einen und die Feinde des Andern hielten sich nicht mehr zurück; es war eine allgemeine Entfesselung. Der neue Opern-Direktor Berton versuchte die Partheien neuerdings zu beschwichtigen, indem er die Häupter zu versöhnen strebte. Er gab eine grosse Tafel, wobei Gluck und Piccini, nachdem sie sich umarmt hatten, neben einander gesetzt wurden. Sie sprachen auch während der ganzen Zeit mit vieler Herzlichkeit zusammen. Beim Nachtisch, erzählt Ginguené, liess sich Gluck, vom Wein erhitzt, in guter deutscher Weise gehen, und sprach laut, dass Jedermann ihn hören konnte: »Die Franzosen sind doch gute Leute, aber sie machen mich lachen; sie wollen, dass ich ihnen Gesang mache, und sie verstehen doch nicht zu singen. Mein lieber Freund! Sie sind ein, in ganz Europa berühmter Mann, Sie denken an nichts, als an die Erhaltung Ihres Ruhmes. Sie machen ihnen schöne Musik: Sind Sie desshalb weiter als ich? – Glauben Sie mir, auf Goldgewinn muss man hier denken, sonst auf nichts.« Piccini antwortete ihm so artig, als er vermochte, dass man in selber Zeit sich mit seinem Ruhm und mit seinem Glücke beschäftigen könne. – Sie trennten sich herzlich, wie sie sich empfangen hatten, und es liegt[360] ausser allem Zweifel, dass ihr gegenseitiges Benehmen aufrichtig war.

Bei Gelegenheit der genannten Broschure erschienen im Julihefte des Journal de Paris vom Jahre 1779 folgende Verse an den Ritter Gluck:17


Peintre des passions et souverain du coeur,

Tu sus franchir, en dépit de l'erreur,

Les bornes qu' à-ton Art l'usage avoit prescrites;

Et ton génie éludant ses limites,

D'un Art nouveau tu devins l'inventeur.


Des Welches nos ayeux la langue peu sonore

Par toi d'un rhythme heureux s'enrichit et s'honore.

Tu sus apprécier ses sons rêches et sourds.

On sçait le terrible anathème

Qu' avoit lancé contre elle un Sage de nos jours:

Ce Sage t'entendit; il changea son système.


Laisse dire les sots, et poursuis tes succès;

Enrichis-nous long-temps de tes savantes veilles;

Que l'envie assemblant ses traits,

S'élève contre tes merveilles;

D'autres pourront amuser nos oreilles;

Du parles à nos coeurs; c'est gagner ton procès.


Zu Wien wurde die Oper »Iphigenia auf Tauris« in deutscher Sprache am 23. Oktober 1781 zum ersten Male mit dem ausserordentlichsten Beifalle aufgeführt.

Im Jahre 1795,18 am 24. Februar fand die 1ste Aufführung dieser Oper, ebenfalls in deutscher Sprache, zu Berlin Statt. Die deutsche Oper dieser Residenz erhielt dadurch einen so bedeutenden Aufschwung, dass sich von dieser Zeit an die gleiche Berechtigung derselben mit der italischen Oper herausstellte. Ehre dem Eifer des wackeren Musikdirektors Anselm Weber, dessen unermüdliches Wirken zur Förderung wahrer Kunst ihn[361] unsterblich machte. Von dieser Zeit an wurden Gluck's Opern auf der Berliner Bühne heimisch, und erfreuten sich stets eines ungeheuchelten Beifalles.

Der deutsche Altmeister Goethe schätzte diese Oper ganz vorzüglich. Einen kleinen Beweis hiervon liefert folgendes Gedichtchen, womit er das, der einst berühmten dramatischen Sängerin Milder übersendete Exemplar seiner »Iphigenia auf Tauris« begleitete:


»Diess unschuldvolle, fromme Spiel,

Das edlen Beifall sich errungen,

Erreichte doch ein höh'res Ziel

Von Gluck betont, von Dir gesungen.« –


Gluck hatte nebst der »Iphigénie en Tauride« noch eine andere Opern – Dichtung und zwar »Echo et Narcisse« zum Tonsatze mit nach Paris genommen. Diese wurde fünf Monate nach der zweiten »Iphigénie« zur Aufführung gebracht, erntete aber, gleich der »Cythère Assiégée« nur einen geringen Beifall.

Im Jahre 178019 wiederholte die königl. Akademie der Musik diese Oper, nachdem mit derselben bedeutende Veränderungen vorgenommen worden waren. Man hatte die Längen abgekürzt, in der Exposition einige Modificationen gemacht, wodurch sie in der Meinung der Franzosen an Deutlichkeit gewann; man hatte ferner die Rolle des Amor fast gänzlich unterdrückt, da sie ihnen zum Ganzen nicht zu passen schien. Aus den angenehmsten Scenen derselben wurde ein Prolog zusammengezimmert, und die Oper selbst auf drei Akte gesetzt, um ihr einen einfacheren und rascheren Gang zu verleihen. Durch alle diese Veränderungen, sagt Grimm, war jedoch dem werthlosen Gepräge der Dichtung keine Abhilfe geleistet; denn der wesentlichste Fehler läge in der Art, wie der Baron Tschudi den[362] Stoff aufgefasst hatte. Den meisten Beifall erhielt der Hymnus an die Liebe, der mit Entzücken wieder verlangt wurde; allein man wusste den Schauspielern schlechten Dank, die ihn wiederholen wollten; denn die achtbarsten Stützen dieses scenischen Tempels hatten entschieden, dass eine solche Willfährigkeit gegen das Parterre das Ansehen der königl. Akademie der Musik gewaltig blossgestellt habe.

Die, in dieser Gestalt veröffentlichte Oper hat folgenden Titel:

»Echo et Narcisse. Drame lyrique en trois Actes avec un Prologue par M. le Baron de T. Mis en Musique par M. le Chev. Gluck. Représenté pour la première fois par l'Académie Royale de Musique le Mardy 21. Septembre 1779. Prix 24 Liv. A Paris, chez Des Lauriers Mad. de Papiers, Rue St. Honoré à côté de celle des Prouvaires.« – Fol. maj. 256 Seiten.

Die Personen sind: Aglaé, Eglé, Echo und Amour (sämmtlich Soprane); dann Narcisse und Cynire (Alt). Chor der Nymphen und Waldgötter.

Der Inhalt der Dichtung ist in Kürze folgender: Dem, durch hohe Schönheit ausgezeichneten Jünglinge Narcissus aus Thespiä oder Lakedämon, Sohne des Flusses Kephissos und der Nymphe Leiriope wurde von Teiresias geweissagt, dass er ein hohes Alter erreichen würde, wenn er sich selbst nicht sähe. Die schöne Nymphe Echo erblickte ihn eines Tages auf der Jagd und verliebte sich in ihn. Da er aber ihre Liebe nicht erwiderte, so schmachtete sie vor Gram so dahin, dass von ihr nichts übrig blieb, als die Stimme. Echo erflehte die Rache der Götter. Als nun Narciss einst aus einer klaren Quelle trinken wollte, sah er in derselben sein Bild und verliebte sich in dasselbe. Da es unmöglich war, den Gegenstand seiner Liebe jemals zu erreichen, so verging er ebenfalls, und ward in die Blume seines Namens verwandelt.

In der, der Gluck'schen Oper zum Grunde gelegten Dichtung gefällt es jedoch dem Gott der Liebe, Apollo einen Streich zu spielen, undEcho, in die dieser Gott verliebt ist, und die durch seine Ränke, da sie ihn nicht wieder lieben kann,[363] endlich vor Gram das Leben verliert, wieder aus dem Schattenreiche zurückzurufen und mit dem schönen Jünglinge Narciss durch das zärtlichste aller Bande auf den höchsten Gipfel der Seligkeit zu erheben.

Die Tonstücke der mir vorliegenden Partitur sind folgende:

Die Ouverture im Pastoralstyle, Moderato in D maj. 6/8 Takt, wird von zwei Orchestern getragen, deren Eines aus dem Streichquartett, Oboi und Corni, das Andere aus dem Streichquartett, mit Fagotti undClarini besteht. In dem zweiten, das Echo des Ersteren vorstellenden Orchester sind die nachgeahmten Perioden zwar etwas lang, müssen aber doch eine angenehme Wirkung erzeugen. Was die Clarini betrifft, so scheinen diese von unseren heutigen Trompetten, die von vielen neueren Tonsetzern auch Clarini genannt werden, sehr verschieden gewesen zu seyn, weil Gluck ihnen Tongänge zumuthet, die man von Trompetten (die heutigen Klappen-Trompetten ausgenommen) vergebens fordern würde. Der Charakter des Tonsatzes ist lebhaft und heiter.

Der Ouverture folgt der erwähnte Prolog, den ein Chor der Nymphen mit sanfter, einschmeichelnder Melodie in G maj. C Takt eröffnet: »A l'ombre de ces bois épais.« Er wird vom Streichquartette, Flauto und Oboi soli begleitet. Diese Begleitung ist überaus schön. Die Sätze der 2. Scene sind: 1. Recitativ und Arie des Amor im bewegten Zeitmasse, D maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt. Voll Selbstgefallen und Freude über sich und das, was er vermag, singt er im muthwilligsten und launigsten Tone die Ariette: »Rien dans la nature n'échappe à mes traits, – ni le guerrier de son armure, ni le chasseur leger qui fuit dans les forêts« – mit Streichquartett, Oboi und Corni. Das Tonstück, in welchem Amor seine Absichten entwickelt, ist allerliebst, und der Charakter des Liebesgottes ist so neu und originell von Gluck bearbeitet, dass man die Arie nicht satt hören kann. 2. Zwei Tanzstücke der Zephyre und der Mühen (peines), und zwar ein Moderato dolce in D maj. 6/8 Takt, für Streichquartett, Oboi, Fagotti und Flauto solo, und ein Lento in D min. Fünfzehnter Abschnitt Takt für Streichquartett undOboe solo. 3. Ein kurzes Arioso des Amor in G maj.[364] 3/4 Takt: »Amables plaisirs, tendres peines!« – vom blossen Streichquartett begleitet, dem wieder ein ganz einfaches und zugleich liebliches Tanzstück, Andante in G maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt für Streichquartett und Fagotti folgt. 4. Eintritt der Vergnügungen mit grosser Arie des Amor, Andante in G maj. 3/4 Takt »Amusez, sachez plaire« – mit Streichquartett und Fagotto solo. Der Gesang ist edel gehalten, und die Schlussformen mit einigen Coloraturen geziert. 5. Balletmusik, Grazioso in E min. 6/8 Takt für Streichquartett, Oboi und Corni, mit einem Trio in G maj., dem der erste Satz da Capo folgt; dann Recitativ, nach welchem Amor die obige einfache, und doch kräftige Arie: »Rien dans la nature« etc. wieder aufnimmt. Ein Contretanz in C maj. 2/4 Takt für Streichquartett, Oboi undCorni schliesst den Satz. 6. Eine kurze Arie des Amor in F maj. 2/4 Takt, sammt Mittelsatz in D min. undda Capo: »Vallons chéris par les Amans« – vom Streichquartett, Corni, Clarinetti und Fagotto begleitet, welche bei den früheren Aufführungen im III. Akte gesungen wurde. Dieser Gesang ist ein Musterstück zarten und heimlichen Gefühles, voll der lieblichsten Wiederhalle der Hörner und Clarinetti, die sowohl den besungenen Gegenstand malen, als die sanfttrauernde Empfindung des Inhaltes aussprechen.Amor beklagt in diesem Liede das Schicksal der Nymphe, die aus Gram über die vermeinte Untreue ihres Narciss gestorben ist, und die bekannte, von Ovid beschriebene Verwandlung erlitten hat, und kleidet Alles in einen Zuruf an andere Liebende ein.

Akt. 1. Scene. Recitativ der Eglé in C maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt, mit Streichquartett, Oboi, Clarinetti und Corni; sodann feierlicher Chor der Nymphen und Waldgottheiten, Andante in C maj. C Takt: »Que la lumière vive et pure« – mit derselben Begleitung, wobei auch die Tänzer eintreten. Die folgende, aus verschiedenen Wechseltänzen bestehende Balletmusik enthält ein Allegro in F maj. C Takt für Streichquartett, Oboi, Clarini und Flauto solo; dann einen Menuet in B maj. 3/8 Takt für das Streichquartett allein; ferner einen charakteristischen und markirten Tanz inG min. für das Streichquartett und Corni in ganz ungewöhnlichem Rhythmus. Diesem folgt eine einfache,[365] kurze und zärtliche Ariette für Gesang und Tanz mit eingewebten Echos der Eglé, Moderato in G maj. 3/4 Takt »Echo par un charme innocent« – für Streichquartett, Clarini und Fagotti, nach welcher der Chor: »Que la lumière« etc. wiederholt wird.

Die 2. Scene beginnt mit einem kurzen, begleiteten Recitativ der Echo, Andante in C min. C Takt: »Nymphes éloignezvous un moment!« – mit Streichquartett, dem ein Pantomimen-Stück in C min. C Takt für Streichquartett und Fagotto solo folgt.

Die 3. Scene ist ein Gesang zwischen Echo undCynire, bestehend aus einem Recitativ und einemArioso. Ersteres beginnt mit den Worten: »Pour offrir à l'amour l'hommage,« – das Zweite: »J'y cache hélas une vive blessure« – ist ein Grazioso in C min. Fünfzehnter Abschnitt Takt; beide Stücke werden vom Streichquartett begleitet. Der Satz ist ernst und feierlich und blosser deklamatorischer Gesang. Die Scene endet mit einer Arie der Echo in G min. Fünfzehnter Abschnitt Takt: »Hélas! je n'ai pour moi qu'une âme simple« – mit Streichquartett, der noch ein Recitativ zwischen Echo und Cynire folgt.

Die 4. Scene. Kurzes, vom Streichquartett begleitetes Recitativ, Largo in C maj. C Takt, mit einer, in sanfter und rührender Klage sich ergiessenden Arie der Echo, Dolce con espressione in B maj. 6/8 Takt »Peut être d'un injuste effroi« – mit Streichquartett und Flauti.

Die 5. Scene. Brillante, an einigen Stellen von der Echo unterbrochene Arie der Eglé, Allegro in B maj. 6/8 Takt »Vous differez vos jeux« – mit Streichquartett und Oboi. Den Schluss macht ein kurzes Recitativ.

