Mauerrede auf Mozarts Tod

[252] Vorgelesenbey einer Meisteraufnahme in der sehr ehrw. St. Joh. ± zur gekrönten Hoffnung im Orient von Wien vom Bdr. H ..... r.Wien, gedruckt beym Br. Ignatz Alberti 1792Dem ewigen Baumeister der Welt gefiel es, eines unserer geliebsten, unserer verdienstvollsten Glieder aus unserer Bruderkette zu reißen. Wer kannte ihn nicht? wer schätzte ihn nicht? wer liebte ihn nicht, unseren würdigen Bruder Mozart? Kaum sind einige Wochen vorüber und er stand noch in unserer Mitte, verherrlichte noch durch seine zauberischen Töne die Einweihung unseres Maurertempels. – Wer von uns, meine Brüder, hätte ihm damals den Faden seines Lebens so kurz zugemessen? Wer von uns hätte gedacht, daß wir nach drei Wochen um ihn trauern würden?... So sehr aber die Billigkeit erfordert, seine Fähigkeiten für die Kunst in unser Gedächtnis zurückzurufen, ebensowenig müssen wir vergessen, ein gerechtes Opfer seinem vortrefflichen Herzen zu bringen. Er[252] war ein eifriger Anhänger unseres Ordens; Liebe für seine Brüder, Verträglichkeit, Einstimmung zur guten Sache, Wohltätigkeit, wahres inniges Gefühl des Vergnügens, wenn er einem seiner Brüder durch seine Talente Nutzen bringen konnte, waren Hauptzüge seines Charakters – er war Gatte, Vater, Freund seiner Freunde, Bruder seiner Brüder – nur Schätze fehlten ihm, um nach seinem Herzen hunderte glücklich zu machen.
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Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931], S. 252-253.
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