Verzögerung von Weber's Heirath

[126] Die Hochzeit der Prinzessin verzögerte sich indeß von Tag zu Tag zur Verzweiflung Weber's, der, bei der Unmöglichkeit Dresden zur Reise nach Prag zu verlassen, den Zeitpunkt der seinigen in gleicher Weise hinausschieben mußte. Als er einst in Pillnitz den beiden Prinzen Max und Anton am Elbufer begegnete, redete ihn der letztere an und fragte ihn in seiner treuherzig herablassenden Weise: »Weber, wann wird's mit der Heirath?« und als Weber erwiederte, daß er dem bevorstehenden Hoffeste wegen nicht fort könne, rief Prinz Max liebenswürdig aus: »Ach Gott, dann bin ich also Schuld! Ei! Ei! Na es wird bald! recht bald.« –

Bis zum 29. Oct. verzögerte sich die Vermählung und Weber gewann indessen Zeit, Köchinnen Probe kochen zu lassen und mit dem[126] Feinschmecker Bassi zu prüfen, die Speisekammer zu füllen, eigenhändig Kaffee und Zucker nachzuwiegen, ein umfassendes Regulativ für Thätigkeit und Verhalten des neu geschaffenen Chors selbst auszuarbeiten und nachstehenden, seine Brautreise vorbereitenden Brief an Gottfried Weber zu schreiben:


»Dresden den 18. October 1817.


Deinen lieben Brief vom 29. July habe ich den 21. August und gestern auch die Kiste mit den Sachen erhalten. Da sah ich denn mit Schrekken, daß alle meine Familien Portraits in Stuttgart verlohren oder gestohlen sind.

Meine Reise und Heyrath hat leider einen Aufschub von ein paar Wochen erhalten, weil ich hier sein muß zu den Vermählungs-Feyerlichkeiten der Prinzeß Anna Maria. Ende 8ber hoffe ich aber bestimmt in Mainz einzutreffen.

Schreibe mir umgehend den besten und bei dir nächsten Gasthof. Mit langem Aufenthalt ists nichts, denn mein Urlaub ist beschränkt und die Reise groß.

Ein Konzert möchte ich gern geben, sei so gut es vorzubereiten. Tag der Ankunft schreibe ich dir dann von Mannheim aus. Mit der Berliner Vakation hat sichs zerschlagen, über das Alles mündlich. Dem Kunstblatt werde ich gelegentlich was schikken. Zur Intendanz des Theaters gratulire ich der Stadt und condolire dir.

Du hast wegen einem Musikdirector an Lecerf hier geschrieben. Es ist ein talentvoller, eifriger junger Mann, weiter weiß ich nichts von ihm. Weinlich giebt seinen Compositionen auch das beste Zeugniß, das ist alles, ob er aber als Dirigent taugt, das wissen wir Beide nicht. Uebung hat er in diesem Fache noch nie gehabt. Willst du ihn nicht nehmen, so kann ich dir mit gutem Gewissen meinen Bruder Edmund, Musikdirector in Bern, empfehlen, der unzufrieden mit seiner Lage in dem ganz kunstlosen Schweizerland ist. Der kennt die Theaterwelt innen und außen, ist ungemein thätig und fleißig, ein braver Componist und ehrlicher Kerl. Doch will ich wie gesagt, den Lecerf nicht verdrängen, von dem ich bis auf seine Directionsfähigkeit[127] nur Gutes weiß. Aber dir wird ein schon erfahrener Mann sehr nöthig sein.

Ueber alles dieß mündlich. 1000 Dank für die Besorgung meiner Sachen, die Auslagen werde persönlich erstatten.

Das außerordentliche Glück von Meyerbeers Romualdo e Costanza in Padua wirst du gehört haben.

Ich freue mich unendlich darauf dich und deine liebe Gustel zu sehen.

Gott erhalte Euch gesund.


Ewig Euer treuer

Weber.«

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 126-128.
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