Die 6. Scene. Grosse Scene des Narcisse mit fernem Echo. Sie enthält: 1. ein Dolce in F maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt: »Divinité des eaux!« – mit Streichquartett, Oboi, Flauti, Clarini und Corno solo. Recitativ und à tempo wechseln hier mit grosser Wirkung ab. 2. Begleitetes Recitativ zwischen Narcisse und Echo in B maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt »Lorsque je souriais un souris« – das in ein kurzes Arioso des Narcisse in C min. Fünfzehnter Abschnitt Takt übergeht: »Par mes ennuis, par tes alarmes« –. Beide Stücke werden vom Streichquartett und Oboe solo begleitet.[366]

In der 7. Scene, dem Finale dieses Aktes, trittCynire mittelst eines Recitativs hinzu. Die übrigen Nummern sind: 1. Arie der Echo, Dolce in F maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt: »Ah, s'il s'étoit laissé surprendre« – mit Streichquartett, welche Cynire mit einem kurzen Recitativ schliesst. 2. Arie des Cynire, Moderato in A maj 3/4 Takt »Si votre amant du charme« – mit Streichquartett, Corni und Fagotti, und sehr einfachem und lieblichem Gesange. 3. Recitativ der Echo, dann Arioso in D maj. C Takt: »D'une vie aussi malheureuse« – mit Streichquartett. 4. Duett zwischenEcho und Cynire, Andante in D maj. C Takt: »L'espoir fuit de mon coeur« – mit Streichquartett,Oboi, Corni und Fagotti. Ein ernstes, feierliches Tonstück.

II. Akt. 1. Scene. Instrumentirtes Recitativ zwischen Eglé und Cynire, Andante in D min. Fünfzehnter Abschnitt Takt: »Ton amitié vive et pressante« – mit Streichquartett; dann in der 2. Scene ein grosser Sopranchor der vier Nymphen Eglé, Thanais, Aglaé und Sylphie, Andante in D maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt; »O chérie et tendre amie!« – mit Streichquartett und Oboe, den die Echo mit einem Recitative schliesst. Diesem eben so eigenthümlichen und künstlich ausgeführten, als effektvollen Tonsatze folgt ein Trauerchor in den vier weiblichen Stimmen, Lento in C min. C Takt; »O mortelles alarmes, impitoyables Dieux!« – mit Streichquartett und drei Tromboni, in choralartigem und düster gehaltenem Charakter. Ihm folgt ein kurzes, die tiefste Empfindung ausdrückendes Arioso der Echo, Adagio molto in As maj. C Takt; »Quel coeur plus sensible« – mit Streichquartett, worauf der Chor seinen Gesang wieder aufnehmen will, aber durch ein Recitativ der Echo, Mitleid flehend, unterbrochen wird.

3. Scene. Kurzes Recitativ der Eglé.

Die 4. Scene bildet das Finale des II. Aktes und enthält: 1. eine Arie des Narcisse, Allegro in A min. 2/4 Takt: »Je ne puis m'ouvrir ta froide demeure« – mit Streichquartett, Oboi und Fagotti. Diese Arie hat eine überaus schöne Bassführung; Schwermuth und Verzweiflung ist ihr Charakter; 2. ein kurzes Recitativ und Arie des Cynire, Andante moderato in As maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt: »Sa voix plaintive et gémissante« – mit Streichquartett, [367] Oboi und Clarinetti, welche von einem Recitativ zwischen Cynire und Narcisse geschlossen wird. Der Gesang ist einfach und edel und die durchlaufenden Triolengänge der Violinen geben dem Stücke Leben und Bewegung. 3. Arie des Narcisse, Allegretto in C maj. C Takt: »O combat, ô désordre extrême!« – mit Streichquartett und Corni. Sie hat ein heiteres Gepräge, obschon der Gesang sich nur gemessen fortbewegt. 4. Ein Doppelchor hinter dem Theater in A min. C Takt: »Dieux qu'implorent ses tristes yeux« – mit Streichquartett, Oboi, Clarinetti und Tromboni, und Zwischensätzen des Narcisse und Cynire schliesst diesen Akt.

III. Akt. 1. Scene. Gesang einer Coriphée; mässiges Zeitmass in B maj. C Takt: »Che recompagne en vain de ces sombres forêts« – mit Streichquartett, obligater Flöte und Clarinette, vom Chor der Nymphen: »O chère Echo!« – der diese zu trösten sucht, öfters unterbrochen.

2. und 3. Scene. Kurzes Recitativ des Narcisse und Cynire; dann Arie des Letzteren, Grazioso inB maj. 3/4 Takt »Dissipe ce mortel effroi« – in welches später Narcisse einfällt, mit Violinen, Violoncello und Corno soli. Diese Arie zeichnet sich durch einen schönen, ruhigen Gesang aus, der von den concertirenden Instrumenten in lieblicher Weise verschönert und von einem, bis zum Allegro gesteigerten Zeitmasse gehoben wird.

Die 4. Scene beginnt mit einem Recitativ desNarcisse: »De l'amitié touchante« –, dann dessen, von kurzen Sätzen der Echo einige Mal unterbrochener, deklamatorischer Gesang, Lento in B maj. C Takt: »Beaux lieux, témoins de mon ardeur« – mit Streichquartett, Oboi, Flauti und Clarinetto. Narcisse drückt seine unendliche Sehnsucht nach der Geliebten aus, indem er ihr laut zuruft und Entgegnung erhält. Nach der Wiederbelebung der Echo durchAmor's Macht vereinigen sich beide Liebende in seligem Entzücken.

Amor beginnt die 5. Scene, oder das Finale dieses Aktes mit einem Recitativ. Ein Quatuor zwischen Amor, Echo, Narcisse und Cynire folgt: »Quel retour, ô Dieux! quel moment!« – Es ist ein Andante grazioso in G maj. 3/4 Takt, mit Streichquartett,Oboi, Flauti und Corni. Heiterkeit wechselt mit allen innigen[368] Gefühlen und fesselt in angenehmster Weise das Gemüth des Zuschauers. Der bewegte Schlusschor in Es maj. Fünfzehnter Abschnitt Takt: »Le Dieu de Paphos et de Gnide« – mit vollem Orchester, ist ein Hymnus an den Gott der Liebe, mit darauf folgenden Feiertänzen. Diese sind: 1. Romance Moderato in D maj. C Takt, für Streichquartett, Clarinetti, Corni und Fagotti; 2. ein Lento in C maj. 6/8 Takt, für Streichquartett, kleine Flöten, Tamburin, Oboi, Clarini, Corni und Fagotti; 3. Allegro in C maj. 2/4 Takt, für dieselben Instrumente; und 4. das Minore 2/4 Takt für Streichquartett, Oboi, Clarini und Fagotti.

Der geringe Erfolg, den diese letzte, vortreffliche Arbeit unseres Gluck in Frankreichs Hauptstadt hatte, vermochte sein festgegründetes Ansehen nicht mehr zu schwächen, obschon seine Gegner, wenn auch nur durch Scheingründe immer noch bemüht waren, den Werth dieser Oper herabzusetzen und so in gewohnter Weise fortfuhren, des grossen Tonsetzers Namen zu verdunkeln.


So nahte das Jahr 1780. Gluck ruhte längst in den Mauern Wiens auf seinen wohlverdienten Lorbeerkränzen aus, schwelgte in den Erinnerungen an die Fehden der Seine-Stadt, ergötzte sich an deren Fortdauer und belächelte in stiller Heiterkeit die Thorheiten der Welt, gleich einem Weisen, der die Menschheit in ihren kleinsten Beziehungen kennen gelernt hatte. Die musikalischen Kämpfe, die mit erneuerter Heftigkeit ausgebrochen waren, so wie die damit verbundenen Intriguen, trieben jetzt mit dem armen Piccini ihr trauriges Spiel.

So vielen Anstrengungen sich Hr. d'Alembert auch unterzog, um die Partheien doch endlich einmal einander zu nähern; so viele Opfer Einer der eifrigsten Piccinisten, der Ritter von [369] Chastellux20 in einem langen Artikel des Mercure,21 der keinen andern Zweck hatte, als eine für die Ehre der Wissenschaften so wünschenswerthe Vereinigung einzuleiten, dem vermeinten Götzendienste der Gluckisten bringen zu müssen glaubte: so sah man doch tagtäglich neue Pamphlete, neue Sinngedichte auftauchen, sammt dem, was daraus folgt. Herr Suard liess mit vieler Sanftmuth dem Herrn Marmontel sagen, dass, wofern er sich jemals unterfinge, sein Gedicht über den Musikkrieg erscheinen zu lassen, er ihm das Gesicht zerfetzen würde. Marmontel war darum nicht minder geschäftig, das Gedicht Jedem vorzulesen, der es hören wollte.22 In Erwartung einer noch mörderischeren Rache hörte der Abbé Arnaud nicht auf, seinen Gegner mit Epigrammen und Liedern zu necken. Folgendes unfeine Gedichtchen machte die meiste Runde, und erfreute sich eines nicht unbedeutenden Beifalles:


Ce Marmontel si long, si lent, si lourd,

Qui ne parle pas, mais qui beugle,

Juge la peinture en aveugle,

Et la musique comme un sourd.

Ce pédant à si sotte mine

Et de ridicules bardé

Dit qu'il a le secret des beaux vers de Racine.

Jamais secret ne fut si bien gardé.


1781.

