II.

[848] (Zu S. 8.)


»Ersetzung Derer Schul-Dienste in beyden Schulen Zu St. Thomae und St. Nicolai Vol. II. VII. B. 117.« Rathsarchiv zu Leipzig.


»Den 5. May 1723.


Erschiene Hr. Johann Sebastian Bach, bisheriger Capellmeister an dem Hochfürstl. Anhalt-Cöthischen Hofe, in der Rathstube, und nachdem Er sich hinter die Stühle gestellet, proponirteDominus Consul Regens D. Lange, daß sich zumCantorn Dienste bey der Schule zu S. Thomae zwar unterschieden gemeldet: weil Er aber vor dencapablesten darzu erachtet worden; So hätte man Ihn einhellig erwehlet und solte Er von dem hiesigen Herrn Superintendenten, praesentiret, auch ihme dasjenige gereichet werden, was der verstorbene Hr. Kuhnau gehabt.

Ille. Dankte gehorsamst, daß man auf ihn Reflexion machen wollen, und verspräche alle Treu und Fleiß.


Eodem.


Wurde auf E.E. Hochweisen Raths Verordnung, dem Herrn Superintendenten D. Deyling von mir vermeldet, daß der bisherige Hochfürstl. Anhaltische Capellmeister zu Cöthen, Hr. Johann Sebastian Bach, zum Cantorn bey der Thomas-Schule allhier, einhellig erwehlet worden, welches man Ihme zu notificiren der Nothdurfft zu seyn[848] erachtet, damit Er wegen der Praesentation, und sonsten, alles zu veranstalten belieben möchte.

Ille. Danckte vor die beschehene Notification, und würde Er die Praesentation und alles nöthige, zubesorgen nicht ermangeln.


Eodem.


Thate dem Herrn Pastori bei der Thomas-Kirche,Licentiat Weisen gleichfalls Notification von der beschehenen Wahl, Hr. Johann Sebastian Bachs zumCantorn bey der Schule zu St. Thomae, welcher sich davor schuldigst bedancket, und allen Seegen darzu wünschte.«


»Cantoris bey der Thomas Schule Revers.


Demnach E.E. Hochw. Rath dieser Stadt Leipzigk mich zum Cantorn der Schulen zu St. Thomas angenommen und einen revers in nachgesetzten Puncten von mir zu vollziehen begehret, nehmlich:

1) Daß ich denen Knaben in einem erbarn eingezogenen Leben und Wandel mit gutem Exempel vorleuchten, der Schulen fleißig abwarten und die Knaben treulich informiren.

2) Die Music in beyden Haupt-Kirchen dieser Stadt nach meinen besten Vermögen in gutes Aufnehmen bringen.

3) E.E. Hochw. Rathe allen schuldigen respect und Gehorsam erweisen und deßen Ehre und reputation aller Orten bestermaßen beobachten und befördern, auch so ein Herr des Raths die Knaben zu einerMusic begehret ihme dieselben ohnweigerlich folgen laßen, außer diesen aber denenselben auf das Land zu Begräbnißen, oder Hochzeiten ohne des regierenden Herrn Bürgermeisters und der Herren Vorsteher der Schule Vorbewust und Einwilligung zu reisen keinesweges verstatten.

4) Denen Herren Inspectoren und Vorstehern der Schule in allen und jeden was in Nahmen E.E. Hochw. Raths dieselbige anordnen werden, gebührende Folge leisten.

5) Keine Knaben, welche nicht bereits in der Music ein Fundament geleget, oder sich doch darzu schicken, daß sie darinnen informiret werden können, auf die Schule nehmen, auch solches ohne derer HerrenInspectoren und Vorsteher Vorwißen und Einwilligung nicht thun.

6) Damit die Kirchen nicht mit unnöthigen Unkosten beleget werden mögen, die Knaben nicht allein in der Vocal- sondern auch in der Instrumental-Music fleißig unterweisen.

7) In Beybehaltung guter Ordnung in denen Kirchen, die Music dergestalt einrichten, daß sie nicht zu lang währen, auch also beschaffen seyn möge, damit sie nicht opernhafftig herauskommen, sondern die Zuhöhrer vielmehr zur Andacht aufmuntere.

8) Die Neue Kirche mit guten Schülern versehen.

9) Die Knaben freundlich und mit Behutsamkeittractiren, daferne sie aber nicht folgen wollen, solchemoderat züchtigen oder gehöriges Orts melden.

[849] 10) Die Information in der Schule, und was mir sonsten zu thun gebühret, treulich besorgen.

11) Und da ich solche selbst zu verrichten nicht vermöchte, daß es durch ein ander tüchtiges Subjectum ohne E.E. Hochw. Raths oder der Schule Beytrag geschehe, veranstalten.

12) Ohne des regierenden Herrn Bürgermeisters Erlaubnis mich nicht aus der Stadt begeben.

13) In Leichbegängnißen iederzeit, wie gebräuchlich, so viel möglich bey und neben denen Knaben hergehen.

14) Und bey der Universitaet kein Officium ohne E.E. Hochw. Raths Consens annehmen solle und wolle;

Als verreversire und verpflichte ich mich hiemit und in krafft dieses, daß ich diesen allen, wie obsteht, treulich nachkommen und bey Verlust meines Dienstes darwieder nicht handeln wolle, Zu Urkund habe ich diesen revers eigenhändig unterschrieben und mit meinem Petschafft bekräfftiget. So geschehen in Leipzig, den 13. Augusti 1722.

Dergl. hat Hr. Johann Christian Bach am 5. Maii 1723. unterschrieben und besiegelt.

Dergl. hat auch Hr. Gottlob Harrer am unterschrieben und besiegelt.«

Wie man sieht ist dieses Schriftstück, in welchem Bach ein falscher Vorname gegeben wird, nur das Concept des Reverses.

Quelle:
Spitta, Philipp: Johann Sebastian Bach. Band 2, Leipzig: Breitkopf & Härtel 1880., S. 848-850.
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