Margarethe Marchand

[142] Aber, wie oben erwähnt, war Danzi's Einfluß auf den Musiker Weber, so wesentlich er auch war, doch untergeordnet gegen den, welchen er auf den Menschen ausübte und es ist nicht zu viel gesagt, wenn man ihn als dessen guten Engel in der Periode seines Lebens bezeichnet, wo dieser edle Geist die meiste Tendenz hatte, sich durch Leichtsinn selbst zu verlieren, oder doch ein »liederliches Talent« zu werden. Danzi hatte in München, wo ihn überdieß der mit höherem Talent ausgestattete, aber charakterlose Peter Winter bedrückte, seine liebenswürdige und begabte Gattin, die Tochter des Theaterdirektors Marchand, Margarethe, verloren. Margarethe war das Licht seines Lebens gewesen! Ihr Liebreiz, ihr Talent, ihre Laune, ihre schöne Stimme, hatte sie von Jugend auf zum Liebling des Münchener[142] Publikums, zum Stern der Unternehmungen Guardasoni's zu Prag und Dresden gemacht, durch ihre Tugenden war sie das Glück ihrer Familie geworden. Ihr Bild, das ihm in allen ihren Rollen vorgaukelte, trieb Danzi nach ihrem Tode vom Dirigentenpult zu München weg, er konnte das stete Wiederaufreißen seiner Wunden durch das Erscheinen des geliebten Schattens nicht ertragen. Noch tief gebeugt kam er nach Stuttgart, wo ihm erst ein Theil seines Lebensmuths wiederkehrte.

Er wurde mit Weber Ende 1807 bekannt und bald lebte der 43jährige Capellmeister und der 21 jährige Prinzensecretär im innigsten Verkehre, jedes Vorhaben besprechend, jedes Geschehene gegenseitig beleuchtend; wobei Danzi oft bewundernd vorm Talente seines jungen Freundes stand, dieser immer liebe- und verehrungsvoll auf das wohlüberlegte Wort des gereiften Meisters hörte, denn Danzi hatte bis zum Jahr 1808 nicht allein 11 Opern und Operetten, worunter die allgemeiner bekannten »Der Quasimann«, »Die Mitternachtstunde«, »Der Kuß«, »Azakia« und »Iphigenie in Aulis« sich befanden, die sämmtlich, und zum Theil mit Beifall, aufgeführt waren, sondern noch über 50 Werke für Kammermusik und Gesang geschrieben, die fast alle von vollkommener Beherrschung der Mittel zeugten, wenn auch die Zeit, unter Beethoven's Vortritt, seine Denk- und Schaffensweise hinter sich zurückgelassen hatte. Das fühlte Danzi wohl und grollte ihr nicht, ließ auch seinen jungen Freund in dieser Richtung in die Rennbahn treten, aber legte ihm darin die liebende Hand des Freundesraths auf den Zügel.

Danzi war ein kleiner, wohlbeleibter Mann mit rundem Kopf und scharfen klugen Augen, die unendlich gutmüthig dareinschauten, und mit der Rückkehr gehobenerer Stimmung konnte er sich auch besser in die Hurrah und Jucheh des Lebens finden, in die der junge Carl Maria mit seiner »Faust's Höllenfahrt«, hineingerathen war. Niemals ein Spielverderber, gesellte er sich auch wohl hier und da auf Landpartien und Luftfahrten zu dem überlustigen Kreise, ohne indeß das wüste Trinkstuben- und Kneipenleben, die tollen Ritte und Zechereien der Gesellschaft mitzumachen, von denen er auch, jedoch nicht[143] immer mit Erfolg, Carl Maria fern zu halten suchte. Ja er ließ sich sogar in die Gesellschaft aufnehmen und den Namen »Rapunzel« beilegen, während Weber »Krautsalat«, der Arzt Dr. Kellin, der die Geschäfte der Gesellschaft leitete, »Dr. Faust«, Hiemer »Reimwol« u.s.w. hießen.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 142-144.
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