Briefe Franz Anton's an Rochlitz

[164] Aber dieß und die Kosten, die seine standesgemäße Erhaltung in Stuttgart dem Sohne verursachten, waren noch die kleinsten Nachtheile, die er ihm mitbrachte. Weit verdrießlicher, ja endlich fast verderblich waren für diesen die Consequenzen von Eingriffen, die er sich in die Handlungen und Verhältnisse desselben, gerade so, als sei er noch der Knabe im Unterricht bei Michel Haydn, oft selbst ohne Carl Maria's Vorwissen, erlaubte. So sandte er dessen Composition »der erste Ton« hinter seinem Rücken an Rochlitz in Leipzig, dessen Ruf als Kritiker damals in höchster Blüthe stand, mit einem Briefe, der in seiner fast drolligen Mischung von Hochmuth, künstlicher Demuth und Schmeichelei und mit seiner unrichtigen Unterschrift, ein trauriges Zeugniß für seinen geistigen Verfall liefert und dessen Absendung in dieser Form Carl Maria nimmermehr geduldet haben würde. Er schreibt:


Hochwohlgeborner Herr!

Inbesonders Hochzuverehrender Herr Hofrath!


Euer Hochwohlgeboren Verzeihen gütigst, wenn ich dieselben unbekannter Weise mit gegenwärtigen belästige! Ihr großes und vollkommenes Meisterstück seines großen Schöpkers, der erste Ton, hat meinem Sohn und mich in eine solche große Begeisterung versetzt, daß auf mein Zureden mein Sohn dem der Schöpfer einen guten Theil[164] Musikalisches Talent verliehen, es gewagt hat, dieses Meisterstück als Melodrama zu bearbeiten, und den Schluß: drum Preis dir Ton! mit einem brillanten und in sanftes auflösendes Chor zu beendigen, ich spreche nicht als Vater, welcher oft zu viel Vorliebe für sein Kind haben könnte und berufe mich auf das allgemeine Lob wahrer Kenner der edlen Tonkunst, als dahier unter andern der hiesige Königliche Hof-Capellmeister Danzi ist, welcher bei geendeter Probe dem jungen Componist, nebst vielen Andern ein sehr großes Lob: – über diese seine Arbeit machte. Mein Sohn ist ein Schüler Haydn's und Abt Vogler und kann es auch ich als Kenner der Musik behaupten, daß er sich viele Mühe mit diesem prächtigen Stücke gegeben hat. Mein Wunsch und gehorsamste Bitte ergeht dahero an Euer Hochwohlgeboren, da es höchstwichtig, daß ein angehender Künstler in etwas der musikalischen Welt bekannt gemacht würde, ob dieselben nicht eine solche Gelegenheit etwa zu seinem Vortheile gütigst benutzen wollten? Ich wünschte nichts mehr, als daß Sie solches Ihr großes Werk selbst hören möchten. Eine gütige nur ganz kleine Antwort unter nachstehender Adresse würde demjenigen sehr schmeichelhaft sein, welcher sich mit ausgezeichneter Hochachtung zu nennen die Ehre hat


Euer Hochwohlgeboren

ergebenster Diener

Freiherr von Weber

Kammerherr.

Stuttgard, den 5. April 1809.


Später als ihm Rochlitz geantwortet hatte fährt er fort:


Euer Hochwohlgeboren!


Danke ganz gehorsamst für dero so gütig ertheilte Nachricht und bitte tausendmal um Vergebung, wenn ich mit Beifügung der Danzischen Archiv ganz gehorsamst bitte, die fernere gütigste Besorgung dieses dem Vater so vieles Vergnügen machende Werk unter dero gütigste Aufsicht und Vorsorge zu weiterm Gedeihen nicht allein zu bringen, und durch Ihre göttliche Feder zu vervollkommnen und mir drei Exemplare dieser Musik-Zeitung, bringend dieses Referat, gleich nach der Geburt gegen die schuldigste Auslagen Ersetzung zuzuschicken.[165] Somit danke dero große Güte zu erkennen ohnermangelndt wünsche ich nichts mehr, als Gelegenheit zu haben euer Hochwohlgeboren werckthätig zeigen zu können, mit welcher grenzenlosen Hochachtung ich ersterbe euer Hochwohlgeboren


ganz gehorsamstergebenster Diener

Freiherr von Weber

k.k. Kammerherr

in Eyle


Wie der alte Herr hier dazu kömmt, sich k.k. Kammerherr zu nennen, ist eben so unerklärlich wie die frühere Führung des Majors-Charakters.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 164-166.
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