Hinausschieben des Termins der »Don-Juan«-Uraufführung

[211] Aus einem Briefe Mozarts an Jacquin; Prag am 15.–25. Oktober 1787 Sie werden vermutlich glauben, daß nun meine Oper schon vorbey ist – doch da irren Sie sich ein bischen. Erstens ist das hiesige theatralische Personal nicht so geschickt wie das zu Wien, um eine solche Oper in so kurzer Zeit einzustudieren. Zweitens fand ich bey meiner Ankunft so wenige Vorkehrungen und Anstalten, daß es eine bloße Unmöglichkeit gewesen seyn würde, sie am 14ten als gestern zu geben; – Man gab also gestern bei ganz illuminirtem Theater meinen Figaro, den ich selbst dirigierte. – Bei dieser Gelegenheit muß ich Ihnen einen Spaß[211] erzählen. – Einige von den hiesigen ersten Damen (besonders eine gar hocherlauchte) geruhten es sehr lächerlich, unschicklich und, was weiß ich alles, zu finden, daß man der Prinzessin den Figaro, den tollen Tag (wie sie sich auszudrücken beliebten) geben wollte; – Sie beachten nicht, daß sich keine Oper in der Welt sich zu einer solchen Gelegenheit schicken kann, wenn sie nicht beflissentlich dazu geschrieben ist; daß es sehr gleichgiltig seye, ob sie diese oder jene Oper geben, wenn es nur eine gute und der Prinzessin unbekannte Oper ist; und das letzte wenigstens war Figaro gewiß. – Kurz die Rädelführerin brachte es durch ihre Wohlredenheit so weit, daß dem Impressario von der Regierung aus dieses Stück auf jenen Tag untersagt wurde. – Nun triumphirte sie! – Hò vinta schrie sie eines Abends aus der Loge, – sie vermutete wohl gewiß nicht, daß sich das hò in ein sono verändern könne! – Des Tags darauf kam aber le noble – brachte den Befehl Seiner Majestät, daß, wenn die neue Oper nicht gegeben werden könne, Figaro gegeben werden müsse! – Wenn Sie, mein Freund, die schöne herrliche Nase dieser Dame nun gesehen hätten! – O es würde Ihnen so viel Vergnügen verursacht haben wie mir! –
Don Giovanni ist nun auf den 24ten bestimmt. – Den 21. – er war auf den 24. bestimmt, aber eine Sängerin, die krank geworden, verursachet noch eine neue Verzögerung; da die Truppe klein ist, so muß der Impressario immer in Sorgen leben und seine Leute so viel möglich schonen, damit er nicht durch eine unvermutete Unpäßlichkeit in die unter allen kritischen allerkritischeste Lage versetzt wird, gar kein Spektakel geben zu können! – Deswegen geht hier alles in die lange Bank, weil die Recitirenden (aus Faulheit) an Operntägen nicht studiren wollen und der Entrepreneur (aus Forcht und[212] Angst) sie nicht dazu anhalten will, aber was ist das? – – ist es möglich? – was sehen meine Augen? – ein Brief von – – – ich mag mir meine Augen fast wund wischen – er ist – hol mich der Teufel †† Gott sei bei uns † doch von Ihnen; – in der Tat; wäre nicht der Winter vor der Türe, ich würde den Ofen einschlagen.
Da ich ihn aber dermalen schon öfters brauche und in Zukunft noch mehr zu brauchen gedenke, so werden Sie mir erlauben, daß ich die Verwunderung in etwas mäßige und Ihnen nur in wenig Worten sage, daß es mich außerordentlich freut, Nachrichten von Ihnen und Ihrem so werten Hause zu erhalten. – Den 25ten – Heute ist der eilfte Tag, daß ich an diesem Briefe kritzle; – Sie sehen doch daraus, daß es an gutem Willen nicht fehlt – wenn ich ein bischen Zeit finde, so male ich ein Stückchen wieder daran – aber lange kann ich halt nicht dabei bleiben – weil ich zu viel andern Leuten – und zu wenig mir selbst angehöre; – daß dies nicht mein Lieblingsleben ist, brauche ich Ihnen schon wohl nicht erst zu sagen. – Künftigen Montag, den 29., wird die Oper das erstemal aufgeführt; – tags darauf sollen Sie gleich von mir Rapport davon bekommen ...
Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 211-213.
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