Vorwort

Keine Biographie, keine feinsinnige Studie vermag das Persönliche, Menschliche eines Künstlers so greifbar plastisch vor uns erstehen zu lassen, wie dies seine eigenen, in dieser oder jener Form festgehaltenen Lebensäußerungen und die Zeugnisse seiner nächsten Umwelt tun. Um dem, was daran subjektiv befangen ist, ein wirksames Gegengewicht zu bieten, wird es aber notwendig, für eine solche Zusammenstellung von Dokumenten eine möglichst breite Basis zu wählen. Dann läßt sich wohl die Unmittelbarkeit der Wirkung bewahren, überdies aber das subjektiv Einseitige durch die häufige Änderung des Betrachtungsstandpunkts zu einer objektiv fundierten Zusammenschau abrunden. Die Briefe Mozarts und ein Großteil von denen der nächsten Verwandten sind in Ludwig Schiedermairs äußerst dankenswerter Gesamtausgabe (Verlag Georg Müller, München) zugänglich gemacht. Dem Verfasser des vorliegenden Bandes war es außerdem möglich, die meisten dieser Familiendokumente im Original einzusehen und einiges Ergänzende und Neue beizusteuern, eine Nachlese zu halten, die manches interessante Detail der in den Hauptzügen bekannten Materie einzufügen ermöglichte. Alles Anektodenhafte, das der historischen Forschung nicht standzuhalten vermochte, mußte ausgeschaltet bleiben. Die originale Schreibweise durchweg beizubehalten, erwies sich nicht als wünschenswert, da dadurch die Lektüre unnötig erschwert worden wäre. Dagegen blieb der Wortlaut überall unverändert stehen. Auch Orthographie-Eigentümlichkeiten wurden gewahrt, soweit sie das Zeitmilieu näherzubringen geeignet erschienen. Am meisten [5] war ein Festhalten am Original bei amtlichen Dokumenten mit ihrem kraus verschlungenen Stil notwendig, den eine Modernisierung natürlich vollkommen verfälscht hätte. Als zuverläßlichste Zusammenfassung der neuesten Forschungen muß hier Hermann Aberts Mozartbiographie (als Neuausgabe des Otto Jahnschen Werkes im Verlage Breitkopf & Härtel, Leipzig) rühmliche Erwähnung finden. Im übrigen fand natürlich der Großteil der weitverzweigten Mozartliteratur gebührende Berücksichtigung. Die Illustrationen sind nicht als bloße Beigaben gedacht. Sie ordnen sich organisch dem Textmaterial ein und bilden einen integrierenden Bestandteil der Darstellung. Manches, das nicht oder nicht so treffend durch Abdruck eines Dokuments hätte verdeutlicht werden können, wurde durch eine Abbildung nahegebracht. Auch an Bildern ließ sich verschiedentlich neues, bisher nicht reproduziertes Material beisteuern. Meine Stellung als Bibliothekar des Mozarteums in Salzburg ermöglichte es mir, die Archivschätze dieses Instituts für meine Arbeit zu verwerten und Reproduktionen von Dokumenten anfertigen zu lassen. Bewilligungen zur Nachbildung von Originalen wurden mir ferner auch in liebenswürdiger Weise erteilt von der Nationalbibliothek, Wien, der Preußischen Staatsbibliothek, Berlin, der Gesellschaft der Musikfreunde, Wien, dem Museum Carolino Augusteum, Salzburg, der Musikbibliothek Peters, Leipzig, dem Liceo musicale, Bologna, der Lese- und Erholungsgesellschaft, Bonn, und von Herrn Dr. Hans Kupelwieser, Wien. Dafür sei an dieser Stelle nochmals der herzlichste Dank ausgesprochen.


Parsch bei Salzburg, Weihnachten 1930.


Dr. Roland Tenschert.

Quelle:
Mozart. Zusammengestellt und erläutert von Dr. Roland Tenschert. Leipzig, Amsterdam [1931].
Lizenz:
Kategorien: