Sommerwohnung in Kosel's Garten

[242] Der Dienst und der Zustand seiner Gesundheit verbot in diesem Jahre Weber die körperlichen Anstrengungen des Verkehres zwischen Pillnitz und Dresden, und erst nach vielem vergeblichen Suchen hatte sich endlich eine zusagende Landwohnung in einem Pavillon, einer unter wem Namen »Kosel's Garten« in Antonstadt-Dresden, unmittelbar an der Elbe und in der Nähe des Linke'schen Bades gelegenen Besitzung gefunden, deren großer, schöner, mit prächtigen alten Bäumen bestandener Park Gelegenheit zu einsamen und unbeobachteten Spaziergängen, in der durch den Hauch der Bäume und des Wassers doppelt gesunden Luft bot. Das Haus, in dem Weber damals wohnte, lag an der jetzigen Holzhofstraße, ist aber jetzt verschwunden und es stehen an seiner Stelle die zur Villa des Banquiers Oppenheim gehörigen Remisen.

Ein höchst anmuthiger Weg am Strome hin, führte, in kaum einer halben Stunde vom Theater aus, nach diesem freundlichen und stillen Asyle, nach dem Weber sich so sehnte, daß er es schon am 13. April bezog, nicht ohne es zuweilen zu bereuen, daß er so früh im Jahre die Stadt verlassen hatte, da die Frühlingsstürme an den noch langen Abenden doch gar schauerlich in dem mächtigen Geäste der alten Bäume um das Landhäuschen heulten, das Weber mit Weib und Bedienung allein bewohnte. Es trug nicht zu Carolinens Beruhigung bei, daß der späte Weg aus dem Theater ihren Gatten fast bis zu der Stelle führte, an der wenig Monden vorher der edle Maler Gerhardt von Kügelgen sein Leben unter Mörderhänden verhaucht hatte. Weber bewaffnete sich daher mit ein paar guten Pistolen und einem Stockdegen, den er dann später sehr häufig führte. Am Pistolenschießen, das er in der langen, tiefschattigen Allee des Parks fleißig übte, fand er viel Gefallen und brachte es darin zu beträchtlicher[242] Fertigkeit, durch die er ihn besuchende Officiere gern zu überraschen pflegte.

Die lebhafte Geselligkeit des Winters, während dessen besonders der »Liederkreis« durch die frischer einwirkenden fremden Elemente von Malsburg, Contessa, Blankensee, Houwald und Andern, von denen die beiden Letztgenannten Stücke auf die Dresdner Bühne gebracht hatten, viel mehr Regsamkeit als zuvor gezeigt hatte, ging für Weber mit der Auswanderung nach Antonstadt etwas zeitig zu Ende, wodurch seiner Arbeit sowohl wie seiner Gesundheit, wesentlich Vorschub geleistet wurde.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 242-243.
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