82. An Debrois v. Bruyck.

[430] Düsseldorf, den 17. Dec. 1852.


Geehrter Herr,


Vielen Dank sage ich Ihnen für Ihre mir sehr erfreulichen Mittheilungen, wie für die Theilnahme, die Sie fortwährend meinen Bestrebungen schenken. Ich bin es gewohnt, bei ersten Bekanntschaften verkannt zu werden; anderseits freue ich mich zu gewahren, wie meine Musik nach und nach tiefere Wurzeln schlägt in Deutschland, wie auch auswärts. Viele Anzeichen erhalte ich davon.

Vom »Nachtlied« wollte ich die Partitur abwarten, ehe ich es dem Dichter zusendete. Sie erscheint in den nächsten Wochen. Der Clavierauszug giebt nur ein schwaches Bild. Es fehlt ihm das nächtliche Colorit, zu dem nur das Orchester die rechten Farben hat.

Noch habe ich zu einer andern Dichtung von Hebbel Musik geschrieben, zur Ballade »Schön Hedwig«, aber nicht durchcomponirt, sondern als Declamation mit Begleitung des Pianoforte. Es macht in dieser Weise eine ganz eigenthümliche Wirkung.

Da Sie Sich so theilnehmend nach meinem Befinden erkundigen, so kann ich Ihnen melden, daß es mir seit einiger Zeit bei weitem besser geht, obwohl noch hier und da eine nervöse Reizbarkeit zum Vorschein kömmt, wie ich denn auch in geistigen Arbeiten noch das größte Maaß einhalten muß.

Nach, Wien möchte ich gern, wenn sich dort irgendwie ein Dirigentenwirkungskreis vorfände. Dieß hängt aber, wie überall, an tausend Ketten. Der Zufall fügt es oft noch am schnellsten.

So denn genug für heute! Entschuldigen Sie die flüchtigen Zeilen, es erwartet mich heute noch allerhand Arbeit.

Ihr

ergebener

R. Schumann.[430]


Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 430-431.
Lizenz:
Kategorien: