»Noth- und Hülfsbüchlein f. reisende Tonkünstler«

[288] Eine der Hauptbestrebungen des »Harmonischen Vereins«, die Begründung einer neuen Musikzeitung, die den Tendenzen dieser kleinen Gesellschaft trefflicher Menschen und Musiker speciell dienen sollte, war noch zu verlebendigen. Es fehlte an Nichts dafür, als an einem Verleger. Dieser war für ein, nur in so unsicherer Ferne Früchte versprechendes Unternehmen, nicht leicht zu finden. Auch der wackere Nägeli in Zürich, auf den der Verein viel Hoffnung gesetzt hatte, wies es, unter jammernder Hindeutung auf die, damals allerdings in keiner[288] Weise Renten gewährenden Verhältnisse des Handels mit Musik und Musikliteratur, die Sache von der Hand, obgleich Weber's Bestrebungen bei ihm von Anton Schlichtegroll lebhaft unterstützt wurden, der um diese Zeit, von München aus, wo er als Generalsecretär der Akademie der Wissenschaften fungirte, um gewisser historischer Forschungen willen, nach Zürich gekommen war und sich herzlich freute, den ihm in München lieb gewordenen Weber auf freien Füßen zu sehen, da dort das Gerücht verbreitet war, er sei auf den Hohenasberg geschafft worden. Während der liebenswürdige Musikmeister Anton Liste zu Zürich, der Orchesterführer Ochernal und Nägeli sich freundlich um das Zustandekommen eines Concerts für Weber, dem von Schaffhausen her ein großer Ruf voraus ging, bemühten, faßte dieser, durch den Verkehr mit Nägeli und das Besprechen von dem, was der musikalischen Literatur Noth thue, darauf hingeführt, die Idee zu einem in das äußerlichste Leben und Treiben der ausübenden Tonkünstler eingreifenden Werke, die ihn so begeisterte, daß er, den Vorbereitungen zu seinem Con certe sehr wenig Zeit widmend, den Plan sofort bearbeitete. Gewiß ist, daß ein nach diesen Ideen verfaßtes und öfters neu edirtes Werk für die Praxis der Tonkunst von großem, von noch unberechenbarerem Nutzen aber für die Musikgeschichte hätte werden müssen, und es ist in der That zu verwundern, daß die wuchernde Literatur unserer Zeit nicht auch einen Schossen in der Richtung der, von Weber im nachstehend (an Gänsbacher gerichteten) mitgetheilten Plane niedergelegten Ideen, getrieben hat:


»Bern 22. September 1811.


– – Ich habe in Zürich die Idee gefaßt, ein Noth- und Hülfsbüchlein für reisende Tonkünstler zu schreiben, welches zugleich ein Beitrag zur Kunstgeschichte der Zeit werden soll. Der Plan ist im Ganzen genommen der: durch dieses Buch, den Reisenden im Voraus in Stand zu sezzen, ganz genau alle Musikalischen Verhältnisse einer Stadt zu kennen, zu wissen an wen er sich zu wenden habe etc. kurz ihm alle die 1000 schwer zu erfahrenden, Geld und Zeit raubenden[289] Hülfsmittel sogleich klar vorzulegen. Das Buch soll vorderhand, Deutschland im weitern Sinne des Worts umfaßen, und von jedem Land, schicke ich einen Ueberblick des Kunstzustandes in demselben voraus, und davon ebenso von jeder Stadt. ich füge Dir hier den Plan in Fragen eingekleidet, bei, und bitte Dich mir diese ausführlich zu beantworten über Prag. auch wenn Du jemand in Wien wüßtest, der es dort besorgte wäre es mir auch sehr lieb. aber in Prag machst Du es auf alle Fälle nicht wahr lieber Br.? Ich habe auch schon einen Verleger dazu, die berühmte Orell und Füßlische Buchhandlung in Zürich.


I.


Anstalten zum Concert. Erlaubniß dazu. Gewöhnliches Locale, oder andre,

Art der Bekanntmachung. Subscription, oder keine, Art derselben Zeitungsannonce, Zettel etc.


II.


Concert selbst. Direktor. – Orchester wie es besetzt. Was für Gattung von Musick man am liebsten hört. Ausfüllende Parthien, was für Sänger, Instrumentisten etc. wer von. diesen am meisten beliebt. Zeit des Anfangs des Concerts. Arrangement desselben in Hinsicht der Musikstücke, der Zahl etc. welches das beste Fortepiano. Welches Instrument überhaupt am liebsten und seltensten gehört wird.


III.


Finanz Wesen. Beste Jahreszeit, bester Tag in der Woche Angaben der Theater Tage. Unkosten. Detaillirt. Concert Bedingung. gewöhnliche Eintrittspreis. Einnahme, gute, gewöhnliche wie übermäßige. Wie viel Zeit nothwendig ein Concert zu arrangiren.


IIII.


Allgemeine Bemerkung. Zustand der Musik im Allgemeinen[290] Bezeichnung der Liebhaberei. Vorzüglich sich interessirende Häuser, und Liebhaber.

Angabe der Liebhaber- und stehenden Concerte. etc. wo möglich Verzeichniß der Künstler die in dem letzten Jahr da Concerte gegeben haben.


Ich bitte Dich sehr, wenn Du etwas an dem Plan auszusezzen finden solltest, es mir zu schreiben. Du brauchst Dich auch mit der Bearbeitung nicht zu übereilen, wenn ich es in 2–3 Monaten habe ist's Zeit genug. ich hoffe daß es ein intressantes Werkchen geben wird. etc.«


Weber schrieb sofort mit unglaublicher Thätigkeit nach allen Himmelsgegenden nach Beiträgen aus, deren auch eine ziemliche Anzahl bei ihm eingingen. Leider ist das Werk später, im Drange von Geschäften von reiner künstlerischer Natur, liegen geblieben, im III. Bande geben wir indeß einige Proben von Berichten über diese und jene Kunststadt, wie sie das Büchlein bringen sollte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 288-291.
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