Weber, Berner, Klingohr als Clavierspieler

[95] Es war ein glückliches Ungefähr, das im Jahre 1803 den damals berühmten Clavierspieler J. W. Klingohr nach Breslau geführt und mit Berner befreundet hatte, denn als sich der junge Carl Maria zu diesen Beiden gesellte, fanden sich in den drei Künstlern auch drei Hauptrichtungen der Kunst des Clavierspiels versammelt, die geeignet waren, sich gegenseitig auf's wirkungsreichste anzuregen und zu entwickeln. Berner wie Weber strebten nach Originalität, jener nicht selten auf Kosten der Deutlichkeit und naturgemäßen Akkordenfolge, nach wunderlichen harmonischen Wendungen haschend, und die contrapunktische Entwickelung mit großer Wissenschaft beherrschend, dieser war originell auf Kosten der künstlerischen Rundung, zuweilen ans Bizarre streifend, durch wunderbare Ideenfülle überraschend, an wahrem Genie unzweifelhaft reicher. Klingohr repräsentirte, im Dreieck mit diesen Beiden, das wohlhergebrachte, gute, correcte Alte, die Treue den Fleiß, und die Sauberkeit der Ausführung.

Diese Haupteigenschaften der Künstler spiegelten sich auch sehr deutlich in ihrem Clavierspiel und ganz besonders in der freien Phantasie wieder, welche alle drei mit großer Vorliebe pflegten. Carl Maria besiegte die andern fast immer vor dem Publikum durch den Reichthum seiner rhythmischen packenden Gedanken, während die Musiker lieber Berner, die Tongelehrten am liebsten Klingohr spielen hörten.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 95.
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