[370] Die Menschen bilden sich oft die sonderbarsten Begriffe23 von der Art des Benehmens, welches Gelehrte und Künstler sich wechselseitig schulden. Man verzeiht es ihnen leichter, wenn sie einander unterdrücken, zerreissen und in tausenderlei Weise schaden; aber sie halten es für ein unverzeihliches Verbrechen, wenn sie bei der Behandlung eines und desselben Stoffes öffentlich mit einander zu ringen sich erlauben. Einer der vorzüglichsten Beweggründe des Hasses und der Verfolgungen, die Voltaire von Seite der Gelehrten erfahren hat, war die Freiheit, die er sich nahm, von Crebillon bereits bearbeitete Stücke mit Glück wieder auf die Bühne zu bringen. So konnte man es keineswegs entschuldigen, dass Piccini's Anhänger es nicht für nöthig hielten, das Publikum zur Nachsicht aufzufordern, als dieser Tonsetzer es wagte, eine zweite »Iphigénie en Tauride« in Musik zu setzen, ohne sich durch die ungeheuren Erfolge der Gluck'schen Schöpfung beirren zu lassen. Welcher von Beiden besass nun einen höheren Grad von Eigenliebe? – Weit entfernt, ihm für diese grosse Kühnheit schlechten Dank zu wissen, würde man zum Frommen der Kunst und des guten Geschmackes weit eher gewünscht haben, Piccini hätte nicht nur denselben Stoff, sondern auch dasselbe Gedicht bearbeitet. Dieser, seit langer Zeit in Italien bestehenden Gewohnheit, die den Ehrgeiz begünstigt, die belehrendsten Vergleichungen veranlasst, und eben dadurch den Geschmack der Künstler und ihrer Richter zugleich bildet, verdankt die Musik vielleicht einen Theil des Ruhmes, dessen sie sich in jenen glücklichen Ländern erfreut.

Doch Piccini war von der Direktion mit diesem Stücke eben so hintergangen worden, wie einst Gluck mit »Roland.« Ginguené erzählt den ganzen Hergang der Sache, der dem Direktor nicht zur Ehre gereicht, in seinem Werkchen: Vie de Nic. Piccini.

Diese neue »Iphigénie« wurde Dienstags, den 23. Jänner[371] 1781 zum ersten Male aufgeführt. Das Gedicht war von Dubreuil, einem in der Gelehrtenrepublik bis dahin wenig gekannten Manne, der sich jedoch einbildete, er könnte gleich Andern eine Tragödie in Stücke zerschlagen, um daraus eine Anzahl von Halbversen für eine Oper zu ziehen und diese so recht und schlecht zum Gebrauch eines Tonsetzers zu verbinden. Die Grundlage zu dieser »Iphigénie« ist eben wieder dem Stücke des Guimard de la Touche entlehnt, wie es Guillard gethan hat. Wir enthalten uns daher jeder Wiederholung. Das Gedicht, dessen Ehre man Herrn Dubreuil gänzlich überliess, gehört ihm nicht ganz; es gab keinen Freund des Tonsetzers Piccini, der nicht einige Verse darin entweder geändert, oder hinzugefügt hätte.

Die Musik schien den Anhängern der italischen Musik ganz geeignet, den Neid, die Vorurtheile, die Kritik, selbst die Gluckisten zu entwaffnen. Man wollte keine gemüthvolleren, keine rührenderen Melodien gehört haben; die Macht des Gesanges schien nicht allein in allen Arien der Iphigénie, sondern ganz vorzüglich in der Freundschaftsscene des III. Aktes den höchsten Höhenpunkt erreicht zu haben, besonders in der wirklich schönen Arie des Pylades: »Oreste! au nom de la patrie« – und in dem nicht minder herrlichen Trio, das diesen Akt schliesst, und von hohem dramatischen Ausdruck und grosser Wahrheit ist. Man hatte Piccini vorgeworfen, den grössten Theil der Chöre in den Opern »Roland« und »Atys« vernachlässigt zu haben; in seiner »Iphigénie« sind alle des Lobes würdig, das sie empfingen; auch in den Recitativen war mehr Bewegung, Effekt, Wärme und Wahrheit, als in den andern Opern zu finden. Man sah, er hatte von Gluck gelernt, und es nicht verschmäht, das Gute des Deutschen, so weit es dem Italiener gelingen mochte, sich anzueignen. Dasselbe galt in noch höherem Grade von Sacchini.

»Und doch, sagt Marmontel24 selbst, konnte sich Piccini'sIphigénie‹ nach der ›Iphigénie Gluck's, welche auf dem[372] Theater verblieb, dessen sie sich bemächtigt hatte, nicht halten: denn Gluck hatte in dem barbarischen Gedichte (!), das ihm zum Tonsatze gegeben wurde, Schreckensscenen gefunden, die der Kraft seiner Schreibart entsprachen, und die er mit Stärke ausdrückte. Piccini's Dichtung dagegen, so schlecht gearbeitet, wie sie war, konnte nur ein sanftes Interesse hervorrufen, und der Tonsetzer derselben mit Hilfe der Verbesserungen, die der Verfasser unter meinen Augen vornahm, bloss einer rührenden Musik Raum gewähren. Daher kam es, dass nach dem starken Eindrucke, den die grausame Oper Gluck's (!) auf Augen und Ohren machte, die von Piccini's Oper erzeugten Bewegungen nur schwach und leicht waren.«

