Carl Maria's Schuld und Noth

[172] Es war zu Ende des Jahres 1809, als Weber zu seinem Schrecken bemerkte, daß sein Vater gewisse Summen, nur zum Theil abgesandt habe, die er, Carl Maria, vom Herzoge Ludwig empfangen hatte, um sie an den Geschäftsführer des Herzogs, auf die Familiengüter in Schlesien, abzuführen. Der alte Herr hatte, in seiner geistigen Schwäche, ohne Begriff von der ihm und seinem Sohne daraus erwachsenden Verantwortlichkeit, vielleicht auch die, ihm von Carl Maria bezeichnete Bestimmung des Geldes vergessend, mehrere hundert Gulden zur Deckung seiner dringendsten in Carlsruhe hinterlassenen Schulden verwendet und an den Canzellist Dautrevaux, mit dem die Weber's lange im freundlichsten Vernehmen blieben, geschickt.[172]

Entsetzt darüber, suchte Carl Maria sofort die Summe zur Ausfüllung des Deficits herbeizuschaffen und sprach den Wirth Höner zu Schwieberdingen, bei dem die überlustige Cavaliergesellschaft viel verkehrte, um Darleihung von 1000 Gulden an, die dieser ihm abschlug.

Inzwischen hatte der Herzog erfahren, daß von dem Gelde, welches er seinem Secretär zur Sendung nach Schlesien übergeben hatte, ein namhafter Posten fehle und stellte ihn darüber zur Rede.

Carl Maria gestand ihm offen den Hergang der Sache und versprach Ersatz sehr bald herbei zu schaffen.

In seiner großen Noth kam eines Tages sein früherer Diener Huber, der inzwischen Kammerlakai des Herzogs Ludwig geworden war, zu ihm und versprach ihm die 1000 Gulden, die Carl Maria von Höner, wie er gehört, habe borgen wollen, gegen ein Trinkgeld als Darlehn zu verschaffen.

Wer war glücklicher als Carl Maria, der ihm einige Louis'dor versprach und dann auch sehr bald die 1000 Gulden empfing und den Schuldschein von Höner unterschrieb, ohne zu fragen, durch welche Mittel Huber die Summe von Höner erlangt habe. Er setzte sich hierauf vollständig mit dem Herzoge auseinander, der die Sache damit für erledigt erklärte.

Der schuftige Huber hatte aber, um die paar Louisd'or Trinkgeld zu verdienen, dem Wirthe Höner, dessen Sohn damals gerade militärpflichtig war, vorgespiegelt, um den Preis des Darlehns von 1000 Gulden, werde der vielvermögende Geheim-Secretär von Weber dem Sohne Höners eine kleine Anstellung bei Hofe nominell verschaffen und ihn so vom Soldatendienste frei machen, worauf ihm Höner sehr vergnügt das Geld behändigt hatte.

Als nun aber Monate vergingen, die Verfallzeit der Schuldverschreibung weit überschritten wurde und Höner von Weber, der von dem ganzen Handel Nichts wußte, nur eine Ratenrückzahlung von 250 Gulden erlangen konnte, ja endlich gar im Januar 1810 sein Sohn doch zum Militär ausgehoben wurde, gerieth Höner in den[173] heftigsten Zorn und brachte die Sache zur Anzeige, die auch sofort zur Kenntniß des Königs kam.

Dieser, in der Meinung, hier nun einmal einen der Rädelsführer bei den ihm die Soldaten escamotirenden Treiben auf frischer That ertappen zu können und vielleicht nicht unangenehm davon berührt, diesen in dem vorlauten und ihm so antipathischen Geheim-Secretär Weber zu finden, befahl, denselben sofort zu verhaften.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 172-174.
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