Kronprinz und Kronprinzessin von Preußen

[610] Weitaus die meiste geistige Anregung und die bezauberndste Anmuth der Lebensformen fand Weber im Salon des in Ems im Juli angekommenen Preußischen Kronprinzlichen Paares. Durch die Gräfin Perponcher dem geistvollen Fürsten präsentirt, fühlte sich Weber durch dessen derben, reizvollen Humor, der so sehr seinem eignen glich, und die genialen Kunst- und Lebensanschauungen des hohen Herrn förmlich[610] fascinirt. Das Paar war ein Glanzpunkt mehr in der damaligen reichen Emser Welt.

Am 2. August schreibt er, heiter angeregt, an Caroline:


»etc. Ach Gott, nur Gesundheit und frischen Muth; am Gelde wird es wohl nicht mehr fehlen, wenn nur gearbeitet werden kann. Das wird aber mit Gottes Hülfe auch wieder kommen. Ich tröste mich mit der an mir gemachten Erfahrung, daß ich vor jedem Werke dachte, es würde nichts draus werden, und mir nichts mehr einfallen. Am Ende ging's doch, und wie die Leute sagen, gut. Also, Courage Bajazzo. Heut ist ein Tag, wo Ihr Euch gut unterhalten werdet, besonders Mosje Max. Ich aber nebst sieben tausend Toiletten sehr vor einem Schwitzbade zu zittern habe. Die Kronprinzessin giebt nemlich heute Abend einen Ball, zu dem geladen zu seyn ich die Ehre habe. Was ich da tanzen werde – – Nun! das soll schrecklich seyn!!! Damit ich zu meiner übrigen unendlichen Liebenswürdigkeit auch noch den Ruhm eines guten Tänzers füge. – Ach, ich biu zufrieden wenn die Leute nach meiner Pfeife tanzen, und mich selbst ungeschoren lassen. etc.«


Wahrscheinlich bei diesem Balle war es, wo er so liebenswürdige beflügelnde Walzer improvisirte, daß die Kronprinzessin ihm anlag, sie zu Papier zu bringen und ihr zu senden. Es ist dieß geschehen. die Tänze aber verschollen.

Eine ganz besondere Panacée für den Meister, der trotz aller Sonnigkeit des Badelebens von 1825 in Ems. trotz aller Erhebungen. die seine Seele durch die ihn umdrängenden Huldigungen genoß, oft in tiefe Melancholie versank, führte der Kronprinz in Gestalt seines genialen Leibarztes, von Stosch, im Gefolge.

Unglücklicher Weise hatte sich nämlich der junge Badearzt, der ihn behandelte, ein Neffe Vogler's, vorgesetzt, durch eine Wundercur au dem berühmten Manne seinen Ruf zu gründen und quälte ihn weidlich mit den damals üblichen, heroischen Mitteln, ohne ihm wahres Vertrauen abgewinnen zu können. Oft drückte das Empfinden mancher, durch die Cur aufgeregter Krankheitserscheinung, Fieberbewegung,[611] Mattigkeit, starke Transpirationen, plötzliches Ausbleiben der Stimme, Auftreten eines Ausschlags am Körper, Weber so zu Boden, daß er im frohesten Kreise in schwärzeste Träumerei versinken konnte und ihn Heimathsehnsucht so packte, daß er mehrmals nahe daran war, die halbe Cur im Stiche zu lassen und auf und davon heim zu fahren.

Da klang denn der vertrauenfordernde Rath des berühmten Arztes wie Erlösung, und sein heller Blick, sein tröstendes Wort waren Licht und Hoffnung für den verzagenden Kranken.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 610-612.
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