Concert Julius Benedikt's

[468] Es war seiner Zeit Weber's redlicher Vorsorge für seinen werthen Schüler Benedikt gelungen, zu bewirken, daß dessen Mitwirkung bei dem Neujahrsconcerte am Hofe befohlen wurde. Dem jungen, ausgezeichneten Clavierspieler war die Aufmerksamkeit der hohen Gesellschaft so schmeichelhaft kund gegeben worden, daß es den, bis zur Schüchternheit Bescheidenen, ermuthigte, gegen Ende der Saison, am 4. April, ein eigenes öffentliches Concert zu geben, dessen Erfolg ein durchaus befriedigender war. Weber schreibt kurze Zeit darauf (11. April) an Benedikt's Vater:


»Von ganz unvorhergesehenen Dienstgeschäften überrascht, kann ich nicht dazu kommen, Ihnen so ausführlich, als ich wohl wünschte, über unsern Julius zu sprechen. Ich muß mich daher beschränken, Ihnen blos ein Paar Worte über den Erfolg seines Concerts mitzutheilen. Er hat sich die vollkommene Zufriedenheit und lauten Beifall des Publikums erworben und eine sehr günstige Meinung von seinen Fähigkeiten hier begründet. Sein letztes Rondo ist recht brav geschrieben und ich habe es mit Vergnügen anerkannt gesehen. Wenn er auch, als Klavierspieler in den ersten Grundzügen vernachlässigt, schwerlich je ganz das leisten wird, was ich von einem solchen verlange, so hat er doch bedeutende Fortschritte auch in diesem Fache gemacht, und Sie würden große Freude an diesem Concerte gehabt haben. Es gereicht mir zum großen Vergnügen, Ihnen dieses mittheilen zu können, da es Niemand mit seinen Leistungen so streng nimmt als ich, aber auch schwerlich Jemand größeren Antheil an seinem Emporblühen nehmen kann. etc.«[468]


Von Weber's liebevollem und eifersuchtlosem Fördern fremder Kunstbestrebungen, ganz besonders wenn sie von ihm nahe stehenden oder auf das Vertrauen zu ihm angewiesenen Persönlichkeiten ausgingen, leistet auch noch der Eifer Zeugniß, mit dem er sich dem Einstudiren und Vorführen einer Oper unterzog, die ein wackerer, talentbegabter und mit unermüdetem Fleiße der Musik obliegender Sänger des Dresdener Theaters, der Bassist A. Mayer, geschrieben hatte. Dem Texte des umfangreichen Werkes lag, mit nicht sehr glücklicher Wahl für dramatische Behandlung, die Fabel von Schiller's Ballade, »Die Bürgschaft«, zum Grunde, von der die Oper auch den Namen entlehnte. Dem, wie Weber sehr wohl voraussah, bald wieder vom Repertoire verschwindenden Werke widmete Weber Zeit und Mühe von elf Proben, und als bei der Generalprobe, die er, wie häufig, sehr ausdehnte, ein Capellmitglied, bei dem das Verlangen nach der Mittagsmahlzeit zu lebendig wurde, verdrossen halblaute Klagen über die »Plage mit dem Zeug« murmelte, stand er auf, rückte die Brille, fixirte den Kammermusiker und rief in scharfem Tone: »Beruhigen Sie sich! So lange ich nicht zu gut bin, ›das Zeug‹ zu dirigiren, sind Sie auch nicht zu gut, es zu spielen!«

Die Oper ging, ohne bedeutenden Erfolg, nur vier Mal über die Scene.

So hochmüthig Weber bei solchen Gelegenheiten das Bewußtsein seines Werths und Ruhms in die Waagschaale werfen konnte, so bescheiden schreibt er, wie immer dem wahren Verdienst und Wissen gegenüber, fast zu gleicher Zeit an den ausgezeichneten Musikgelehrten. Cantor Weinlig in Dresden, am 14. März:


»Ew. Wohlgeboren


haben mich gefälligst von Ihrer Bewerbung um die Stelle des seel. hochverehrten Schicht in Kenntniß gesetzt und glauben, daß eine von mir ausgesprochene Anerkennung Ihrer Talente Ihnen dabei förderlich sein könnte. So sehr Sie diese Bescheidenheit und mich Ihr Vertrauen ehrt, so wenig glaube ich doch hoffen zu dürfen, der Darlegung einer Privat-Meinung hinlängliche Bedeutung geben zu können, da[469] ich weder die Ansprüche jener Stelle genau zu beurtheilen vermag, noch den ganzen Umfang von Ew. Wohlgeboren Kunstkräfte kennen zu lernen Gelegenheit hatte. Wo aber die öffentliche Meinung schon so günstig entschieden hat, wie sie es in Dresden für Ew. Wohlgeboren gethan, kann der Einzelne nur gern aussprechen, daß er ihr vollkommen beipflichte.

Ihre Leitung der Singakademie hat sich durch den Erfolg selbst bewährt. Es ist anerkannt, daß Sie der Kunst mit Ernst in ihre Tiefen folgen und der gründlichsten Einsicht mächtig sind. Ueberdieß hat die Direktion der Kreuzschule Ihnen schon die nöthige Erfahrung in gleichen Geschäftskreisen verschafft. Ich glaube es der wirklichen Achtung, die ich für Ew. Wohlgeboren hege, schuldig, wenn ich das Aussprechen meiner wahren Ueberzeugung, die sich der öffentlichen Stimme anschließt, hier aus oben berührten Gründen begränze und Sie nur schließlich bitte, die Gesinnungen der vorzüglichsten Anerkennung zu genehmigen. etc.«

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 468-470.
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