Morlacchi's Festspiel: »Albino et il Tajo« zur Vermählung der Prinzessin Maria Josepha mit dem Könige von Spanien

[207] Die liebliche Prinzessin Maria Josepha Amalia, jüngste Tochter des Prinzen Max, die mit dem Könige Ferdinand von Spanien verlobt war, sollte am 29. Aug. durch Prokuration, wobei der König selbst die Stelle des Bräutigams vertreten wollte, vermählt werden. Der kindliche Reiz der kaum 16jährigen Prinzessin hatte ihr alle Herzen, ganz besonders aber die der Bewohner von Pillnitz, gewonnen, die fast gestern noch Zeugen des Erblühens und der Spiele des jungen Mädchens gewesen waren, das heute schon die Kinderstirne unter dem Gewichte der Krone von Spanien beugen sollte. Auch Weber war der jungen Prinzessin mit herzlicher Liebe zugethan, und diese allein war im Stande, ihn dazu zu vermögen, Schritte zu thun, um den Auftrag zur Composition der Fest-Musik bei ihrer Vermählung zu erhalten, die er so recht aus dem Herzen heraus zu schreiben dachte. Er glaubte unbedingt auf Erfüllung seiner Wünsche hoffen zu dürfen, da Morlacchi bisher stets mit diesen begehrenswerthen Arbeiten betraut gewesen war, und so doch endlich einmal die Reihe an ihn kommen mußte. Auf seinen dem Ober-Stallmeister Grafen Alexander Vitzthum, der bis zur Ernennung des neuen Intendanten, in Abwesenheit des Grafen Heinrich Vitzthum, die Theaterdirektion führte, mündlich vorgetragenen Wunsch, erhielt er die Versicherung, daß die Angelegenheit dem Herrn Cabinetsminister Grafen Einsiedel vorgetragen werden sollte. Während sechs Wochen erfolgte dann kein Bescheid, auf bescheiden angebrachte Erinnerung aber eine, »mit Bedauern« durch den Grafen Vitzthum gegebene Notiz, daß der Capellmeister Morlacchi bereits Auftrag erhalten habe, die zu diesem hohen Feste bestimmte, in einer italienischen dramatischen Cantate, »Albino e Tajo« (gedichtet vom Geheimkämmerer Orlandi) bestehende Musik zu componiren.

Morlacchi erhielt für die beiden Cantaten eine jener prächtigen Tabatièren mit dem Namenszuge des Königs in Brillanten, deren Ertheilung an einen Capellmeister Jahrs zuvor, als »dem Usus entgegen«, unzulässig gefunden worden war.[207]

Eine harmlose Aeußerung Weber's, der das Unglück hatte, zu denjenigen Menschen zu gehören, deren unbedeutendste Worte und Thaten, die ihnen Nachtheil bringen können, wie gesäetes Korn wuchern, wurde in dieser Zeit (1. August) von der ihm übelwollenden Partei auf's eifrigste ausgebeutet, um damit etwa auftauchendes Wohlwollen für ihn in höhern, specifisch sächsischen Kreisen zu ersticken, während gleichzeitig ein taktloses Gebahren Morlacchi's, das aber jener Partei einen kindisch angenehmen Kitzel bereitete, dessen Waagschaale schwer an Gunst sinken ließ.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 207-208.
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