»Jägerbraut« wird auf Brühl's Wunsch »Freischütz« genannt

[236] Um der Berliner Theater-Verwaltung die Möglichkeit zu gewähren, mit dem Einstudiren der Chöre rechtzeitig zu beginnen, da in diesen eines der Hauptmomente der Wirksamkeit des Werks liegt, sandte Weber schon am 8. Mai die Partitur und die Stimmen der Chöre zur Oper an Brühl, mit der Bitte, den Musikdirektor Seidel mit den Vorbereitungen zu beschäftigen. Er hatte bis dahin die Oper, immer die »Jägerbraut« benannt. Brühl war es, der derselben zu ihrer so wirksamen Bezeichnung der »Freischütz« verhalf, indem er an der etwas mattherzig und allgemein klingenden Benennung »Jägerbraut« sehr praktisch Anstoß nehmend, in einem Briefe vom 24. Mai an Weber dieselbe als nicht passend bezeichnet, und auf Umtaufe der Oper nach dem Namen des Original-Märchens »Freischütze« dringt, welcher den romantisch wilden Geist des Gegenstandes so gut präzisire. Erst am 21. Juni erklärte sich Weber mit dieser gewiß sehr glücklichen Aenderung einverstanden. Das in Seiffersdorf mit Brühl verabredete Honorar, durch dessen Zahlung »der Freischütze« Eigenthum der Berliner Hofbühne wurde, betrug 80 Friedrichsd'or, von dem die Hälfte Weber am 20. Juni 1820 bezahlt wurde. Davon hatte er die Kosten des Textes, den er an Kind, wie wir später sehen werden, mit 2 Mal 30 Dukaten bezahlte, zu tragen, so daß der wirkliche Betrag des ersten Honorars in Berlin sich auf 388 Thlr. belief. Später ist dasselbe, wie wir sehen werden, vermehrt worden.

Schon 1812 hatte Weber in Weimar flüchtig die Bekanntschaft Pius Alexander Wolff's gemacht, 1816 in Berlin dieselbe erneuert. Aehnlichkeit der Ansichten über die letzten Zwecke der Kunst, hatten die bedeutenden Menschen sich schnell nahe geführt und gegenseitige Verehrung nahm bald den Charakter einer gehobenen, von der Erkenntniß gleich redlichen Strebens in der Kunst gefestigten Freundschaft an. Weber schätzte in Wolff nicht allein den großen Schauspieler (ja er hielt ihn sogar, wie dieß auch aus der Antithese der klassisch formalen Kunstauffassung Wolff's, die im Kreise der naturalistischen Berliner Kunstgenossenschaft etwas Leuchtendes erhielt, mit der romantischen[236] Richtung Weber's erklärlich ist, für den größten damals bekannten Schauspieler, Devrient nicht ausgenommen), sondern er schätzte ihn auch als Schriftsteller, besonders in seinem trefflichen »Cesario« um so höher, als hier der statuarische dramatische Künstler sich von der Höhe seiner weimarischen Architektonik herabließ, mit Lebrun, Koreff, Oehlenschläger und Holtei sentimental, ja romantisch, an das menschliche Herz zu appelliren.

Weber ist stets der Ansicht gewesen, daß Wolff der Prophet sei, dafür geschaffen, den Tempel des Dresdener Theaters von Goldgegeklingel und welschem Schacher zu säubern, und hat sich später, mit Tieck im Verein, emsig bestrebt, ihn für Dresden zu gewinnen.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 236-237.
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