Carl Maria's Secretärgeschäfte

[131] Carl Maria machte am 19. August 1807 seinen ersten Besuch beim Herzoge in Ludwigsburg. Wahrscheinlich haben sich die beiden Männer vom ersten Augenblicke ihres Zusammenseins abgestoßen, aber Carl Maria war dem Herzoge als sehr klug gerühmt worden und diesem blieb keine Wahl. Herzog Ludwig stellte ihn am 1. August mit dem Titel eines Geheimen Secretärs als seinen Geschäftsführer an. Nichts Unpassenderes konnte es für den jungen lebenslustigen, etwas ausgelassenen Künstler, dessen Privatverhältnisse tüchtig derangirt waren, geben, als diese Stellung, auf welche keine Stunde seines bisherigen Studienganges vorbereitend hingewiesen hatte und der er durchaus nicht gewachsen war. Der Herzog war Würtembergischer Feldmarschall und Chef der Garde und hielt einen ansehnlichen Hofstaat für sich, seine Gemahlin, seinen Sohn erster Ehe mit Maria Fürstin Czartoriska, den 15jährigen Prinzen Adam, und fünf Kinder zweiter Ehe, deren jüngstes, Paul Constantin, 3 Jahre alt war. Dieser Hofstaat enthielt, außer drei oberen Hofchargen, eine große Menge bezahlter und unbezahlter niederer Diener, deren Etat nicht fixirt gewesen zu sein scheint und von denen einige eine Rolle in Weber's Leben zu spielen bestimmt waren. Carl Maria's Geschäfte, die nicht genau abgegrenzt waren, bestanden für's Erste hauptsächlich in der Ausfertigung von des Herzogs Privatcorrespondenz und der Besorgung der oft sehr unerfreulichen mündlichen Mission an hochgestellte Personen oder – Gläubiger, der Führung der Privatschatulle, Buchhaltung über Ausgaben und Einnahmen derselben und, dieß war das zugleich Unangenehmste und Gefahrvollste für den jungen Mann, der Verhandlung mit Allen, die als Bittende oder in Privatgeschäften sich dem Herzoge nähern wollten. Dieß legte ein Maß von Geltung in seine Hand, für die sein Wollen und Sollen noch nicht geprüft genug[131] sein konnte und er sah sich, in höchst bedrohlicher Weise für sein inneres Leben, plötzlich als Mittelpunkt eines ihm schmeichelnden und sich um seine Gunst bewerbenden Kreises, der es mit den Mitteln zur Eroberung dieser Gunst durchaus nicht genau nahm und in den nicht allein hochgestellte Civil- und Militärbeamte, sondern auch sogar zuweilen Mitglieder des königlichen Hauses sich drängten.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 131-132.
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