Bei der zweiten Aufführung fand ein Ereigniss25 Statt, das zu merkwürdig ist, um in den Jahrbüchern der königl. Akademie der Musik vergessen zu werden, da es zu den Mysterien jenes berühmten Theaters gehörte. Dem. La Guerre, die in den rosigen Tagen ihrer Jugend sich in triviis herumtrieb, zahlte die Fiaker, ohne die Börse aus der Hand zu legen; sie, die einige Jahre später es verstand, in fünf bis sechs Monaten den Fürsten von Bouillon zu Grunde zu richten; die den Reichthum Eines der vermöglichsten Franzosen, des Generalpächters Herrn Saudry de Soucy nicht minder erschöpft, und dabei den süssen Gewohnheiten ihrer ersten Verbindungen niemals zu entsagen vermocht hatte: – Iphigénie La Guerre war betrunken und zwar in einem Grade, dass sie auf der Scene wankte und den sie unterstützenden Priesterinnen im eigentlich materiellen Sinne sehr lästig fiel; man konnte nicht begreifen, wie sie den ersten Akt zu vollenden im Stande war. Die Besorgniss, das Schauspiel zu unterbrechen, besonders aber das Mitleid, das in diesem Augenblick die muthmassliche Lage des unglücklichen Piccini einflössen mochte, erlangten vom Parterre mehr Rücksicht und Schonung, als man von demselben hätte erwarten sollen; man hörte daselbst nur ein dumpfes Gemurmel und[373] enthielt sich sowohl des Lachens als des Zischens. Alle Hilfeleistungen, welche die, das Gehirn der Prinzessin noch verdunkelnden Dünste schnell zerstreuen konnten, wurden ihr in der Zwischenzeit des zweiten Aktes dargebracht und befähigten sie, in den beiden letzten mit mehr Anstand zu singen. Doch noch am nämlichen Abend erhielt sie Befehl, sich nach dem Fort l'Évêque zu verfügen und sie unterzog sich ihm mit vieler Ergebung. Zwei Tage nachher entliess man sie daraus, um ihre Rolle nüchtern wieder zu übernehmen. Mit vieler Empfindung sprach sie da die zwei ersten Verse der Rolle:


»O jour fatal que je voulais en vain

Ne pas compter parmi ceux de ma vie!« –


Jetzt schien das Publikum seinerseits betrunken zu seyn, und bewies es ihr durch ein endloses Beifallsklatschen. Sie sang aber auch heute besser als jemals. Am Ende des I. Akts liess man ihr, und zwar in einer Weise, welche dieser Gnade den grössten Werth verlieh, bekannt geben, dass ihr die Freiheit wieder geschenkt sei.


Am 8. Juni 1781 gerieth während der Vorstellung des »Orphée« von Gluck der Schauplatz der grossen Oper in Brand und wurde ein Raub der Flammen. Der des Palais Royal war schon am 6. April 1763 abgebrannt. In Folge des letzten Unglücksfalles wurde der Saal der Porte Saint-Martin gebaut, und als provisorisches Asyl für die Oper bestimmt, die besonders von der Königin begünstiget wurde. Bei dieser Gelegenheit machte ein Dichter, Namens D'Aquin, folgendes Quatrin:


»La Musique nous est fatale,

Pour et contre on se déchira.

Comment calmer l'une et l'autre cabale?

Gluck a fini par bruler l'Opéra.«


Nach diesem unglücklichen Ereignisse musste sich nun die königl. Akademie der Musik auf den Saal des Schlosses der Tuilerien, der für das Concert spirituel bestimmt war, und wo zwei Mal in[374] der Woche Concerte gegeben wurden, beschränken. Die Ersteren waren sehr besucht, aber der Eifer dafür nicht von langer Dauer. Die Gluckisten wurden über die Missachtung, deren Spielball sie bei letzterer Gelegenheit gewesen waren, in eine sehr üble Laune versetzt. Man hatte auf dem Anschlagzettel eine italische Arie des Ritters von Gluck angekündigt; in dem Augenblicke, als man sich anschickte, sie aufzuführen, stellten sich die Piccinisten, als wollten sie herausgehen, oder sich zum Foyer begeben. Die Gluckisten verdoppelten ihre Aufmerksamkeit und, nachdem sie allein Meister des Schlachtfeldes geblieben waren, verkamen sie fast von Beifallsklatschen. Aber leider – man hatte sie betrogen; die Arie war nicht von Gluck, sie war von Jomelli und in Italien ausgepfiffen worden.26

1

Correspondance. T. X. p. 162.

2

Ohne ausdrücklichen Befehl des Ministers von Paris durfte kein Mitglied der k. Akademie der Musik gefänglich eingezogen werden.

3

Beim Schlafengehen des Königs sprach man von dieser grossen Zänkerei. »Es ist Euer Fehler, meine Herren!« sagte der junge Monarch zu seinen Höflingen »wenn Ihr diese Dämchen weniger liebtet, würden sie nicht so übermüthig seyn.« –

4

S. Grimm, Correspondance. T. X. p. 173. –

5

S. Grimm, Correspondance. T. X. p. 176. (Avril 1779.)

6

Geboren zu Givet, einer kleinen Ardennenstadt am 24. Juni 1764. † in Paris, am 18. Oktober 1817. – S. auch »Zeitgenossen.« Neue Reihe, 2. Bd. und 3. Reihe, 3. Bd.

7

Die Partitur hat folgenden Titel: »Iphigénie en Tauride, Tragédie en quatre Actes, par M. Guillard, mise en Musique et dediée à la Reine par M. le Chev. Gluck. Représentée pour la première fois par l'Académie Royale de Musique, le mardi 18. May 1779. Prix 24 ff. A Paris, au Bureau du Journal de Musique, rue Montmartre, vis-à-vis celle des Vieux Augustins.« Fol. 2 Blätter und 211 Seiten.

8

S. Grimm, Correspondance etc. T. X. p. 187. (Mai 1779.) und Mémoires pour servir etc. etc. p. 427.

9

Vergleiche: Spazier. Etwas über Gluck'sche Musik. Berlin 8. – und Heinse's Hildegard von Hohenthal. 3. Bd. S. 6. –

10

Ueber diesen herrlichen Stoff lese man den schönen Aufsatz in dem von Ortlep herausgegebenen Werke: »Grosses Instrumental- und Vokal-Konzert.« Eine musikalische Anthologie. Stuttgart 1841. kl. 8. 5. Bdch. S. 80–87. –

11

Solche Verpflanzungen eines Stückes aus einer Oper in die andere hat Gluck, der mit seinen Ideen haushielt, öfters vorgenommen. So ist z.B: in dieser »Iphigenia« der Chor: »Contemplons ces tristes apprêts« – nichts anderes als der transponirte Chor aus der »Iphigénie en Aulide«: »Que de gráces, que de beautés!« –; ferner der Chor: »Les Dieux longtemps en courroux« – der Schlusschor aus »Paride ed Elena«: »Vieni al mar.« – Weiters ist die Arie aus »Paride«: »Le belle imagini« – mit einigen Veränderungen in die Oper »Echo et Narcisse« verpflanzt, und der dortige Chor: »Dalla reggia rilucente« – kömmt wieder in der »Cythère Assiégée« vor. S. Cramer's Magazin der Musik. II. Jahrg. 2. Bd. Seite 1354.

12

Wie wir schon früher erwähnt haben, wo wir von der Oper »La Clemenza di Tito« sprachen.

13

S. Cramer's Magazin der Musik. Jahr 1786. Seite 1354 etc.

14

Im Juniheft des Journal de Paris vom Jahre 1779 erschien folgende Parodie des Chors aus der »Iphigénie en Tauride«: »O Diane, sois nous propice!«

»O Minerve, suis-je en Attique?

Dans Délos, Apollon, inspires-tu ces chants?

Ce sont les Muses que j'entends –

France, les Dieux t'ont donné leur Musique.«

15

S. Cramer's Magazin der Musik. Februar u. März 1783, Nr. 25.

16

S. Almanac des Muses pour l'année 1780; undMémoires pour servir etc. am Schlusse.

17

S. Mémoires pour servir etc. p. 467.

18

S. Schneider's Geschichte der Oper in Berlin. Berlin 1852. 8. Seite 264.

19

S. Grimm, Correspondance. T. X. p. 322. (August.)

20

S. Grimm, Correspondance. T. X. p. 282. Der Chevalier de Chastellux wollte einst mit dem Marquis de Clermont, der ein gründlicher Musiker war, einen musikalischen Streit anknüpfen: »Mein Freund,« sagte dieser, »ich will Ihnen eine Arie vorsingen, und wenn Sie im Stande sind, dazu den richtigen Takt zu schlagen, so will ich mit Ihnen über Gluck's und Piccini's Musik recht gern streiten.«

(Siehe Mémoires de Mme de Genlis T. IX. p. 53.)

21

Vom 25. April 1780.

22

Marmontel liess von seinem Gedichte »Polymnie« bei seinen Lebzeiten nur Bruchstücke drucken. Das Ganze findet man in seinen Oeuvres posthumes. Paris, 1820. 8.

23

S. Grimm, Correspondance. T. X. p. 385. (Janvier 1781.)

24

S. dessen Oeuvres posthumes. Paris, 1804. 8. 3. Band. S. 225.

25

welches auch Ginguené in seinem Werke: »Vie de Piccini« etc. erzählt.

26

S. Grimm et Diderot, Correspondance. T. X. p. 440.

Quelle:
Schmid, Anton: Christoph Willibald Ritter von Gluck. Dessen Leben und tonkünstlerisches Wirken. Leipzig: Friedrich Fleischer, 1854., S. 335-375.
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