Steigendes Gefühl der Vereinsamung in Prag

[470] Das Gefühl geistiger Vereinsamung, das Weber nach der kurzen Zeit starker und neuer Anregung, die gerade zur Produktion von »Leyer- und Schwert« ausgereicht hatte, mit erneuter Kraft in Prag überkam, konnte durch die äußere Pflege der Kunst. die in den hohen Kreisen Prags Mode war und zu der seine Kräfte vielfach herbeigezogen wurden, Nichts an seiner Intensität verlieren, und die musikalischen Gesellschaften bei Clam, Lobkowitz, Liebich, Kleinwächter u.s.w. entlocken ihm nur Ausrufungen der Desperation. O dio! eheu! Oh Gott![470] findet sich häufiger denn je in seinen Tagesnotizen, und an Gottfried Weber schreibt er am 30. Januar:


»– – Ja es bleibt beim Alten und diese Ueberzeugung ist mir innig wohlthuend da ich täglich und stündlich mehr fühle, daß ich mich von den Menschen mehr und mehr entferne und es gar zu viele Hundeseelen auf der Welt giebt. Das Böhmerland ist ein wahres, geistiges Spital für mich geworden. etc.«


Es änderte hierin Nichts, daß in seinem, am 6. Jan. gegebenen Concerte »Lützow's wilde Jagd« und »das Schwertlied«, von 16 trefflich eingeübten Stimmen gesungen, rauschenden Beifall erndteten und da capo verlangt wurden, denn er erkannte sehr wohl, daß dieser Jubelruf aus einem ganz andern Winkel der Herzen komme, als der, wo der Funke glüht, der diese freiheitathmenden Lieder beseelt. Es war eben Beifall an einem schönen Liede, der hier ertönte. Wie sehnte er sich, diese Gesänge von jungen, glühenden, deutschen Männern gesungen zu hören! –

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 470-471.
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