Familie Egloffstein

[223] Die Angelegenheit hatte den kränkelnden Weber mehr erregt, als sie werth war, und da auch Caroline sich von einer zu frühen Niederkunft mit einem todten Knaben nicht recht erholen konnte, so schien der Winter trüb ausgehen zu wollen, wo hinzu kam, daß die Weber'sche Häuslichkeit durch einen erzählenswerthen Akt von Weber's wahrhaft menschenfreundlichem Empfinden eine Zeit lang sehr an Behaglichkeit verloren hatte. Ein preußischer Edelmann, Graf Egloffstein, der Ende des Jahres 1819 fast nur in der Absicht, seiner höchst talentvollen und liebenswürdigen Tochter Fanny Weber's Unterricht genießen zu lassen, nach Dresden gezogen und in der Stadt völlig fremd war, starb sehr plötzlich Ende Januars, seine Gattin mit der erwähnten Tochter freund- und rathlos zurücklassend. Weber und Caroline, welche die Familie kaum sechs Wochen kannten, besannen sich keinen Augenblick, sich ihrer in ihrer hülflosen Lage auf's Werkthätigste anzunehmen, ja sie, die so sehr an der kleinen Welt ihres »Daheim« hingen, räumten der Gräfin und ihrer Tochter einen Theil ihrer Wohnung zum Aufenthalt ein, während Weber, unwohl, verstimmt und mit dem Einstudiren der beiden Meyerbeer'schen Opern sehr beschäftigt, doch die Besorgung aller mit dem Begräbnisse des Grafen und der Regulirung seiner sämmtlichen Dresdener Angelegenheiten verknüpften, weitläufigen und beschwerlichen Geschäfte übernahm. Erst einen ganzen Monat später bezogen die Damen eine eigene Wohnung und zeigten sich diese Geschäfte als erledigt. Die Comtesse Fanny gehörte übrigens sehr bald zu den wenigen von Weber's Schülern, denen er, wegen ihres Talentes, mit Lust Unterricht gab.

Es war daher, nach alle dem, wahrhaft erquickend für ihn, daß fast gleichzeitig vier Männer bei ihm einsprachen, die ihm in verschiedener Weise und aus verschiedenen Gründen lieb und verehrt waren. Es war dieß der Flötist Anton Bernhard Fürstenau, der berühmte Akustiker Chladni, Nepomuk Hummel und der jüngere Sohn seines Künstler-Ideals, Mozart.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 223-224.
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