Programm zum Concertstück aus F moll

[311] »Die Burgfrau sitzt auf dem Söller. – Sie schaut wehmüthig in die weite Ferne hinaus. – Der Ritter ist seit Jahren im heiligen[311] Lande. – Wird sie ihn wiedersehen? – Viele blutige Schlachten sind geschlagen. – Keine Botschaft von ihm, der ihr Alles ist. – Vergebens ihr Flehen zu Gott, vergebens ihre Sehnsucht nach dem hohen Herrn. – Endlich ergreift sie ein entsetzliches Gesicht. – Er liegt auf dem Schlachtfelde – verlassen von den Seinen – das Herzblut aus der Wunde rinnend. – Ach könnte ich ihm zur Seite sein – und wenigstens mit ihm sterben! – Sie sinkt bewußtlos und erschöpft hin. – Horch! was klingt dort in der Ferne?! – Was glänzt dort am Walde im Sonnenschein? – Was kommt näher und näher? – Die stattlichen Ritter und Knappen alle mit dem Kreuzeszeichen – und wehende Fahnen – und Volkesjubel – und dort – er ist's! – und nun in seine Arme stürzend. – Welch ein Wogen der Liebe – welch endloses unbeschreibliches Glück. – Wie rauscht und weht es mit Wonne aus den Zweigen und Wellen – mit tausend Stimmen den Triumph treuer Minne verkündigend. –«2

Den Beiden ist die Stunde, wo sie der Meister in's Innerste seines Schaffens blicken ließ, unvergeßlich geblieben. Weber aber hat die Wortbilder zu seinem Tonmalen nicht als »Programm« zum Concertstück F moll drucken lassen, sondern sie nur mit freundlichem Kopfnicken bestätigt, als Benedikt ihm das zeigte, was er aus der Erinnerung am selben Morgen noch niedergeschrieben.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 311-312.
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