Weber's Verkehr mit Herzog Emil Leopold August

[325] Weber mußte nun fast unausgesetzt um den Herzog sein, er speiste zu Mittag und Nacht bei ihm, mußte Melodien zu des Herzogs Gedichten mit Piano- und Guitarrebegleitung improvisiren, oder die vom Herzoge zu seinem »Kyllenion« gedichtete oder componirte Dichtungen durchnehmen, mit Spohr und Bärmann bei ihm spielen, bei welchen, allerdings herrlichen Leistungen, der Fürst wie in Verzückung lauschte und die trefflichen Musiker in Lob und Enthusiasmus, einem Elemente, in dem jeder Künstler gern bis zur Erstickung untertaucht, wahrhaft badete. Eine Form der geistigen Thätigkeit der Anregung folgte unablässig der andern. Neue Berührungspunkte fanden sich, als Weber von seinen literarischen Bestrebungen, seinem Romane sprach. Der Herzog ließ sich die Bruchstücke noch spät in der Nacht vorlesen, behauptete fest, daß hie und da ein Lied, ein Gedicht hinein gehöre, die er selbst liefern wolle, und gab Weber endlich einen Pack Dichtungen mit, unter denen er zur Composition wählen solle.

Der Umgang mit dem Herzoge regte Weber fieberisch auf. Auf anstrengende Tage folgten schlaflose Nächte. Spohr lachte ihn aus und sagte: »Wenn ich mit dem Herzoge so geistreich thun wollte wie Sie, ich könnte längst keinen Fiedelbogen mehr halten!«

Weber beschloß, diese Lehre für die Zeit seines längern Aufenthaltes in Gotha zu beherzigen, jetzt schied er von da mit dem Eindrucke, als sei die letzten Tage seines Aufenthaltes dort die Wilde Jagd um ihn hergebraust, wozu die durch sein Concert, das am 26. Januar Statt hatte, verursachte Unruhe beitrug.

Die Idee, in Leipzig einige Monate, mit literarischer Arbeit beschäftigt, ruhig zu sitzen, war durch die Aufregung des Aufenthaltes in Gotha ganz verwischt worden. Weber beschloß, sein Schicksal noch ferner an das seines Freundes Bärmann zu knüpfen, mit ihm Weimar, Dresden, Berlin concertirend zu besuchen und im Herbste der Einladung des Herzogs nach Gotha wieder zu folgen.

In Berlin sollte auch ein Versuch gemacht werden, die »Sylvana« durch persönliche Einwirkung zur Aufführung zu bringen, obwohl sie nach einer, dort im Sommer 1811 gemachten Probe von den Capellmeistern[326] B. A. Weber und Righini als »verworrene, unaufführbare Musik« bei Seite gelegt worden war.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 325-327.
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