In Prag im Frühjahr 1816 einstudirte Opern

[518] Es scheint, als ob Weber in den letzten Monaten seiner Direktion zu Prag eine Anzahl derjenigen Opern zur Einstudierung gewählt habe, die, von ihm besonders geschätzt, dabei aber weniger geeignet waren, den lauten Beifall der großen Menge zu erringen. Im scharfen Contraste hiergegen schob die Direktion, um ihre Interessen zu wahren, zwischen Isouard's, des Grazienlieblings Boyeldieu freundlichen Vorgänger, reizende »Joconde« (11. Jan.), Gretry's glänzenden »Richard Löwenherz« (5. Febr.), den Weber nicht mit der üblichen Weigl'schen, sondern mit der Original-Ouvertüre geben ließ, Gaveaux' etwas gekünstelte, aber sein französisch-lustige »Strickleiter« (11. Febr.), mit Einlagen von Weigl, Spontini, Isouard und Gyrowetz2, Dittersdorf's unvergänglichen »Doktor und Apotheker«3, Plattheiten, wie[518] den »Travestirten Hamlet« (25. Febr.), oder gar die Schwach deutscher Bühne, den »Hund des Aubry«. Dieß Stück, das Weber schlechtweg den »Hund« nannte und so ungern einstudirte, daß er, wenn Proben dazu angesetzt wurden, öfter ausrief: »Der Hund kanns! wir müssens nur noch lernen!« oder »hündischer Weise Probe vom Hund«, wurde fast Ursache, daß Weber im Zwiespalt von Liebich geschieden wäre, wie es Göthe von der Weimar'schen Bühnenleitung verdrängt hatte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 518-519.
Lizenz:
Kategorien: