Weber's Concert

[427] Das Concert kam am 19. im kleinen Redoutensaale zu Stande. Die Jubelouverture ging besser, als im Böhme'schen Concerte, das von Weber selbst gespielte Concertstück (F moll) für Piano (Adagio affettuoso, Allegro passionato, Marcia, Rondo grazioso), wollte, außer dem Marsche, nicht recht durchschlagen, man fand das Colorit des Ganzen zu düster. Das Castelli'sche Schlummerlied für vier Männerstimmen (H dur), trefflich von Jäger, Rosner, Seipelt und Forti gesungen, verlor, nach Ansicht der Wiener, an Eindruck durch die Zwischenspiele auf dem Pianoforte, und die das Concert schließende freie Phantasie auf dem Piano und das Rondo in Es wollte ihnen am wenigsten munden. Man empfing, applaudirte und honorirte den »Componisten des Freischützen« auf's lauteste und höchste, erkannte an, daß er ein sehr denkender und solider Clavierspieler sei, daß er aber den Versuch, auch als Virtuose sich in Wien die Palme zu erringen, wo es so viele Hexenmeister auf dem Piano gebe, »besser unterlassen oder sich wenigstens dem in diesem Saale stets versammelten Richterhofe von ausgezeichneten Kennern auch als ›Meister im Reiche der Fugenkunst‹ zu zeigen die Pflicht gehabt hätte.«

Es ist in der That verwunderlich, daß Weber mit Programm und Leistung in diesem Concerte so wenig der Natur des Publikums gerecht wurde, das er an dieser Stelle vor sich hatte, und die er, wie wir oben gesehen haben, so wohl erkannte und sogar für den Styl seiner großen vorhabenden Arbeit maßgebend machte.

Es war dieß der erste bittere Kelch, den ihm Wien zu trinken gab.

Das Concert war ziemlich leer, es waren von den ausgegebenen Billets 170 Freibillets vertheilt und nur 224 bezahlt worden, so daß nur 883 Gulden Wiener Währung in Kasse kamen.

Zum ersten Male empfand Weber in den letzten Tagen in Wien die Sehnsucht nach Haus, in der krankhaften Form, wie sie ihn, den immer unheilbarer Leidenden, fortan auf keiner, auch der kleinsten Abwesenheit von der Heimath, mehr verlassen, ihn sehr peinigen und ihre[427] qualvolle Gipfelung kurz vor seinem Tode in London finden sollte. War dieß eine Ahnung seines einsamen Hinscheidens, fern von allen Lieben, im fernen, kalten Lande?

»Ach Wagerl,« rief er oft aus und schrieb er an Caroline, »wie will ich froh sein, wenn ich erst in dir sitze!«

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 427-428.
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